01.03. Bildung der Treuhandanstalt
05.03. Der Zentrale Runde Tisch verabschiedet eine Sozialcharta
06.03. DDR-Regierungsdelegation trifft in Moskau ein
07.03. Letzte Sitzung der Volkskammer
08.03. Der Ministerrat beschließt eine Bankenreform
08.03. Die Inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit werden regierungsoffiziell entpflichtet
11.03. Wahlparteitag des Demokratischen Aufbruch
12.03. Letzte Sitzung des Zentralen Runden Tisch in Berlin
13.03. Die gemeinsame Expertenkommission von DDR und BRD über die Schaffung einer Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft verabschiedet einen Zwischenbericht
14.03. An den Ministerrat wird der Antrag gestellt, das Büromaschinenwerk Sömmerda nach dem "Sömmerdaer Modell" umstrukturieren zu dürfen.
14.03. Erstes Zwei-plus-Vier-Expertentreffen
18.03. Wahl der Volkskammer
Mo. 5. März 1990
15. Sitzung des Zentralen Runden Tisch in Berlin. Link zu einem Bericht über die Sitzung.
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Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen
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Das Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen stand gestern im Mittelpunkt eines Gesprächs zwischen der Ministerin für Arbeit und Löhne, Hannelore Mensch, sowie Vertretern des Behindertenverbandes der DDR.
Die Sorge der Behinderten um ihren Arbeitsplatz sei mit der aktuellen Entwicklung begründet, sagte die Ministerin. Per 1. März seien von 12 870 DDR-Bürgern ohne Arbeitsrechtsverhältnis 199 Schwerbeschädigte, davon 41 Berliner. Obwohl die Betriebe verpflichtet sind, auf 17 Arbeitsplätze einen Behinderten einzustellen, werden vielfach die bei Missachtung angedrohten Geldbußen in Kauf genommen. Die Ministerin vermerkte, dass das Arbeitsgesetzbuch bislang gilt. Sie räumte ein, dass die Regierung stärker auf die Einhaltung des Rechtes auf Arbeit für Behinderte drängen muss. Die Ämter für Arbeit seien schriftlich angewiesen worden, den gesetzlich garantierten Kündigungsschutz streng zu kontrollieren. Das heißt z.B., dass auch bei Umstrukturierungen den Behinderten nur mit Zustimmung des Amtes für Arbeit ein anderer Arbeitsplatz angeboten werden kann. Bei groben Verstößen werde man auch vor Gerichtsverfahren nicht zurückschrecken, bekräftigte Hannelore Mensch.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990
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Zusammenarbeit von von Verbänden für Menschen mit Behinderungen
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Vertreter der "Vereinigung Lebenshilfe für geistig behinderte Menschen Berlin DDR" und der LEBENSHILFE geistig Behinderter e. V., Landesverband Berlin, haben über eine Zusammenarbeit beraten. Die Vorstände waren sich einig, dass die Eigenständigkeit beider Organisationen dabei gewahrt bleibt. Einvernehmen herrschte zudem darüber, dass die in der DDR erreichten sozialen Sicherstellungen wie Kündigungsschutz für geistig behinderte Menschen und ihre Angehörigen erhalten bleiben müssen.
(Neue Zeit, Mo. 05.03.1990)
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Arbeitskräftelage ist weiterhin äußerst angespannt
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Die Arbeitskräftelage in [Berlin-]Mitte ist weiterhin äußerst angespannt. 51 Betriebe und Einrichtungen des Territoriums haben das Amt für Arbeit, so dessen Direktorin Marion Grothe gestern vor der Stadtbezirksversammlung, über die vollzogene oder beabsichtigte Freisetzung von 3 050 Werktätigen informiert. Betraf das bisher vorrangig staatliche Organe und gesellschaftliche Organisationen, seien jetzt auch Industrie- und Handelsbetriebe darunter. Als Beispiele wurden der VEB Metallwaren und das Außenhandelsunternehmen Textilcommerz genannt, wo 90 beziehungsweise 600 Mitarbeiter ausscheiden sollen. Zunehmend seien Frauen, Absolventen, Alleinstehende, Vorrentner und Rentner betroffen. 229 Bürger haben bisher Arbeitslosengeld beantragt. Gegenwärtig stehen zehn Stellen für Hoch- und 178 für Fachschulkader, 1 256 für Facharbeiter, 154 für Meister und Techniker sowie 681 für Un- und Angelernte zur Verfügung. Auf die zu schaffenden 21 neuen Arbeitsplätze im Amt kommen 600 Bewerber.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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ZV-Tagung der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung
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Berlin (M. Z.-Eig. Ber.) Über Ziel, Aufgaben und Arbeitsweise des Geschäftsführenden Vorstandes verständigten sich am Montag in Berlin die Mitglieder des Zentralvorstandes der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung. Beschlossen wurde die Bildung von sechs Arbeitsausschüssen, um das Wirken des Zentralvorstandes zu unterstützen und kompetente Entscheidungen mit vorbereiten zu helfen. Außerdem wird die Bildung von Interessengruppen in Kreisen und Bezirken gefordert, um die Interessen aller im Bereich der Bildung tätigen Beschäftigten wirksam zu vertreten.
