01.10. Die fünf Landeverbände der CDU der DDR treten der Bundes CDU bei
01.10. Die Gewerkschaftsjugend der DDR löst sich zum 03.10. auf
01.10. Eine Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft
03.10. Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes
06.10. Auflösung der IG Metall zum 31.12.1990 24 Uhr
06.10. Auflösung des Deutsches Rotes Kreuzes der DDR zum 31.12.
13.10. Die Deutsche Postgewerkschaft Ost beschließt ihre Auflösung
20.10. Der Mieterbund stellt seine Tätigkeit ein
24.10. Gewerkschaft der Eisenbahner löst sich auf
Sa. 6. Oktober 1990
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Wahlveranstaltungen
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Eine Woche vor den Landtagswahlen in den fünf ost- deutschen Ländern gewann am Wochenende die politische Auseinandersetzung zwischen den Parteien an Schärfe. Heftige Attacke gegen die Bundesregierung richtete vor allem SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine auf Kundgebungen in Bitterfeld und Leipzig, während die Politprominenz von CDU und CSU eher verhaltenen Optimismus an den Tag legte. Aus dem politischen Rahmen heraus fiel am Sonntag der NPD-Parteitag in Erfurt, der in einer Erklärung die erst vor wenigen Tagen vollzogene deutsche Einheit als ersten Schritt zur Herstellung Deutschlands in seinen völkerrechtlichen Grenzen bezeichnete und damit - so Parteivorsitzender Martin Mußgnug - die von 1937 meinte.
Die schärfste Klinge schlug zweifellos Lafontaine. Während "oben" alles geregelt werde, gebe es "unten" Arbeitslosigkeit, Niedrigstlöhne und -renten, charakterisierte er den bisherigen Verlauf der deutschen Einheit aus seiner Sicht. Vordringlichste Aufgabe sei, die ostdeutsche Wirtschaft vor dem totalen Zusammenbruch zu retten. Es müsse endlich Arbeit organisiert werden, statt Nichtstun zu bezahlen. Lafontaine forderte Strukturprogramme für die ostdeutschen Länder. Das Geld dafür müsse aus Umschichtung und Einsparung kommen. Das 100-Milliarden-DM-Projekt "Jäger 90" zum Beispiel sollte zugunsten von Sozialprogrammen entfallen.
Unzufrieden mit dem gegenwärtigen Stand der Demokratie in den ostdeutschen Ländern zeigte sich am Sonnabend beim 1. Brandenburg-Tag der SPD der Landes-Spitzenkandidat dieser Partei, Manfred Stolpe. In den meisten Betrieben gebe es noch keine Spur von Demokratie, die Revolution stehe in vielen Unternehmen noch aus.
Politiker der Regierungskoalition wie Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU), Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), Peter Michael Diestel, CDU-Spitzenkandidat in Brandenburg, und Kanzleramtsminister Rudolf Seiters (CDU) hatten bei ihren Wahlveranstaltungen am Sonnabend in Merseburg, Halle, Spremberg und Groß Nemerow bei Neubrandenburg vor allem die ökologische und wirtschaftliche Misere des ehemaligen DDR-Gebietes im Blick. Alle zeigten sich dabei durchaus optimistisch. Man dürfe nicht vergessen, so Waigel, dass 90 Tage sozialer Marktwirtschaft nicht 15 000 Tage Misswirtschaft beseitigen können.
Weniger "Regierungssorgen" hatte PDS-Parteivorsitzender Gregor Gysi, als er in Arnstadt die Wähler mahnte, für eine starke Opposition zu sorgen. Die Nichtzulassung einer Opposition sei eine wesentliche Ursache für das Scheitern des SED-Regimes gewesen. Die PDS wolle sich der Aufgabe der Opposition widmen, Probleme öffentlich zu machen. Vom Arnstädter Bürgermeister war die PDS-Wahlveranstaltung mit der Begründung verboten worden, er habe Hinweise für über den Anmarsch randalierender Gruppen. Gysi hielt daraufhin keine Rede auf dem Theaterplatz, sondern beantwortete nur Fragen.
(Neue Zeit, Mo. 08.10.1990)
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Gregor Gysi will Verbote von PDS-Wahlveranstaltungen nicht hinnehmen
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Gregor Gysi will Verbote von PDS-Wahlveranstaltungen nicht hinnehmen. Das erklärte der Parteivorsitzende am Sonnabend auf einem Forum seiner Partei in Arnstadt, das zuvor vom Bürgermeister wegen möglicher Störung der öffentlichen Ordnung untersagt worden war. Gysi, der bei seinen Ausführungen von PDS-Gegnern lautstark attackiert wurde, verwies darauf, dass parallel zu dieser Veranstaltung in Erfurt der NPD-Parteitag unter starkem Polizeischutz stattfinde, der PDS aber Wahlkampfveranstaltungen untersagt würden. Er sei nicht bereit, sich damit abzufinden. Vor Gothaer Bürgern hatte sich Gysi am selben Tag für eine starke Opposition eingesetzt, die Probleme Öffentlich zu machen habe. Zugleich lehne die PDS jedoch eine "deutsche Nabelschau" ab.
