So. 30. September 1990

• • Bundesjustizminister rechnet mit mehreren 100 000 Anträgen auf Rückgabe in der DDR

    • Bundesjustizminister Hans Engelhard (FDP) rechnet "bei vorsichtiger Hochrechnung" mit mehreren 100 000 Anträgen auf Rückgabe in der DDR enteigneten Vermögens. Wie der Minister erklärte, habe er noch keinen Überblick über die streitbefangenen Vermögenswerte, zumal die Anmeldefrist 13. Oktober noch nicht abgelaufen sei. Demzufolge lasse sich jetzt auch noch nicht sagen, wie viele dieser Vermögenswerte zurückgegeben würden und in wie vielen Fällen eine Entschädigung zu zahlen sei.
      (Tribüne, Mo. 01.10.1990)

  • Zunahme von Arbeitslosigkeit in der Region Cottbus

    • Cottbus (lbg) Die befürchtete Zunahme von Arbeitslosigkeit hat sich in der Cottbuser Region bestätigt. Ende September waren 18 908 Bürger des Bezirkes ohne Arbeit, das sind 26 Prozent mehr als im Vormonat. Zugenommen hat der Anteil der Frauen, der jetzt 53 Prozent ausmacht. Wie der Leiter des Arbeitsamtes, Joachim Reitz, informierte, sind besonders in der metallverarbeitenden, der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie in Dienstleistungs- und Verwaltungsbereichen Entlassungen unvermeidlich gewesen. Dagegen konnte der seit Dezember 1989 immense Rückgang offener Stellen erstmals gestoppt werden, indem neugegründete, kleinere Unternehmen Bedarf anmeldeten. Andererseits sei der Trend zu beobachten, dass Handwerks-und Gewerbefirmen auf Grund komplizierter Auftragslage freie Stellen wieder zurückziehen. Nur 614 Erwerbslose konnten im September einen Arbeitsvertrag abschließen.

      Um über ein Drittel auf knapp 12 2000 in 818 Betrieben stieg die Zahl der Kurzarbeiter. Rund 44 000 sind es im Bergbau. Den hohen Anteil der Kurzarbeiter wertete Joachim Rietz jedoch nicht als dramatisch, da nur etwa 6 000 einen Ausfall von mehr als 75 Prozent ihrer Arbeitszeit in Kauf zu nehmen hätten.

      Sichtbare Fortschritte sind bei Arbeitsbeschaffungs- und Bildungsmaßnahmen erkennbar. Für 528 Entlassene mit geringeren Chancen auf dem Arbeitsmarkt wurde bisher die Möglichkeit geschaffen, aus zusätzlich von der Bundesanstalt für Arbeit und bereitgestellten finanziellen Mitteln in kommunalen Bereichen wie Gartenbau, Denkmals- und Landschaftspflege, Verkehr und Sozialwesen beschäftigt zu werden. Im Zeitraum von Juni bis September begannen mehr als 1 200 Arbeitnehmer einen Lehrgang beruflicher Fortbildung oder Umschulung. Weiteren 1 600 konnte noch für diesen Monat ein solches Angebot unterbreitet werden.
      (Der Morgen, Sa. 06.10.1990)

  • Arbeitslosigkeit in Berlin

    • In Berlin waren im September insgesamt 127 615 Arbeitslose registriert, davon 84 031 im Westteil der Stadt und 43 584 im Osten. Wie aus der gestern [04.10.] veröffentlichten Arbeitsmarktstatistik des Landesarbeitsamtes hervorgeht, lag die Arbeitslosenquote in West-Berlin bei 8,7 Prozent, in Ost-Berlin bei 6,1 Prozent.

      Die Arbeitsämter im Westteil konnten im September 4 848 Arbeitsplätze vermitteln, 660 weniger als im Vormonat. Grund dafür sei, dass immer mehr West-Berliner Betriebe Arbeitssuchende aus dem Ostteil der Stadt und dem Berliner Umland einstellen.
      (Der Morgen, Fr. 05.10.1990)

