04.-07.09. Vorletztes Treffen der 2+4-Gespräche über die äußeren Aspekte der deutschen Einheit in Berlin
11.09. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wird in Moskau finalisiert
12.09. Der 2+4-Vertrag wird in Moskau unterschrieben
12.09. Die Besetzer im Haus 7 der ehemaligen Stasizentrale in Berlin-Lichtenberg treten in einen Hungerstreik
16.09. Die PDS setzt den im Februar begonnen Parteitag fort
21.09. Der Minister für Abrüstung und Verteidigung befiehlt die Auflösung der Grenztruppen
24.09. In Berlin wird ein Protokoll über die Herauslösung der Nationalen Volksarmee aus den Vereinigten Streitkräften des Warschauer Vertrages unterschrieben
26.09. Die SPD (DDR) und die SPD (BRD) beschließen auf getrennten Parteitagen in Berlin die Voraussetzungen für einen Vereinigungsparteitag
27.-28.09. Vereinigungsparteitag der SPD in Berlin
08.09. Gemeinsamer DAG Landesverband Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein
10.09. Die Gewerkschaft Kunst, Kultur Medien beschließt zum 01.10. ihre Auflösung
14.09. Auf dem FDGB-Kongress wird die Auflösung zum 30.09.1990 beschlossen
15.09. Die IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft löst sich zum 31.10. auf
22.09. Die Gewerkschaft Land, Nahrungsgüter und Fort löst sich auf
22.09. Die Gewerkschaft Gesundheits- und Sozialwesen löst sich zum 02.10. 24 Uhr auf
22.09. Die IG Bau-Holz löst sich zum 31.10. auf
28.09. Die Industriegewerkschaft Wismut löst sich zum 31.10.1990 auf
29.09. Die Gewerkschaft Wissenschaft löst sich zum 31.10.1990 auf
29.09. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft Ost und West schließen sich zusammen
29.09. Die Gewerkschaft der Volkspolizei löst sich zum 30.09.1990 auf.
Fr. 7. September 1990
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Grubenbesetzungen im sächsisch-thüringischen Uranbergbaurevier
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Die Grubenbesetzungen im sächsisch-thüringischen Uranbergbaurevier, an denen sich mehr als 5 000 Bergarbeiter beteiligt hatten, sind Freitagabend beendet worden. Die Kumpel erstritten bei Nachverhandlungen zum Sozialpaket für den nun der Schließung bedrohten Uranbergbau eine Abfindung.
Sie liegt im Falle der Rationalisierung zwischen 20 000 und 30 000 Mark für Durchschnittsverdiener und soll über drei Jahre verteilt werden. Außerdem sollen die Kumpel der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut zum Kurzarbeitergeld zusätzlich noch die volle Bergmannsrente erhalten.
Eine Vertagung der Entscheidung hatten die Bergleute zuvor massiv abgelehnt und das Erscheinen von Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU) auf der Schachtanlage Schmirchau verlangt. Nach telefonischen Nachverhandlungen machte der amtierende DDR-Wirtschaftsminister Gunter Halm (FDP) dann am Abend die entscheidenden Zugeständnisse, die zum Abbruch des Arbeitskampfes in vier thüringischen Urangruben und in der Wismut-Zentrale im sächsischen Aue führten. Seit 6.00 Uhr früh waren am Freitag die Schächte besetzt worden.
Im Namen der Kumpel hatte Bernd Gutheil, stellvertretender Vorsitzender des Geschäftsführenden Vorstandes der IG Wismut in Schmirchau, zu Beginn der Verhandlungen erklärt: "Außer Versprechungen und Hinhaltungen wurde bisher seitens der bei den deutschen Regierungen nichts Konkretes für die Perspektive der 34 000 Beschäftigten der Wismut unternommen. Die Bergleute sind Härten gewöhnt. Aber ihre Geduld ist zu Ende." Kein Kumpel verschließe sich der Realität, dass die Uranproduktion eingestellt werden muss. Sie wollten Beschäftigung, Umschulung und Qualifizierung im Zusammenhang mit der Liquidierung des Uranbergbaus und der Umweltsanierung, sagte Gutheil.