Informiert wurde auf der ZV-Tagung über ein Treffen bildungspolitischer Initiativgruppen der DDR, an dem die Gewerkschaften Unterricht uni Erziehung und Wissenschaft der DDR sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft der BRD teilnahmen. Auf diesem Treffen am letzten Wochenende sollte auf Vorschlag der GEW - auch im Hinblick auf den deutschen Einigungsprozess - eine Arbeitsgemeinschaft gegründet werden die die Zusammenarbeit von Gewerkschaften und unabhängigen bildungspolitischen Gruppen fördert. Die Formierung einer solchen Arbeitsgruppe scheiterte jedoch, da die Mehrheit der bildungspolitischen Initiativgruppen eine gleichberechtigte Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften in so einer Arbeitsgemeinschaft ablehnte. Die Gewerkschaft Unterricht und Erziehung unterbreitete nochmals ihr Angebot für Zusammenarbeit, verwies aber ausdrücklich darauf, dass beispielsweise alle Fragen tarifrechtlicher Vertretung und sozialen Sicherheit gegenüber dem Bildungsministerium ausschließlich durch die Gewerkschaft realisiert werden könne.
(Tribüne, Di. 06.03.1990)
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Gründungskongress des Landesverbandes Berlin-Brandenburg des Unternehmerverbandes
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Mit einer faktischen Kampfansage an die Regierung Modrow klang gestern Abend der Gründungskongress des Landesverbandes Berlin-Brandenburg des Unternehmerverbandes der DDR aus.
Als eine erste Maßnahme zur Durchsetzung ihrer Interessen beschlossen die rund 500 Handwerker, Gewerbetreibenden, Genossenschafter und Unternehmer aus den Bezirken Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) und aus Berlin, "zivilen Ungehorsam" zu leisten und ab sofort ihre Preise selbst zu kalkulieren.
Nach Einschätzung der Führung des DDR-Unternehmerverbandes, dem landesweit etwa 22 000 Mitglieder angehören, könne keine staatliche Stelle dagegen vorgehen, ohne eine solidarische Gegenaktion der Unternehmer befürchten zu müssen. Dieser Linie schloss sich auch der Bund der Selbständigen der DDR an, der rund 20 000 Eingeschriebene vertritt.
Gast der Veranstaltung in der Berliner Dynamo-Sporthalle war BRD-Wirtschaftsminister Dr. Helmut Haussmann. Er forderte die Versammelten auf, nicht auf die hundertprozentige Unternehmerfreiheit zu warten, sondern nach dem Motto, "erlaubt ist, was nicht verboten ist", zu verfahren. Er zitierte Michail Gorbatschow mit dem bekannten Wort "Wer zu spät kommt, wird bestraft", das auch für die Wettbewerbswirtschaft gelte. Die ökonomische Pleite drohe allerdings, wenn der Strom der Aussiedler anhalte und wenn "Sozialisten und Runder Tisch ihren Bleifuß auf der Reformbremse stehen lassen".
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Rechtssicherheit für ihre Eigenheime fordern Einwohner
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Rechtssicherheit für ihre Eigenheime haben Einwohner einer Bürgerinitiative in Trassenheide (Insel Usedom) gefordert. In einer republikweiten Aufruf an alle Eigentümer und Erbauer von Eigenheimen, die auf staatlichem Grund und Boden errichtet sind, drücken sie ihre Sorge um ihr verliehenes Nutzungsrecht an Grund und Boden aus und verlangen, diesen durch Kauf als persönliches Eigentum erwerben zu können.