(Tribüne, Mo. 08.10.1990)
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Konferenz der Deutschen Angestellten Gewerkschaft
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Auf einer Gewerkschaftskonferenz am Sonnabend in Berlin verlangte die DAG die großzügige Förderung von Angeboten zur beruflichen Qualifizierung sowie die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften zur Vermeidung von Entlassungen und zur Umschulung der Arbeitnehmer.
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm erklärte es als wichtigste Aufgabe in den fünf neuen Bundesländern, zu verhindern, dass Massenarbeitslosigkeit die Hoffnungen der Menschen zerstört. Umstrukturierung und Beseitigung der Planwirtschaft seien aber nicht ohne Freisetzungen zu haben. Blüm sagte, die Rentensteigerung in den fünf neuen Ländern werde spätestens am 1. Juli doppelt so hoch sein wie im anderen Teil. Der Sozialstaat Deutschland sei bei allen Erfolgen nicht makellos. Er bezeichnete es als Alarmzeichen, dass 70 Prozent der Pflegeheimbewohner von Sozialhilfe abhängig sind.
DAG-Vorsitzender Roland Issen erklärte auf der Konferenz, es müsse verhindert werden, dass aus der ehemaligen DDR ein Billiglohnland für westliche Unternehmen wird. Es werde immer deutlicher, dass das Engagement der Wirtschaft völlig unzureichend ist.
(Berliner Zeitung, Mo. 08.10.1990)
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Deutsches Rotes Kreuzes der DDR löst sich auf
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Die Auflösung des "Deutschen Roten Kreuzes der DDR e. V." zum 31. Dezember des Jahres ist am Sonnabend in Dresden beschlossen worden. Damit geht die Ära der noch annähernd 513 000 Mitglieder zählenden Rot-Kreuz-Gesellschaft auf dem Gebiet der Ex-DDR nach 38 Jahren zu Ende. Den neuen Landesverbänden der Organisation wurde empfohlen, rechtzeitig die Aufnahme in das Deutsche Rote Kreuz per 1. Januar 1991 zu beantragen.
(Berliner Zeitung, Mo. 08.10.1990)
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Gedenken an die Proteste vor einem Jahr
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Zum Gedenken an die Proteste im vergangenen Herbst begannen in Leipzig am Wochenende "Tage der Ermutigung", mit denen die Kirchen den Umbruch vor einem Jahr feiern wollten. Damals gingen in Berlin Polizei und Stasi mit brutaler Härte gegen die mehreren tausend Teilnehmer einer Demonstration für demokratische Rechte vor. Mit einer Demonstration von 70 000 Menschen zwei Tage später in Leipzig wurde endgültig die Wende in der DDR eingeleitet. Anlässlich des Jahrestages der DDR-Gründung am 7. Oktober vor 41 Jahren hat der frühere DDR-Ministerpräsident und jetzige Bundesminister Lothar de Maizière (CDU) am Wochenende ebenfalls zum Gedenken an die friedliche Revolution im vergangenen Herbst aufgerufen.
(Berliner Zeitung, Mo. 08.10.1990)
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Naturschutzakademie eröffnet
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Bergen (ADN). Auf der Ostseeinsel Vilm einstiges Ferienparadies von Erich Honecker - wurde am Wochenende die erste deutsche Naturschutzakademie eröffnet. Nach den Worten von Bundesumweltminister Klaus Töpfer wird das nur ein Quadratkilometer große, bereits seit 1936 unter Naturschutz stehende Eiland künftig internationale Forschungs- und Begegnungsstätte für Wissenschaft, Politik, Kultur, Wirtschaft und Naturschutz. Mit Spezialisten nordeuropäischer Länder sollten die Mitarbeiter dieser Einrichtung vor allem Sanierungskonzepte für den umfassenden und vorsorglichen Schutz der Ostsee erarbeiten.
(Neues Deutschland, Mo. 08.10.1990)
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Visapflichtbefreiung für bestimmte Personen
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Bürger der ostdeutschen Bundesländer, die in Polen arbeiten oder studieren, sind künftig von der Visapflicht befreit. Wie das polnische Außenministerium am Sonnabend in Warschau bekanntgab, gilt diese Regelung auch für die Familienangehörigen. Umgekehrt brauchen auch Polen, die in Westberlin und der ehemaligen DDR tätig sind, keine Visa.
Bis zum 7. November können Bewohner der ehemaligen DDR visafrei nach Polen fahren.