  • Auf eine offen gemeldete Stelle kommen 18 gemeldete Erwerbslose

    • Bonn (ADN) Den fast 320 000 freien Arbeitsstellen, die im September den Arbeitsämtern des bisherigen Bundesgebietes gemeldet waren, standen zum gleichen Zeitpunkt 24 400 Arbeitsplatzofferten in der ehemaligen DDR gegenüber. Damit kamen im Westen Deutschlands auf eine gemeldete offene Steile durchschnittlich etwa 5,4 Erwerbslose, während im Osten diese Relation 1:18 betrug. Nach einem Material des Bundespresseamtes, das sich auf jüngste offizielle Daten stützt, gibt es in der ehemaligen DDR trotz der problematischen Beschäftigungslage seit Juni eine deutliche Aufwärtstendenz hinsichtlich der Meldung offener Steilen. Erhielten die dortigen Arbeitsämter im Juli gegenüber dem Vormonat von Betrieben und Verwaltungen lediglich 8 621 neue Angebote, betrug der entsprechende Zugang im September gegenüber August bereits mehr als 18 600. Auch die Zahl der Arbeitsvermittlungen erhöhte sich.
      (Tribüne, Mi. 17.10.1990)

  • GHG Haushaltschemie mbH

    • 216 Kündigungen wurden jetzt in einem Zirkuszelt offeriert. Schon fast ein burlesker Ort für eine Belegschaftsversammlung aus diesem Anlass. GHG Haushaltschemie mbH, früher als volkseigener Betrieb jahrelanges Aushängeschild des Kombinats WTB Berlin, streicht die Segel. Ehemalige Kunden - Kaufhallen und Kaufhäuser - lassen sich inzwischen lieber von Hofka, sprich Kaisers, Rewe und Hertie bedienen. Nur Pankow und einige private Handler sind unter Vertrag geblieben. Vier Millionen DM Umsatz im September, so Geschäftsführer Nürnberg, lassen keine Überlebenschance. Verträge mit Spar und Rewe sollen retten, was zu retten ist.

      Was wird werden? Die Frage steht allen Anwesenden ins Gesicht geschrieben. Auch das sanfte Blautöne zaubernde Zirkuslicht kann darüber nicht hinwegtäuschen. Und damit die Pille nicht ganz so bitter schmeckt, erhalten alle Mitarbeiter entsprechend ihrer Betriebszugehörigkeit eine Abfindung. 248 000 DM insgesamt. Der Zwischenruf - ganz schön wenig - wird beklatscht, aber sonst bleibt es eher ruhig im Zirkuszelt.

      Ein Hoffnungsschimmer für 156 Mitarbeiter wird in Aussicht gestellt. 37 Kollegen sollen in die neu zu gründende WESPA-Gesellschaft übernommen werden. 22 in ein Lager in Altmoabit, 90 Arbeitnehmer werden in drei entstehenden Berliner Verbrauchermärkten einen neuen Einstieg ins Arbeitsleben erhalten.

      Das alles hört sich zunächst gut an. Der ehemalige GD vorn Kombinat WTB, Meinelschmidt, versichert, dass der Übergang für die 156 Kollegen abgesichert, gemeinsam mit den Interessenvertretern das Optimale erreicht worden ist. Man möchte es ihm nur gar zu gern glauben, und so bleibt die Diskussion klein. Die meisten klammern sich an den angebotenen Strohhalm, schieben die Fragen, die der Belegschaftsvertreter aus dem Betriebsteil 3 laut stellt, beiseite. Wer garantiert, dass in der neuen Stelle nicht nach 14 Tagen gekündigt wird? Arbeiten in Berlin-Moabit, wenn man in Hellersdorf wohnt - wurden soziale Aspekte dabei berücksichtigt?

      Die Fragen finden weder eine schlüssige Antwort noch große Resonanz. Das Wort Kündigung lähmt. Ein junger Mann bringt es auf den Punkt "Mich interessiert nicht, ob ich heute oder morgen die Kündigung kriege. Ich will wissen, ob ich unter den 156 bin oder nicht." Das sind sicher die Gedanken vieler im Zelt. Nicht unbedingt solidarisch diese Haltung, aber menschlich verständlich. So bleibt wohl auch die Aufforderung der Vertreterin von der Gewerkschaft HBV an die Arbeitnehmer, ihre Rechte wahrzunehmen und notfalls einzuklagen, bei nicht wenigen ungehört.
      Ilona Möser
      (Tribüne, Mo. 01.10.1990)