(Junge Welt, Di. 06.03.1990)
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DDR-SPD Arbeiterwohlfahrt nach der Volkskammerwahl bilden
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Einen gemeinsamen Ausschuss zum Wiederentstehen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der DDR will die DDR-SPD und dieser für soziale Belange tätige Verband der BRD und Westberlins unmittelbar nach den Volkskammerwahlen bilden. Die mit der Sozialdemokratie verbundene 1919 gegründete Organisation war von den Nazis verboten und auch in der DDR nicht mehr zugelassen worden. Kontakte zur Volkssolidarität wurden aufgenommen.
(Neues Deutschland, Di. 06.03.1990)
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Verteidigungsminister berichtet Verteidigungsausschusses der Volkskammer über "sehr komplizierte Lage" in den Streitkräften
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Vor Abgeordneten des Verteidigungsausschusses der Volkskammer hat Verteidigungsminister Admiral Hoffmann gestern über die zum Teil "sehr komplizierte Lage" in den Streitkräften berichtet. Sie werde durch soziale Ängste und vielfach fehlende Wehrmotivation hervorgerufen. Zur Militärreform konstatierte der Admiral, dass Vertretungskörperschaften auf allen Ebenen den Demokratisierungsprozess in den Streitkräften voranbrächten. Bewährt habe sich das Wirken des Verbandes der Berufssoldaten.
(Berliner Zeitung, Di. 06.05.1990)
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Wegen politischer Delikte verurteilte Bürger sollen durch Ehrenerklärungen der Gerichte rehabilitiert werden
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Etwa 40 000 von DDR-Gerichten wegen politischer Delikte verurteilte Bürger sollen durch Ehrenerklärungen der Gerichte rehabilitiert werden und eine Entschädigung bekommen. Das kündigte DDR-Justizminister Kurt Wünsche (LDP) in einem Gespräch mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" an. Die Masse der Urteile aus der Vergangenheit, erklärte Wünsche, könne nicht vor Gericht neu aufgerollt werden. Das geplante Gesetz sehe statt dessen eine "politisch-moralische Rehabilitierung" vor. Das Gericht, so der Minister, "gibt gewissermaßen eine Ehrenerklärung ab und befindet zugleich über die Entschädigungsansprüche".
(Berliner Zeitung, Mo. 05.03.1990
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Der Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg gegen sofortigen Beitritt nach Artikel 23 GG
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Der Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Dr. Günter Krusche, hat sich gegen einen sofortigen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach
Artikel 23 Grundgesetz gewandt. Statt dessen plädierte er am Montag im Saarländischen Rundfunk "für ein schrittweises Zusammengehen". Die deutsch-deutsche Einheit sei zwar nur eine Frage der Zeit, zuerst aber müssten bestimmte Übergangsregelungen geschaffen werden. So fehlten derzeit Voraussetzungen beispielsweise für eine Rechtskontinuität und auch eine Arbeitslosenversicherung. Die dringend erforderliche Wirtschafts- und Währungsunion ließe sich mit entsprechenden Übergangsregelungen "sehr bald in die Wege leiten". Eine einheitliche Staatlichkeit aber erfordere zuerst Gespräche mit den Alliierten und den europäischen Nachbarn.
(Neue Zeit, Di. 06.05.1990)
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"Allianz für Deutschland" keine Angst vor der Einführung der sozialen Marktwirtschaft
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Die im Wahlbündnis "Allianz für Deutschland" vereinten Parteien DA, DSU und CDU richten an die Bürger der DDR den Appell, sich nicht von Parolen verschrecken zu lassen, die Einführung der sozialen Marktwirtschaft wäre mit großen sozialen Gefahren verbunden.
Es sei unredlich, sich abzeichnende Schwierigkeiten als Vorboten der Marktwirtschaft zu bezeichnen. Sie seien vielmehr Ergebnis jahrelanger Misswirtschaft, sagte CDU-Vorsitzender Lothar de Maizière gestern in Berlin auf einer Pressekonferenz, an der neben dem DA-Vorsitzenden Wolfgang Schnur und Stefan Sabottka vom DSU-Bundesvorstand auch der BRD-Bundesminister für Arbeit und Soziales, Norbert Blüm (CDU), teilnahm. Schnur kündigte für die DDR eine Arbeitslosenversicherung an, die bestem internationalem Standard entspreche.
Natürlich lasse sich nicht verhindern, dass im Zuge von Umstrukturierungen "einige Betriebe" schließen müssten. Andererseits sei eine "wahre Gründerwelle" zu erwarten, die viele neue Arbeitsplätze schaffe.
