Demonstrationen und Kundgebungen März 1990


Do. 01.03.
Für ein solidarisches Zusammenleben lautet das Motto einer Kundgebung vor dem alten Rathaus in Leipzig.

Fr. 02.03.
Eine grün-lila Wahlkarawane mit entsprechend farbigen Barkassen und Bussen rollt vom 3. bis zum 14. März durch 22 Städte unseres Landes.

Wahlkampfkundgebung des Bundes Freier Demokraten in Leipzig.

Rote PDS- und DDR-Fahnen flatterten am Freitagabend auf dem Rostocker Universitätsplatz im Wind. Kandidaten der Partei für die Volkskammerwahl stellten sich vor. "Wer sich für die PDS entscheidet, ist für eine eigenständige DDR im europäischen Einigungsprozess, ein europäisches Deutschland, kein deutsches Europa", versicherte der Spitzenkandidat im Bezirk Rostock, Wolfgang Pohl vom Präsidium des Parteivorstandes, den rund 1 000 Teilnehmern.

Die DSU führt im Schweriner Schloss eine Wahlkampfveranstaltung durch. Als Gast tritt Otto von Habsburg (CSU) auf.

Eine Wahlkampfkundgebung führt die DBD auf dem Domplatz in Erfurt durch.

Sa. 03.03.
Frauen und Kinder sollen nicht die ersten Opfer der sozialen Marktwirtschaft werden. Auch künftig muss der Staat Subventionen für die Hortbetreuung und für Kindergärten zur Verfügung steilen. Diese Forderungen erhoben Horterzieherinnen, Eltern und Kindergärtnerinnen bei einer Demonstration gegen Sozialabbau am Sonnabend in Berlin. Durch die teilweise schlechte Qualität der Betreuung sei der Hort ins Gerede gekommen, sagte Doris Köhler, Leiterin der Arbeitsgruppe Schulhort der Stadt, zu den etwa 3 000 Versammelten.

Ein "deutsches Aufbauwunder" nach der Vereinigung beider deutscher Staaten versprach BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher am Sonnabend vor 2 000 Rostockern auf einer Wahlkundgebung des Bundes Freier Demokraten auf dem Universitätsplatz. FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff forderte in Dresden ausreisewillige DDR-Bürger auf, zu bleiben und den Aufbau des Landes mit sichern zu helfen.

Mit stürmischem Beifall und Hochrufen begrüßten Zehntausende Erfurter am Sonnabend Willy Brandt als Hauptredner einer SPD-Kundgebung auf dem Domplatz. Bedrückend nannte er den Stimmungsumschwung in der DDR. Der erwartungsvolle Grundton weiche mehr und mehr Desorientierung und Niedergeschlagenheit.

Der SPD-Ehrenvorsitzende hatte in Erfurt eine viertägige Wahlkampfreise begonnen.

Dazu kommt er in die Stadt in demselben Salonwagen der Deutschen Reichsbahn wie vor 20 Jahren.

In Wismar können sich die Wahlkämpfer aus der BRD die Mikrophone in die Hand geben. Nach Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg, Spitzname "der Klare aus dem Norden", von der CDU hat auch Außenminister Hans-Dietrich Genscher von der F.D.P. seinen Auftritt.

Am Vormittag halten in Wismar Bauern eine Kundgebung ab. Auch in Lübben demonstrieren Bauern.

"Im Lande geblieben - dem Hausbau verschrieben - und nun vertrieben?" Zur ersten Kundgebung des neugegründeten DDR-Mieterbundes am Sonnabend auf dem Alex wurde diese Frage auf einem Transparent öffentlich gestellt.

Etwa 2 000 Mieter aus Wohnhäusern und Nutzer von Grundstücken waren gekommen, um von der Regierung wirksamere Maßnahmen zum Schutz ihres Eigentums zu fordern. Sie beriefen sich dabei auf verstärkte Versuche westlicher Bürger und Firmen, früher bewirtschaftetes Eigentum an Immobilien wieder an sich zu reißen. Der Mieterbund hatte zu dieser Kundgebung alle Parteien der DDR eingeladen, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zum Schutz erworbener sozialer Rechte und zu ihrer künftigen Wohnungspolitik darzulegen. Außer CDU, DSU und Demokratischem Aufbruch machten diese davon Gebrauch. Allerdings war auch manches, was von der Pritsche eines Lkw verkündet wurde, sehr unverbindlich und verwaschen.