(Tribüne, Mo. 10.09.1990)
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Besetzung der ehemaligen MfS-Zentrale in Berlin dauert an
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Berlin (ND-Heilig). Die Besetzer der ehemaligen MfS-Zentrale in Berlin beharren auf dem Gesamtkomplex ihrer Forderungen und setzten auch am Freitag Ihre Aktion fort. Während der Presse der Zugang zu dem Gebäude weiter von der Polizei verwehrt wurde, gaben sich Abgeordnete aus beiden deutschen Staaten die Klinke in die Hand. Zur allabendlichen Kundgebung waren nur knapp 200 Sympathisanten gekommen. Bärbel Bohley gegenüber ND: "Ich verstehe, dass die Menschen in der DDR jetzt andere Sorgen haben. Sie zittern um den Arbeitsplatz." Und Wolf Biermann: "Man kann die Bedeutung einer Sache nicht an der Anzahl der Demonstranten messen."
(Neues Deutschland, Sa. 08.09.1990)
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Der Lebensmittelhandel in der DDR ist weitgehend in der Hand weniger bundesdeutscher Konzerne
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Der Lebensmittelhandel in der DDR ist weitgehend in der Hand weniger bundesdeutscher Konzerne. Darauf verweist eine Marktstudie der Frankfurter Unternehmensberater "M + M Eurodata". Danach kontrolliert im Einzelhandelsbereich allein die SPAR-Kette ein Drittel des DDR-Marktes. Auf Asko-Interbuy und co op Kiel/Dortmund entfallen jeweils 15 Prozent. Weitreichende Kooperationsverträge sichern den West-Firmen auch maßgeblichen Einfluss auf den DDR-Großhandel. Hier beherrschen der Studie zufolge SPAR. Rewe und co op jeweils ein Viertel des Marktes. Die Folge sei, dass das Lebensmittelsortiment in der DDR derzeit zu 75 Prozent aus Westware besteht, für die hier in der Regel mehr zu zahlen ist als im Westen.
(Berliner Zeitung, Sa. 08.09.1990)
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Zwei-plus-Vier-Gespräche
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Die Zwei-plus-Vier-Expertengespräche endeten am Freitag in Berlin, allerdings ohne die Arbeit am Schlussdokument über die völkerrechtlich verbindliche Regelung der äußeren Aspekte der deutschen Einigung abschließen zu können. Aus Kreisen der DDR-Delegation verlautete lediglich, man habe "substantielle Fortschritte" erzielt, müsse allerdings die wenigen noch offenen Fragen der Entscheidung der Außenminister überlassen. Das betreffe die Bewegungsmöglichkeiten der alliierten Truppen sowie das Problem der sowohl atomar als auch konventionell verwendbaren Trägersysteme. Im Bonner Auswärtigen Amt wurde darauf hingewiesen, dass die Außenminister, darunter Lothar de Maizière bereits am Dienstag in Moskau eintreffen, so dass Zeit verbleibe, die noch ungeklärten Punkte bis zur Abschlussrunde am Mittwoch zu bereinigen. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher bekräftigte in einem Interview des Bonner Generalanzeigers (Samstagausgabe) seine Überzeugung, dass das Abschlussdokument am Mittwoch in Moskau unterzeichnet werden kann.
Eine zentrale Bedeutung habe das Verhältnis zur Sowjetunion. An verschiedenen Abkommen werde gearbeitet. "Mir geht es aber auch um die menschliche Seite. Ich möchte, dass die sowjetischen Soldaten Deutschland als Freunde verlassen", sagte Genseher dem Blatt.
(Junge Welt, Sa. 08.09.1990)
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IG Bergbau und Energie und ÖTV in Konkurrenz miteinander
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Die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie hat am Freitag dem Deutschen Gewerkschaftsbund den Kampf angesagt. Auf dem außerordentlichen Gewerkschaftskongress in Duisburg beschloss die IGBE trotz eines Vetos des DGB-Bundesvorstandes einstimmig, in Zukunft auch Beschäftigte der Energie- und Wasserwirtschaft der DDR aufzunehmen und damit in direkte Konkurrenz zur Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zu treten. Ein Appell des DGB-Vorsitzenden Heinz-Werner Meyer, die Einheit der Gewerkschaftsbewegung nicht zu gefährden, blieb unbeachtet.