Die Allianz tritt in ihrem am 1. März verkündeten "Wahlaufruf und Sofortprogramm" für die "sofortige Einführung der D-Mark" ein. Auf die Frage, was unter "sofortig" zu verstehen sei und welche Konzepte die Bonner Regierung dafür in der Schublade habe, gab es ausweichende Antworten. Vieles müsse noch durchgerechnet werden, sagte de Maiziere. Mit Sicherheit werde es eine Stufenregelung geben, wobei noch nicht klar sei, wie viel Geld sofort umgetauscht und wie viel zu binden sei. Blüm gab zu verstehen, dass sehr wohl schon Konzepte vorhanden sind. Man wolle sie aber nicht langfristig bekanntgeben, um Spekulantentum vorzubeugen.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Gründung einer Gesellschaft für Informations- und Kommunikationstechnik mbH vereinbart
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interRent Europcar Autovermietung eröffnet Niederlassung
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Bürger und Gäste der DDR-Hauptstadt haben von nun die Möglichkeit, bei der interRent Europcar Autovermietung GmbH in Berlin einen Wagen zu leihen. In Kooperation mit den Kombinaten Berliner Verkehrsbetriebe und Auto Trans Berlin öffnete am Montag in der Dircksenstraße die erste DDR-Station. Zunächst, so wurde mitgeteilt, erhalte die interRent-Vertretung in Berlin 50 Fahrzeuge. Ein VW Golf CL kostet für 24 Stunden 71 Mark der DDR. Kunden, die ihren Hauptwohnsitz nicht in der DDR hätten, müssten die Rechnung in D-Mark begleichen. Zwölf weitere interRent Europcar-Stationen auf dem Gebiet der DDR sind geplant.
(Junge Welt, Di. 06.03.1990)
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Willy Brandt gegen Unsitten westlicher Wahlkämpfe in die DDR
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Das gegenwärtig zu beobachtende Herüberströmen von Unsitten westlicher Wahlkämpfe in die DDR hätten die hier lebenden Menschen nicht verdient so der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt am Montag in Dresden.
"Wir werden keine Schlammschlachten liefern, keine Personen verunglimpfen, aber Angriffe abwehren", sagte SPD-Vorsitzender Ibrahim Böhme. Die gegenwärtige politische Atmosphäre in der DDR werde von radikalen Elementen, die nicht mehrheitsfähig sind, eskaliert.
(Neues Deutschland, Di. 06.03.1990)
"Der Zug zur deutschen Einheit rollt, dabei kommt es darauf an, dass die Schwachen nicht unter die Räder kommen", sagt Willy Brandt. Ibrahim Böhme sagt, er wolle nicht ein Land, das sozialdemokratisch, sondern das sozial und demokratisch ist. Er kritisiert die Parteien der "Allianz", die in Thüringen Bananen und Stonsdorfer verteilen ließen.
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DDR-Bürger benötigen Reisepass für Reisen ins Ausland
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Die Abteilung Presse und Information des Ministeriums für Innere Angelegenheiten hat am Montag angesichts einer Vielzahl von DDR-Bürgern, die insbesondere zum Grenzübertritt nach der ČSSR mit Personalausweis ohne Visum erscheinen und zurückgewiesen werden müssen, nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass mit Inkrafttreten des Reisegesetzes Bürger der DDR für Reisen in das Ausland einen gültigen Reisepass benötigen.
Bis zum 31. Dezember 1990 berechtige auch der Personalausweis für Bürger zum Grenzübertritt, er müsse jedoch mit einem Visum versehen sein.
(Junge Welt, Di. 06.03.1990)
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Gründung eines christlich-demokratischen Jugendverbandes in Deutschland anzustrebt
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Der Vorsitzende der Jungen Union Deutschlands (JU), Hermann Gröhe (BRD), und der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Jugend (CDJ), Christoph Bender, haben erklärt, die Gründung eines christlich-demokratischen Jugendverbandes in Deutschland anzustreben.
Auf dem Deutschlandtag vom 19. bis 16. September 1990 in Leipzig und Paderborn sollen alle christlich-demokratischen Kräfte innerhalb der Jugend in Deutschland zusammengefasst werden. Dabei wollen die Organisationen als gleichberechtigte Partner aufeinander zugehen.