Aus der BRD war Antje Vollmer, Sprecherin der Grünen, angereist. Nach ihrer Kenntnis gibt es im Westen etwa 500 000 Leute, die für ihren DDR-Grundbesitz fünf Milliarden DM Lastenausgleich erhalten hätten. Dies sei aber keine Garantie für das Erlöschen der Eigentumsrechte. Viele trügen sich jetzt mit der Absicht, das Geld zurückzuzahlen, damit sie - auch unterstützt durch Advokaten - in der DDR ihre Forderungen wieder anmelden können. Die Politikerin mahnte die Bürger der DDR, darauf zu achten, dass durchaus vorhandene soziale Errungenschaften nicht einfach verkauft werden. Die Bewohner dieses Landes sollten wieder mehr Selbstbewusstsein zeigen, um eine schnelle Wiedervereinigung im Sinne des "Anschlusses an die Bundesrepublik nach Grundgesetz Artikel 23Artikel 23 des Grundgesetzes" zu verhindern, weil diese Lösung zwangsläufig mit der Übernahme bundesdeutscher Gesetze verbunden sei.

Die Versammelten verlangten schnelle Regierungsentscheide, um ihre Miet- oder Nutzungsverhältnisse durch Kauf in persönliche oder genossenschaftliche Eigentumsrechte überführen zu können. Dazu solle der Staat Kredite einräumen. Ein Sprecher des Mieterbundes gab verunsicherten Bürgern den Hinweis: "Lassen Sie ungebetene Gäste nicht in Ihre Wohnung oder auf Ihr Grundstück! Unterschreiben Sie nichts ohne einen juristischen Beistand! Noch haben Sie das Recht dazu!"

Demonstrationen, Kundgebungen und Foren von Genossenschaftsbauern und Arbeitern aus der Nahrungsgüterindustrie verbunden mit Wahlkampfveranstaltungen der DBD finden in Bad Doberan, auf dem Bitterfelder Marktplatz, auf dem Obermarkt in Freiberg, vor der Marienkirche in Prenzlau, Am langen Markt, Roggenstorf, Stäbelow/Lambrechtshagen und Wismar auf dem Marktplatz statt.

Die bisher größte Bauerndemonstration findet, wie betont wird mit Uralttechnik, um auf die prekäre Lage aufmerksam zu machen, in Lübben statt. Es wird eine echte Überlebenschance gefordert.

Unter dem Motto SOS für die sächsische Schweiz findet ein Protestmarsch durch das Elbsandsteingebirge statt.

So. 04.03.
In Berlin besetzen am Morgen ca. 20-40 Künstler den Palast der Republik. Damit soll gegen die mangelten Auftrittsmöglichkeiten, alternativer Künstler protestiert werden. Am Abend werden Veranstaltungen durchgeführt. Mit der Volkspolizei wird eine Sicherheitspartnerschaft vereinbart.

Auf dem Berliner Alexanderplatz wird gegen Sozialabbau demonstriert.

Auf der Wahlkampfkundgebung der SPD in Waren/Müritz spricht Egon Bahr. Der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt tritt in Weimar auf.

Auf dem Rostocker Universitätsplatz versucht Außenminister Genscher den deutschen Nachbarn die Ängste vor einer Vereinigung von BRD und DDR zu nehmen. Wir Deutschen wollen doch nichts anderes, als in Frieden und Freiheit mit unseren Nachbarn leben, sagt er.

PDS-Vorsitzender Gysi empfiehlt seine Partei in Gera all jenen, die sich Sorgen über die soziale Zukunft machen. "Gewisse(n) Parteien und Allianzen" wirft er vor, dem Volk eine wichtige Wahrheit vorzuenthalten: Der "schnelle Weg zur deutschen Einheit" würde die Mehrheit der DDR-Bürger in eine wirtschaftliche Katastrophe stürzen.

In Rostock äußert, sich Bundesverteidigungsminister Stoltenberg (CDU). Bonn werde mit jeder frei gewählten DDR-Regierung zusammenarbeiten, erklärt er großzügig. Besser sei es aber, wenn zwischen beiden deutschen Staaten ein Gleichklang der Überzeugungen bestehe.

Wahlkampfveranstaltung des Bund Freier Demokraten in Cottbus (Choésebuz). Mit dabei Otto Graf Lambsdorff.