(Berliner Zeitung, Sa. 08.09.1990)
Gestern Abend 20 Uhr im Senderaum von Jugendradio DT 64. Gerade eben haben 12 der 18 Rundfunksender, die bislang Jugendradio übertrugen, die Ausstrahlung von DT 64 beendet. Wer von den bislang mehr als eine Million Zuhörern seinen Jugendstammsender hören will, der muss jetzt mit RIAS Berlin vorliebnehmen. Dieser Sender nämlich hat die Nachfolge angetreten. In Suhl, in Dresden, in Rostock, in allen Gebieten der DDR, die außerhalb des Großraums Berlin liegen.
Noch kann es keiner im Senderaum fassen, bei Jana Köppe, Redakteurin, kullern die Tränen: "Für mich ist das Verrat an unseren Hörern." Ein anderer spricht von "Schweinerei." "Das ist doch eine politische Entscheidung!" sagt dagegen Andreas Ulrich, Leiter der aktuellen Redaktion. Und weiter: "Damit übernimmt RIAS ein ausgebautes Sendenetz. Das muss man sich mal vorstellen!"
Was Andreas Ulrich nicht sagt: Es geht um Geld. Um viel Geld. Wer Frequenzen hat, hat Zuhörer. Und wer Zubehör hat, hat mit Werbung, Millionen Einnahmen. Und dass hinter dem RIAS das ZDF steht, weiß jeder. Hier wird's politisch. Da ist zu fragen, wer hat Interesse daran, dass mit Jugendradio DT 64 eine frische, eine kritische Stimme des DDR-Rundfunks verschwindet? Offensichtlich wurde hier von bundesdeutschen Medienmachern eiskalt das Aus eines DDR-Senders einkalkuliert. Und das, ohne auch nur einen DDR-Verantwortlichen zu fragen. Medienminister Müller jedenfalls wusste von diesem Vorhaben, die Frequenzen abzuschalten, nichts. Das äußerte er gegenüber einem DT-64-Redakteur am Abend am Telefon. Und das, obwohl alles am Freitagnachmittag seinen Anfang nahm.
(Junge Welt, Sa. 08.09.1990)
Berlin (AFP/ND). Auf den Frequenzen des DDR-Jugendsenders "DT 64" wird seit Freitag Abend das Programm des RIAS ausgestrahlt. Wie DT-64-Chefredaktuer Roland Schneider mitteilte, erfuhr die Belegschaft erst am Freitag "durch einen Zufall" bei den technischen Vorbereitungen von der geplanten Abschaltung ihres Programmes. Der Leiter der RIAS-Intendanz, Wilhelm Wiegreffe, bestätigte auf Anfrage, dass es eine solche Vereinbarung mit dem geschäftsführenden Intendanten des Rundfunks der DDR, Christoph Singelnstein, gebe. Wiegreffe betonte dabei, dass dies auf das Angebot des Rundfunks der DDR zurückgehen und dass es konkrete Abmachungen über die Sicherung von Arbeitsplätze der betroffenen Programme gebe.
Wie der Chefredakteur des Senders, Roland Schneider, gegenüber ND erklärte, hätte die Übernahme der Frequenzen durch den RIAS zur Folge, dass der gern gehörte Sender auf drei Viertel bis vier Fünfteln des DDR-Territoriums nicht mehr oder nur schlecht zu empfangen ist. Die schockierte Belegschaft habe am Freitag nur mit großer Mühe Intendant Singelnstein an den Verhandlungstisch gezwungen. PDS-Pressesprecher Hanno Harnisch bezeichnete das Ränkespiel um den Sender Sache, "die zum Himmel stinkt".
(Neues Deutschland, Sa. 08.09.1990)
Nach massiven Protesten wird die Entscheidung einen Tag später zurückgenommen.
Auf einer Mitgliederversammlung beschließt die Jungliberale Aktion einen Beitritt zu den Jungen Liberalen der Bundesrepublik.
Mit Befehl des Ministers für Abrüstung und Verteidigung sind mit Wirkung vom 30.09.1990 alle weiblichen Armeeangehörigen, außer den Offizieren des medizinischen Dienstes, aus dem aktiven Dienst der NVA zu entlassen.
Eine "Nationale Stiftung Kulturfonds" ist in Berlin gegründet worden.
Mit den Ländern Belgien, Kanada und den Niederlanden werden von bundesdeutscher Seite Stationierungs-Verhandlungen aufgenommen.
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