(Junge Welt, Di. 06.03.1990)
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Zweite Arbeitsrunde der deutsch-deutschen Expertenkommission zur Vorbereitung einer Wirtschafts- und Währungsunion
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Bei ihrer zweiten Arbeitsrunde hat am Montag die gemeinsame deutsch-deutsche Expertenkommission zur Vorbereitung einer Wirtschafts- und Währungsunion im Finanzministerium in Bonn weitere Fortschritte erzielt. Das teilte die Pressestelle. des Ministeriums nach Abschluss der Beratung mit. Auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse der Arbeitsgruppen für Währung, Wirtschaftsreform, Finanzen und soziale Sicherheit seien offene Fragen vertieft erörtert worden. Es bestehe Einvernehmen, die Gespräche fortzusetzen und weiterhin vertraulich zu behandeln.
Vor Beginn der Verhandlungen hatte der Leiter der DDR-Delegation, Minister Dr. Walter Romberg, die Arbeit der Kommission mit einer schwierigen Bergbesteigung verglichen, auf die man sich gut vorbereitet habe. "Uns liegt daran, zu einem guten Vertrag zu kommen, der vor allem auch die Fragen des sozialen Netzes so realisiert, wie das die Menschen in meinem Lande erwarten", sagte der Minister. Nachdrücklich verurteilte er die Verbreitung von Gerüchten über Einzelheiten einer Währungsunion, die nicht zu einer guten Atmosphäre beitrügen. Auch Bundesbank-Vizepräsident Dr. Helmut Schlesinger wies Behauptungen, die Bundesbank habe bereits ein Konzept für eine Währungsunion vorliegen, zurück.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat indes vor übereilten Schritten in eine Währungsunion mit der DDR gewarnt. Wenn die Mark der DDR durch die D-Mark ersetzt werde, noch bevor dort "umfassende Wirtschaftsreformen" verwirklicht seien, werde das in der DDR vor allem die Nachfrage nach Konsumgütern aus der Bundesrepublik steigern. Entsprechend ginge die Nachfrage nach Gütern der DDR zurück. Es entstünde Arbeitslosigkeit: die Abwanderung würde noch größer werden.
Im Zusammenhang mit der Währungsunion werden auch Fragen des Kaufkraftüberhanges diskutiert werden müssen. Ob allerdings der Vorschlag des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU-Bundestagsfraktion, Matthias Wissmann, den DDR-Bürgern gefallen dürfte, bleibt fraglich. Er schlug vor, die große Zahl staatlicher Wohnungen an ihre Bewohner zu verkaufen. Bei einem Verkauf von 2,8 Millionen Wohnungen zu einem Preis von durchschnittlich 30 000 DDR-Mark könnten 84 Milliarden Mark abgeschöpft werden. Wenn dieses Geld bei der Bank stillgelegt werde, könnten die Spareinlagen von rund 180 Milliarden DDR-Mark auf etwa die Hälfte verringert und der Geldüberhang auf ein stabilitätspolitisch gewünschtes Maß reduziert werden, meinte Wissmann.
Die Gespräche der Expertenkommission sollen am 13. März in Berlin fortgesetzt werden.
(Neues Deutschland, Di. 06.03.1990)
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Der Berliner Magistrat beschließt die Bildung der Stadtratbereiche "Gleichstellung von Frau und Mann" und "Umwelt und Naturschutz"
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Der Berliner Magistrat hat gestern beschlossen, mit den Ressorts "Gleichstellung von Frau und Mann" sowie "Umwelt und Naturschutz" zwei neue Stadtratbereiche zu bilden. Darüber informierte am selben Tage Magistratspressesprecher Karl-Dieter Seifert. Es werde damit einer Orientierung des Berliner Runden Tisches entsprochen. Ferner sei daran gedacht, in allen elf Stadtbezirken analoge Bereiche einzurichten.
Der Sprecher teilte mit, dass der Magistrat eine Studie zur Durchführung Olympischer Spiele im Jahr 2000 in Berlin in Auftrag gegeben habe. Noch im März werde beim OB ein Olympiabeirat gebildet, dem Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Sport sowie Förderkreisen und Komitees der Hauptstadt angehören sollen.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990
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Es bleibt bei 2 + 4
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Die Bundesregierung hat nach Angaben der Bonner Tageszeitung "Die Welt" vom Montag mit den Westmächten schriftlich festgelegt, dass an der vorgesehenen Sechser-Konferenz zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten weitere Regierungen nicht beteiligt werden sollen. Daher verfolge das Kanzleramt in Bonn eine entsprechende diplomatische Offensive Polens mit Gelassenheit, schreibt die Zeitung. Der vom polnischen Regierungschef Mazowiecki verlangte Vertragsweg zur Grenzgarantie werde als untauglich angesehen.