  • Kurzarbeit in den neuen Bundesländern

    • Nürnberg (ddp). Nur wenige Kurzarbeiter in den neuen Bundesländern arbeiten gar nicht. Lediglich bei zwölf Prozent der mehr als 1,7 Millionen Kurzarbeiter sei die Arbeitszeit im September um mehr als 75 Prozent eingeschränkt gewesen, teilte die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg mit. In den 75 Prozent seien auch die Fälle mit sogenannter Null-Arbeitszeit enthalten. Kurzgearbeitet wird in den neuen Ländern laut Statistik quer durch alle Wirtschaftsbereiche. Für 43 Prozent der Kurzarbeiter reduzierte sich die Arbeitszeit im September um 25 bis 50 Prozent. Bei einem Viertel der Kurzarbeiter fielen bis zu 25 Prozent der betriebsüblichen Arbeitszeit aus.
      (Neue Zeit, Di. 30.10.1990)

  • DGB will Anzahl der Rechtsschutzsekretäre verdoppeln

    • JW. Bei den 25 Rechtsschutzsekretären des DGB im Gebiet der DDR gingen knapp 16 000 Hilfeersuchen von Werktätigen ein, für sie Kündigungsschutzklagen bei den Gerichten einzureichen. Oft wollen ganze Betriebsabteilungen mit Unterstützung des DGB kollektiv gegen ungerechtfertigte Kündigungen angehen. Der Bundesvorstand des DGB will deshalb bis zum Jahresende 50 Gewerkschaftssekretäre mit dem Arbeitsschwerpunkt Rechtsschutz in das Gebiet der ehemaligen DDR entsenden.
      (Junge Welt, Mo. 01.10.1990)

  • 197 000 Gewerbegenehmigungen

    • Berlin (NZ). Wie das Gemeinsame Statistische Amt mitteilt, sind seit Jahresbeginn bis Ende September rund 197 000 Gewerbegenehmigungen in den fünf neuen Bundesländern erteilt worden. Allein im September wurden 29 800 Gewerbe angezeigt, darunter 15 900 in Handel, und Gastronomie sowie 3 200 im Handwerk. Mehr als ein Viertel der Gewerbeanzeigen (8 240) entfiel auf das Land Sachsen.

      Den genehmigten Gewerbeanträgen standen im September 3 650 Gewerbeabmeldungen gegenüber, darunter fast die Hälfte im Handels- und Gaststättengewerbe.
      (Neue Zeit, Mi. 24.10.1990)

  • Bundesarbeitsminister Mehr eigene Initiative zum Abbau der Arbeitslosigkeit müsse in der DDR entwickelt werden

    • In der DDR müsse nach Ansicht von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm mehr eigene Initiative zum Abbau der Arbeitslosigkeit entwickelt werden. Noch immer sei die Erwartung groß, mit Programmen und Staatsinitiativen wurde die Wirtschaft angekurbelt, sagte er am Sonntag in einem dpa-Interview. "In der sozialen Marktwirtschaft ist das nicht so. Da brauchen wir mehr Initiative der Unternehmen, sowohl aus dem westdeutschen Teil als auch auf dem Boden der DDR selber."

      Das scheitere weniger am Geld als daran, „dass es noch zu viel Unsicherheit und zu viel Bürokratie gibt". Ein Teil der Unsicherheit werde sicher mit dem 3. Oktober verschwinden. Blüm verwies darauf, dass inzwischen 75 000 Arbeitnehmer eine Umschulung oder Fortbildung begonnen haben. Das Ziel von 100 000 Teilnehmern an solchen Maßnahmen bis Jahresende werde möglicherweise übertroffen.
      (Berliner Zeitung, Di. 02.10.1990)

  • Der Ostdeutsche Einzelhandel hat mehr als 46 Prozent des Vorjahresumsatzes verloren

    • Köln (ADN). Der Boom im westdeutschen Einzelhandel hat sich auch im September dieses Jahres fortgesetzt. Wie der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) am Dienstag [27.11.] in Köln mitteilte, wurden 55,2 Milliarden DM umgesetzt. Die reale Zuwachsrate im Vergleich zum September 1989 betrug 7,5 Prozent. Noch immer profiliere der Handel vom "Einkaufstourismus" der mit Beginn der Währungsunion im Juli eingesetzt habe. Der ostdeutsche Einzelhandel hat im September mehr als 46 Prozent des Vorjahresumsatzes verloren. Vor allem Industriewaren, Fahrzeuge und Haushaltswaren büßten kräftig ein.
      (Neue Zeit, Mi. 28.11.1990)

  • Einkaufen in Polen

    • Mehrere hunderttausend Einwohner der DDR sind am Wochenende erneut und überwiegend ein letztes Mal zum Billig-Einkauf nach Polen gefahren.