(Tribüne, Mo. 08.10.1990)
Warschau (NZ/ADN). Die deutsche Botschaft in Warschau hat Vorschriften der Bundesregierung für die Einreise und den Aufenthalt polnischer Bürger in der ehemaligen DDR bekanntgegeben. Danach können Personen, die in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen arbeiten, die Grenze täglich visafrei passieren. Das treffe auch für polnische Arbeitnehmer und ihre Familien, die in diesen Gebieten wohnen, sowie für polnische Studenten zu. Personen, die eine vor dem 3. Oktober von der DDR-Polizei bestätigte Einladung besitzen, können mit dieser noch bis Jahresende visafrei einreisen.
(Neue Zeit, Sa. 20.10.1990)
Nicht Beitritt, sondern übertritt, das war die entschiedene Position einer selbstbewussten Industriegewerkschaft, die am Sonnabend auf ihrer letzten außerordentlichen Zentraldelegiertenkonferenz im Tagungsort Bogensee bei Berlin beschloss: Ab 1. Januar 1991 gibt es in Deutschland nur eine IG Metall.
Mit überzeugender Mehrheit entschieden sich 359 Delegierte (eine Gegenstimme, zwei Enthaltungen) für die Auflösung ihrer Organisation zum 31. 12. 1990, 24.00 Uhr. Die derzeit 1,5 Millionen Mitglieder der größten Industriegewerkschaft der ehemaligen DDR wurden aufgefordert, durch ihren persönlichen übertritt bis zum 1. Dezember (1,2 Millionen haben ihn bereits vollzogen) die Voraussetzungen dafür zu schaffen, künftig gleichberechtigt mit den 2,7 Millionen westdeutschen Metallern an der Willensbildung der Organisation teilzunehmen. Warum beide IG trotz bestehender staatlicher Einheit an ihrem Zusammenführungstermin 1. 1. 91 festhalten, wurde mit organisatorischen und Satzungsfragen begründet.
Dass dieser Übergang sich dennoch holprig anlässt, beklagten viele in der Diskussion. Es gäbe Verständigungsschwierigkeiten trotz gleicher Sprache. Deutliche Worte des Vorsitzenden der IG Metall/West, Franz Steinkühler, waren notwendig, um Irritationen auszuräumen. Nachdrücklich versicherte er den Metallern die Anerkennung einer durchgängigen Mitgliedschaft, betonte ihre gleichberechtigte Stellung in der Partner-IG. Fazit seiner Beschwörung: Niemand müsse gesenkten Hauptes in die Gewerkschaftseinheit gehen, aufrechter Gang und Rückgrat seien gefordert.
Genügend gute Gründe dafür benannte Hartwig Bugiel, Vorsitzender der IG Metall/Ost, in seiner 8-Monate-Eigenständigkeits-Bilanz. Die IG habe sich profiliert; ihre Position bei der Zerschlagung des FDGB behauptet; Finanzhoheit wahrgenommen; in Tarifautonomie mit Westwind im Rücken Beachtliches erreicht. Erste Schritte in Richtung Lohnangleichung, 22 Prozent Kurzarbeitergeldzulage, Kündigungsschutz bis 30. 6. 91. Erstritten wurde dies vor allem, weil 650 000 Metaller dafür auf die Straße gingen.
Weiteres Thema der Konferenz war die Offenlegung der Sozialpläne für die scheidenden Hauptamtlichen. Diese seien vertretbar. Einsichtnahme in den Bezirksgeschäftsstellen ist möglich.
In einem Beschluss über die Vermögensauflösung wurden drei Liquidatoren sowie ein Beirat als Kontrollorgan gewählt.
In der einvernehmlich gemeinsamen Abschlussrede beider Vorsitzenden nannte Hartwig Bugiel den 6. Oktober einen historischen Tag" für die Metall, und Franz Steinkühler prägte den schönen Satz: "Die IG Metall in Zukunft, das Ist das Stärkste, was die Schwachen haben."
(Tribüne, Mo. 08.10.1990)
Eine drohende Auseinandersetzung zwischen Rechtsradikalen und jungen Antifaschisten wurde am Sonnabend von der Polizei im Magdeburger Stadtzentrum verhindert. Nachdem etwa ein Dutzend Skinheads mehrere vietnamesische Straßenhändler überfallen und ihre Stände zerstört und ausgeraubt hatten, mussten die Teilnehmer des Magdeburger Antifa-Tages unter Polizeischutz in das "Unabhängige Jugendzentrum Knast", dem weiteren Veranstaltungsort ihres Antifa-Tages, ziehen. Rechtsradikale hatten sie mit "Sieg Heil"-Rufen begleitet.
(Berliner Zeitung, Mo. 08.10.1990)
US-Präsident George Bush erklärt den 06.10.1990 zum Deutsch-Amerikanischen Tag. Die Proklamation des Präsidenten beginnt mit: "On October 6, 1683, the first German immigrants to America landed near Philadelphia."
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