(Junge Welt, Di. 06.03.1990)
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Horst Horrmann Übersiedler, die ihre Kinder in der DDR zurückgelassen sollen vor Gericht
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Übersiedler, die ihre Kinder in der DDR zurückgelassen haben, gehören nach Ansicht des niedersächsischen Kultusministers Horst Horrmann (CDU) wegen Verletzung der Fürsorgepflicht vor Gericht. Es sei nicht hinzunehmen, dass Kinder wie gesellschaftlicher Sperrmüll" abgestellt würden, sagte der Politiker. Außerdem wolle er für die Rückführung jugendlicher Ausreißer aus der DDR zu ihren Eltern oder in dortige Heime sorgen.
Allein in den an Niedersachsen angrenzenden DDR-Bezirken Magdeburg und Halle sind seit vergangenem November 118 Kinder von ihren Eltern bei deren Übersiedlung in den Westen allein zurückgelassen worden.
(Junge Welt, Di. 06.03.1990)
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Bundesnachrichtendienst liest mit
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Durch den Bundesnachrichtendienst (BND) sind nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" in "bisher ungeahntem Ausmaß Privatbriefe aus der DDR abgefangen, geöffnet und ausgewertet" worden. Allein in der BND-Dienststelle im Hamburger Stadtteil Winterhude gingen, nach einem festen Schlüssel ausgesucht, täglich mehr als 10 000 Briefe ein.
Nachrichtendienstliche Erkenntnisse, über Bundesbürger mit regem Kontakt zu DDR-Bürgern, seien gesammelt und teilweise an den Verfassungsschutz weitergeleitet worden. Der BND habe in der gesamten Bundesrepublik mehrere hundert BND-Beamte zur Kontrolle des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs eingesetzt.
(Berliner Zeitung, Mo. 05.03.1990)
Das von den BRD-Großverlagen Bauer, Burda, Gruner + Jahr und Axel Springer in der DDR aufgezogene Vertriebssystem wäre nach bundesdeutschem Recht nicht möglich. Wie ein Sprecher des Bundeskartellamtes nach Angaben des "Tagesspiegel" vom Freitag mitteilte, würde die Behörde einschreiten, wenn Zeitungen und Zeitschriften durch herausgebende Verlage in eigener Regie vertrieben würden und die Verlage das Vertriebsgebiet unter sich aufgeteilt hätten.
(Neues Deutschland, Sa. 10.03.1990)
Ab 05.03.1990 vertrieben die westdeutschen Verlage ihre Produkte eigenständig und nicht über verlagsunabhängige Grossisten.
Die Unabhängige Untersuchungskommission der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Dresden, zur Untersuchung der "Handlungen der Schutz- und Sicherheitsorgane im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 03.10.89 bis 10.10.89 in Dresden", legt ihren Abschlussbericht vor. Er wird auch dem Präsidium der Volkskammer, dem Minister des Innern und dem Generalstaatsanwalt übergeben.
In Falkenberg wird gegen die Übungsflüge vom sowjetischen Flughafen Lönnewitz aus demonstriert.
Nachdem in Leipzig am Vormittag Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen demonstriert haben, findet die obligatorischen Montagsdemonstration am Abend statt.
Vor dem Karl-Marx-Monument versammeln sich wie jeden Montag Bürger. Es werden keine Reden mehr gehalten. Letzte "Montagsdemonstration" in Karl-Marx-Stadt.
Letzte Montagsdemo in Bernburg (Saale).
Demonstriert wird auch in Neuruppin und Werdau.
Anstelle der Wiederholung der Nachrichtensendung "Aktuellen Kamera" von Vorabend wird am Vormittag die "AK am Morgen" gesendet.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung der SPD in Dresden tritt ihr Ehrenvorsitzender, Willy Brandt, als Redner auf.
Die grün-lila Wahlkarawane macht Station in Wolgast.
Die "Allianz für Deutschland" ist in Rostock mit Wahlkampf zugange.
Wahlkampfauftritt in Frankfurt von Norbert Blüm von der bundesdeutschen CDU.
In Berlin eröffnet die KPD ihr Zentrales Wahlkampfbüro.
In Berlin wurde der Verband der Hebammen gegründet.
Mit einem Info-Mobil fährt die Berliner Commerzbank auf dem Berliner Alexanderplatz auf.
In Berlin führen die Delegationen des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig und des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Frankfurt/Main Gespräche.
Schreiben von Gregor Gysi an die Bürger und Bürgerinnen
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