      Ab 3. Oktober brauchen auch die Bürger der bisherigen DDR ein Visum für Reisen ins östliche Nachbarland. In Polen wurde damit gerechnet, dass am Wochenende mehr als eine halbe Million DDR-Bürger die Grenze passierte. Nach ersten Angaben aus den Grenzortschaften wurde diese Rekordzahl offenbar weit überschritten. Allein in der Stadt Zgorzelec kamen am Samstag über 100 000 Deutsche. Der Besucherstrom hielt auch am Sonntag an. An manchen Grenzübergängen bildeten sich kilometerlange Autostaus.

      Lebensmittel, Gemüse, Jeans-Kleidung, Elektronik aus Fernost sowie Flechtkörbe und Sessel, die polnische Händler in den Grenzstädten entlang der Oder und Neiße anboten, fanden reißenden Absatz.

      In Polen selbst ist die Einführung der Visumspflicht auch für bisherige Bürger der DDR im Gegenzug für die entsprechende deutsche Regelung äußerst umstritten. Man verweist darauf, dass die Händler Warenüberschüsse verkaufen und dem Land Millionen von Mark zuführen. Noch bis zum 3. Oktober können DDR-Einwohner nur mit Ausweis oder Pass nach Polen kommen.
      (Berliner Zeitung, Mo. 01.10.1990)

  • Programmkongress der fdj

    • Der Programmkongress der (jetzt kleinzuschreibenden) fdj schien unter keinem guten Stern zu stehen. Knappe zwei Wochen sind seit dem Rausschmiss aus dem DJB vergangen, am vorigen Donnerstag kam es mit der Zersplitterung des Landesverbandes Berlin gar zu einem innerverbandlichen Eklat. Es sah so aus, als wurde die fdj, nicht zuletzt unter dem Druck der GmbH-Enthüllungen, in die Knie gehen. Indessen nichts dergleichen geschah. Die etwa 140 Delegierten führten am letzten Wochenende im Haus der Jugend statt einer Demontage des Verbandes so etwas wie einen "solidarischen Schulterschuss" vor.

      Noch vor Kongressbeginn hatte Birgit Schröder den Delegierten ins Gewissen geredet. "Wenn es uns nicht gelingt, uns zusammenzuraufen, wird es die fdj im vereinigten Deutschland nicht geben." Diese Botschaft hat ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Der Streit um Inhalte stand im Mittelpunkt der Diskussionen. Als Ergebnis liegt nun ein Programm vor (das erste seit 1946), in dem sich die fdj zu ihrer Rolle als linker politischer Jugendverband, der zugleich Freizeit-, Kultur-, Bildungs- und Sozialarbeit leistet, bekennt. Es ist dies auch ein klares Signal zur Unterstützung des Wahlkampfes der Linken Liste/PDS. Als notwendig wird von der fdj, die derzeit etwa noch 21 000 Mitglieder hat, eine zukunftsorientierte Jugendpolitik und Gesetzgebung des Bundes und der Länder angesehen, die Probleme nicht nur mildert, sondern sie lösen hilft.

      Ab 3. Oktober wird eine veränderte Satzung in Kraft treten. Der Programmkongress verabschiedete eine Erklärung, wonach alle Mitglieder und Sympathisanten zur Aufarbeitung der Verbandsgeschichte "eingeladen" werden. Der Zoff um die GmbH wurde weitgehend rausgehalten. Statt dessen leistete Burkhard Hermann Aufklärungsarbeit in Sachen Jugendheim-GmbH, während Bernd von Zweydorf sich am Sonntag in einer aktuellen Stunde (unter Ausschluss der Öffentlichkeit) den Fragen zu den übrigen GmbH stellte.

      Verabschiedet wurde nicht nur eine Erklärung, nach der die fdj als Grundorganisation dem Bund der Antifaschisten beitreten will, sondern auch ein Toleranzappell an die Öffentlichkeit, den 3. Oktober gewaltfrei als einen "Tag der Besinnung" zu begehen.

      Fazit: Nach dem Debakel von Brandenburg im Januar dieses Jahres sind die Konturen eines erneuerten Verbandes nun wesentlich schärfer geworden.
      Frank Pawlowski
      (Junge Welt, Mo. 01.10.1990)

  • Vereinigungsparteitag der CDU wird vorbereitet

    • Die Führung der CDU ist am Sonntagnachmittag unter Leitung des Vorsitzenden Helmut Kohl in Hamburg zusammengetreten, um den Vereinigungsparteitag vorzubereiten. Die Christdemokraten aus Ost und West wollen am Montag den Zusammenschluss der beiden Schwesterparteien förmlich besiegeln. Dazu werden CDU-Mitglieder aus den Ländern Brandenburg, Mecklenburg/Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie aus Ost-Berlin eine Erklärung über den Beitritt zur CDU Deutschlands abgeben.

      Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alfred Dregger, wies Vorwürfe gegen die Ost-CDU zurück, sie habe sich von ihrer Vergangenheit als Blockpartei nicht gelöst. De Maizière und seine Mitarbeiter verdienten für ihr Bemühen Respekt und Bewunderung.
      (Neue Zeit, Mo. 01.10.1990)

      Die Führung der CDU ist am Sonntagnachmittag unter Leitung des Vorsitzenden, Bundeskanzler Helmut Kohl, in Hamburg zusammengetreten, um den Vereinigungsparteitag vorzubereiten.

      Die Christdemokraten aus Ost und West wollen heute den Zusammenschluss der beiden Schwesterparteien förmlich besiegeln. Dazu werden die Christdemokraten aus den Ländern Brandenburg, Mecklenburg/Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie aus Ost-Berlin eine feierliche Erklärung Über den Beitritt zur CDU Deutschlands abgeben.

      An der Sitzung des Präsidiums der bundesdeutschen CDU nahm auch der Vorsitzende der DDR-CDU, Lothar de Maizière, teil. Er sagte vor der Sitzung, durch den Zusammenschluss der Schwesterparteien kämen neue Aufgaben auf die CDU zu. Die Bundes-CDU habe sich in Wirtschafts- und Sozialfragen als kompetent erwiesen.

      Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alfred Dregger (CDU), sprach angesichts der Vereinigung der Parteien von einem "großen Tag". Die CDU habe über 40 Jahre hinweg am Ziel der Einheit und Freiheit festgehalten. Mit Entschiedenheit wies Dregger Vorwürfe gegen die Ost-CDU zurück, sie habe sich von ihrer Vergangenheit als Blockpartei nicht gelöst. De Maizière und seine Mitarbeiter hätten für ihr Bemühen Respekt und Bewunderung verdient.

      Nach der Abgabe der Beitrittserklärungen werden die rund 1 000 Delegierten, davon 250 aus der DDR-CDU, die Parteispitze komplett neu wählen. Als sicher gilt, dass Helmut Kohl als Parteichef bestätigt wird. Künftig wird die CDU statt sieben nur noch einen stellvertretenden Vorsitzenden haben. Einziger Kandidat für dieses Amt ist Lothar de Maizière.

      Vor dem Vereinigungsparteitag, der am Nachmittag beginnt, wird die bundesdeutsche CDU am Vormittag die organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen für den Zusammenschluss schaffen. Die Änderungen der Statuten wird auch eine Bestimmung enthalten, wonach Parteimitglieder aus der CDU ausgeschlossen werden können, die in der Vergangenheit Staatsgegner in der DDR denunziert oder ihre gesellschaftliche Stellung missbraucht haben, um andere DDR-Bürger zu verfolgen.
      (Berliner Zeitung, Mo. 01.10.1990)

  • Die Deutsche Krebshilfe ab 3.10. in allen Bundesländern

    • Die Deutsche Krebshilfe (DKH) wird nach der deutschen Einheit am 3. Oktober ihre Arbeit auf alle Bundesländer in der ehemaligen DDR ausdehnen. Wie ein Sprecher am Sonntag sagte, will die Organisation zuerst vorrangig Selbsthilfegruppen unterstützen. So wurden Frauen und Männer aus Ostdeutschland erstmals zum Krebsnachsorgekongress eingeladen, den die DKH zusammen mit dem Hartmannbund Verband der Ärzte Deutschlands am 23. und 24. November veranstaltet. Dabei geht es unter anderem um die Themen Schmerzlinderung. Darmkrebs sowie um Behandlungsmethoden der Schul- und Naturheilmedizin bei Krebs.
      (Neue Zeit, Mo. 01.10.1990)

  • Gedenken in der bundesdeutschen Botschaft in Prag

    • Mehrere Dutzend ehemaliger DDR-Bürger trafen sich gestern in der bundesdeutschen Botschaft in Prag, auf deren Gelände sie sich vor einem Jahr geflüchtet hatten, um die Ausreise in die BRD zu erwirken. Botschafter Hermann Huber würdigte die Tat jener rund 6 000 Menschen, denen Außenminister Hans-Dietrich Genscher am 30. September vom Balkon des Gebäudes aus die Ausreise verkündet hatte.
      (Berliner Zeitung, Mo. 01.10.1990)