Der Grenzübergang Schlutup/Lübeck wird blockiert. Grund ist die Luftverschmutzung durch die Zweitaktmotoren der Autos nach der Grenzöffnung. Es wird eine Umgehungsstraße für den Ort gefordert.

Mo. 05.03.
In Falkenberg wird gegen die Übungsflüge vom sowjetischen Flughafen Lönnewitz aus demonstriert.

Nachdem in Leipzig am Vormittag Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen demonstriert haben, findet die obligatorischen Montagsdemonstration am Abend statt.

Letzte Montagsdemo in Bernburg (Saale).

Demonstriert wird auch in Neuruppin und Werdau.

Wahlkampfauftritt in Frankfurt von Norbert Blüm von der bundesdeutschen CDU.

Di. 06.03.
Zehntausende Magdeburger Bürger begrüßen den Bundeskanzler und Vorsitzenden der CDU der BRD, Helmut Kohl. Er spricht auf einer Wahlkundgebung der "Allianz für Deutschland", auf der sich auch die Vorsitzenden der Parteien dieses Wahlbündnisses, Schnur (Demokratischer Aufbruch), Ebeling (DSU) und de Maizière (CDU), an die Elbestädter wenden.

In Karl-Marx-Stadt erklärt der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt auf einer Pressekonferenz, Kohl habe sein in Dresden angekündigtes Sofortprogramm zur DDR-Unterstützung nicht verwirklicht.

Jugend-Demo in Frankfurt/Oder am 6. 3. 1990 für eigenständige DDR in einer deutschen Konföderation. Zirka 2 000 Teilnehmer versammelten sich schon zum vierten Mal unter zahlreichen DDR-Fahnen und Rufen wie "DDR - unser Vaterland" zur Demonstration. Am Tag zuvor war es zu Auseinandersetzungen zwischen linken Jugendlichen und Leuten der Allianz für Deutschland gekommen.

Die nächste linke Jugend-Demo findet in Frankfurt am 14. 3. 1990 um 19.00 Uhr statt.

Zu einer Demonstration vor der Volkskammer heute um 17 Uhr hat die Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands aufgerufen. Der Protest ist gegen den Gesetzentwurf für die Privatisierung von VEB gerichtet, der am 6. und 7. März behandelt werden soll. Die Organisatoren der Kundgebung wenden sich gegen alle Versuche, die volkseigenen Betriebe auszuverkaufen, so gegen die Regierungsverordnung für die Umwandlung der staatlichen Betriebe in Kapitalgesellschaften mit Aktienbeteiligung.

"Warum sollen wir das aufgeben, wofür derzeit drüben die 'Kitas' (Kindertagesstätten) streiken? Unseren Kindern soll der Schulhort, die ganztägige Unterbringung in Kindergärten und Krippen erhalten bleiben!"

Das forderten gestern Nachmittag auf dem Alex einige hundert Lehrer, Horterzieher, Kindergärtnerinnen und Angehörige der Schulverwaltung.

Aufgerufen zu der Demonstration hatten die Gewerkschaft Unterricht und Erziehung sowie der erst kürzlich ins Leben gerufene Landesverband der Pädagogen, um den Abbau von Sozialleistungen in der Volksbildung zu verhindern.

So brachten die Demonstranten gestern vor allem ihre persönlichen Ängste angesichts der Diskussion um die deutsche Einigung zum Ausdruck: Werden die Fachschulabschlüsse von Unterstufenlehrern und Hortnerinnen auch in der BRD anerkannt, Beschäftigte des Bildungswesens nach einer Währungsunion ebenso entlohnt wie ihre westdeutschen "Kollegen"? Wird die Altersversorgung erhalten bleiben, ein Kündigungsschutz nach zehnjähriger Dienstzeit gewährleistet?

Klare Aussagen forderte Norbert Siegel. Vorsitzender des Landesverbandes der Pädagogen, dazu von den Parteien in der DDR und der Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik.

Hunderte Lehrer und Erzieher demonstrierten gestern Nachmittag auf dem Alexanderplatz für ihre sozialen Rechte und den Anspruch auf Mitwirkung bei einer Bildungsreform. Auf der gemeinsam von der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung und dem am 12. Februar gegründeten Landesverband Berlin des Allgemeinen Verbands der Pädagogen e. V. organisierten Veranstaltung forderten die Teilnehmer von den DDR-Parteien und der Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik u. a. die Sicherung der Kindereinrichtungen, die Garantie der Anerkennung pädagogischer Abschlüsse in der DDR, Kündigungsschutz nach zehnjähriger Dienstzeit und geeignete Vorruhestandsregelungen.

