Großeinsatz der ÖTV-Spitze aus Stuttgart am Wochenende in Magdeburg und Berlin, Mit erheblichem personellen und materiellen Aufwand der Stuttgarter Zentrale wurde in Magdeburg eine Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr der DDR gegründet. In Berlin beschloss eine Delegiertenkonferenz der Gewerkschaft Öffentliche Dienste (GÖD), ihren Mitgliedern zu empfehlen, entweder der ÖTV oder der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) beizutreten.
Am heutigen Montag [11.06.] wird der ÖTV-Hauptvorstand in Stuttgart auf einer Pressekonferenz über die Ergebnisse seiner Aktionen berichten. Ziel aller Zwischenschritte ist die Schaffung der Gewerkschaftseinheit in den Bereichen des öffentlichen Dienstes bis zum 1. November 1990. Auf beiden Konferenzen waren bereits jetzt Aufnahmeanträge für die ÖTV gefragt. Die sechs Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, die jetzt noch bestehen, lösen sich zu diesem Zeitpunkt auf.
In Magdeburg gab die Vorsitzende der Gewerkschaft ÖTV, Monika Wulf-Mathies, die Orientierung für den künftigen Weg. "Die Zeit ist reif", erklärte sie, durch den Abschluss des Staatsvertrages, die Bildung des Sprecherrates und die faktische Liquidierung des FDGB hat sich die Gewerkschaftslandschaft entscheidend verändert." Sie kündigte an, dass die ÖTV den Geltungsbereich ihrer Satzung auf die DDR ausdehnen wird. Die Gründung der DDR-ÖTV bezeichnete sie als notwendig, um Kollegen zu organisieren die nicht mehr in den alten Gewerkschaften mitarbeiten wollen, vor allem aber, um den Einfluss von Standesorganisationen wie der Angestelltengewerkschaft und des Beamtenbundes zu begrenzen. Jetzt gehe es um gewerkschaftliche Handlungsfähigkeit, um wirkliche Interessenvertretung für die Arbeitnehmer in der DDR. Sie verlangte eine Erklärung von Ministerpräsident de Maizière, dass die Tarifautonomie auch in der DDR uneingeschränkt für den öffentlichen Dienst gilt.
In der DDR-ÖTV organisieren sich Kollegen aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes, aus Staat und Wissenschaften, Sparkassen, Dienstleistungs- und Energie-Kombinaten, dem Gesundheits- und Sozialwesen. Die verwirrende Parallelentwicklung wird spätestens Ende Oktober beendet sein.
Zum Vorsitzenden der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in der DDR wurde Robert Krauth gewählt. Bei der geheimen Wahl setzte sieh der 42jährlge Magdeburger Rettungswagenfahrer mit deutlicher Stimmenmehrheit gegenüber seinem Mitkandidaten Manfred Jank aus Merseburg durch.
Si.
(Tribüne, Mo. 11.06.1990)
Auf dem Gründungskongress der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) der DDR in Magdeburg wurde am Sonntag der 42jährige Rettungswagenfahrer aus der Elbestadt Robert Knauth zum Vorsitzenden gewählt. Er wird die Gewerkschaft mit dem Vorstand bis zum vorgesehenen Zusammenschluss mit der BRD-ÖTV leiten.
An zwei Tagen hatten die 127 Delegierten ein Aktionsprogramm diskutiert und angenommen. Bereits am Sonnabend war von den Delegierten aus ÖTV-Initiativen aller Bezirke eine Satzung verabschiedet worden. Die ÖTV in der DDR, der Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, des Transport- und Verkehrswesens, der Energie- und Wasserversorgung, des Gesundheits- und Sozialwesens, der Sparkassen sowie der wissenschaftlichen Einrichtungen beitreten können, hält eine starke und einheitliche Interessenvertretung in ganz Deutschland für unabdingbar.
Ein Zusammenschluss mit der ÖTV in der BRD solle bis zum 1. November 1990 erfolgen, hatte die Vorsitzende der ÖTV der BRD, Monika Wulf-Mathies, erklärt. Sie verwies in einer Rede darauf, dass der Ausbau öffentlicher Dienste und Einrichtungen ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung von Beschäftigung in der DDR sei.
(Neues Deutschland, Mo. 11.06.1990)
In der Satzung wird als Sitz der ÖTV Potsdam festgelegt. Die ÖTV gehört nicht dem FDGB an.
Es ist vorgesehen, dass sich die ÖTV in der DDR mit der räumlichen Ausdehnung der ÖTV der BRD auf das Gebiet der DDR auflöst.
Der Vorstand umfasst 18 Mitglieder, 3 hauptamtliche (3 Männer) und 15 ehrenamtliche Vorstandsmitglieder (10 Männer, 5 Frauen).
Der Gründungskongress findet im Klubhaus "Georgi Dimitroff" der TAKRAF statt.