  • Ausreisewelle von Thüringen in die Alt-Bundesländer

    • Erfurt (lth) Die Ausreisewelle von Thüringen in die Alt-Bundesländer hält auch in den letzten Monaten unvermindert an. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes an die Öffentlichkeit verließen allein von Januar bis Ende September 42 304 Abwanderer das "grüne Herz Deutschlands" in Richtung Westen. Das sind 1,6 Prozent der Bevölkerung des Landes und entspricht etwa der Einwohnerzahl einer Kreisstadt wie Mühlhausen.

      Als Gründe werden die wachsenden Probleme in der Wirtschaft, die zunehmende Arbeitslosigkeit, das gegenüber den Alt-Bundesländern niedrige Einkommensniveau und das dort höhere Arbeitslosengeld genannt.

      Die größten Verluste müssen die Großstädte Erfurt mit 4 873, Jena mit 2 907 und Gera mit 2 509 Übersiedlern verschmerzen. Wie die Statistiker ermittelten, hatten die Abwanderungen in den Monaten August und September wieder stark zugenommen.

      Aufschlussreich ist ein Blick auf die Altersstruktur. Besonders beteiligt ist die Altersgruppe der 25- bis 40jährigen: sie stellt rund 36,2 Prozent der nach Westen Verzogenen, dicht gefolgt von den 15- bis 24jährigen mit abgerundet 27,8 Prozent.

      Als Folge ging die Zahl der Erwerbstätigen in der Industrie Thüringens von Anfang Juli bis Ende September um 51 000 zurück. Allein der Maschinen- und Fahrzeugbau verlor rund 12 000 Mitarbeiter. Auf schmerzhafte Zahlen von Abgängen verweisen auch Handel (17 000) und Baugewerbe (8 400).
      (Der Morgen, Mi. 28.11.1990)

dpa/JW. Rund 300 000 Bürger kamen zwischen Januar und September aus dem Gebiet der DDR in die elf alten Länder der Bundesrepublik. Noch Abschaffung des Aufnahmeverfahrens in Zusammenhang mit der Währungsunion am 1. Juli wurden im Juli 24 400. Im August 21 700 und im September 15 938 Menschen aus der ehemaligen DDR im alten Bundesgebiet registriert.
(Junge Welt, Sa. 22.12.1990)

Die "Arbeitsgemeinschaft 13. August" hat Verteidigungsminister Rainer Eppelmann und dessen bundesdeutschen Amtskollegen Gerhard Stoltenberg ersucht, die Mahnmale für erschossene Soldaten an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze zu erhalten. Das Gremium bat aber um eine Ergänzung über die wahren Todesumstände der Grenzsoldaten und die zusätzliche Erinnerung an die erschossenen Flüchtlinge.
(Berliner Zeitung, Mo. 01.10.1990)

Der Bundesvorstand des Kulturbundes e. V. hat auf seiner Beratung im September 1990 beschlossen, seine Herausgebertätigkeit der Wochenzeitung "Sonntag" am 30. September 1990 zu beenden. Anlass für diese Entscheidung waren unterschiedliche Auffassungen von Herausgeber und Redaktion zum Profil der Zeitung. Die Mitarbeiter der Redaktion geben den "Sonntag" ab 1. Oktober 1990 im Sonntag Verlag heraus.
(Sonntag, Nr. 40, So. 07.10.1990)

Der Verband der Journalisten der DDR löst sich auf.

Der letzte Chef der Grenztruppen wird ernannt.

Die Transportpolizei wird aufgelöst.

In der Akademie der Künste in Berlin endet die 1. Kommunalkonferenz des Neuen Forum, die sich über zwei Tage erstreckte.

Unter dem Motto "Aufrecht in die deutsche Einheit" findet auf dem Suhler Marktplatz eine Wahlkundgebung der PDS mit Gästen aus Bayern und Hessen statt.

Gegen eine von der Hochschulleitung verkündete Schließung der Abteilung Architektur, Textilgestaltung und Keramik haben die Studenten der Kunsthochschule Berlin protestiert.

Die Treuhandanstalt hat 379 Mitarbeiter. 368 Ost und 11 West.

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