Sollte das Bildungsministerium darauf nicht umgehend reagieren, wurde für den 14. März ein zweistündiger Lehrer-Warnstreik in Marzahn angekündigt, der ggf. am 16. März zu einem Berliner Schulstreik ausgeweitet werden kann.

Mi. 07.03.
Gegen Neofaschismus wird in Karl-Marx-Stadt demonstriert.

Do. 08.03.
Frauentag auf neue Art war angesagt, als gestern einige hundert Kinder mit ihren Eltern den Berliner Kollwitzplatz im Stadtbezirk Prenzlauer Berg bevölkerten. Der beliebte Spielplatz im Kiez um Husemann-, Ryke- und Kollwitzstraße war Treffpunkt für eine vom Unabhängigen Frauenverband (UFV), dem DFD und dem FDGB angeregten Demonstration zum Erhalt von Frauenrechten, Chancengleichheit von Frau und Mann sowie eine sichere Zukunft der Kinder. Mit Wunderkerzen und Laternen in den Händen - klappernd, rasselnd und pfeifend - bewegte sich der bunte Zug in Richtung Luxemburgplatz zu einer für 18 Uhr geplanten Kundgebung.

Anschließend trafen sich Teilnehmer der Aktion zu einem Haering im Rosa-Luxemburg-Haus am Spittelmarkt, bei dem Politiker ihre Programme und Vorstellungen zu einer künftigen Frauen- und Familienpolitik darlegten.

Kundgebung zum Internationalen Frauentag auf dem Berliner Rosa-Luxemburg-Platz

Fr. 09.03.
Wahlkampfkundgebungen finden in verschieden Städten statt. Hans-Dietrich Genscher (F.D.P.) tritt in Cottbus auf, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper (SPD), bei Wahlkampfveranstaltungen in Halle und Wittenberg, während Helmut Kohl (CDU) in Rostock spricht.

Sa. 10.03.
Für die Durchführung eines Volksentscheids eines über eine neue Verfassung am 17. Juni plädierte Klaus Wolfram vom Neuen Forum (NF) aus Berlin auf einer Veranstaltung des Bündnis 90 (NF/DJ/IFM) am Sonnabendnachmittag auf dem Magdeburger Domplatz. Ein entsprechender Antrag werde am Montag dem Zentralen Runden Tisch in Berlin gestellt. Der Entwurf soll bis Juni öffentlich diskutiert werden.

Bereits am Sonnabend hatten linke Parteien und Bewegungen auf dem Alexanderplatz zu einem Volksfest eingeladen. An Informationsständen und auf Plakaten warnten sie vor einem übereilten Zusammenschluss beider deutscher Staaten. Die Rockband "Die Kader", Liedermacher Frank Pohl und die Kreuzberger Jazzband "second hand" sorgten für gute Stimmung.
(Berliner Zeitung, Mo. 12.03.1990)

Einladung zum Fest der PDS am 10.03.1990 in Berlin

Die Alternative Jugendliste, die Grüne Liga und die Grüne Partei rufen in Magdeburg zur ersten Fahrraddemonstration auf.

Erklärung des Runden Tisches der Jugend

(Junge Welt, Fr. 09.03.1990)

So. 11.03.
Gegen den bedingungslosen Anschluss der DDR an die BRD und für den Erhalt des sozialen Bestandes und Vermögens sprechen sich bei Wahlveranstaltungen Dr. Günther Maleuda (DBD), Manfred Flegel (NDPD) und Gregor Gysi (PDS) aus.

Gegen den "Schmutzwahlkampf" von CDU und CSU in der DDR protestiert Bundesgeschäftsführerin Anke Fuchs in Görlitz.

Für die Einheit aller linken Kräfte, gegen DDR-Ausverkauf sprachen sich am Sonntag im Zentrum von Karl-Marx-Stadt auf einer Wahlkundgebung Vertreter der Vereinigten Linken, der KPD, der Alternativen Jugendliste, der PDS und der NELKEN aus. Vor dem Karl-Marx-Monument zeigten die Teilnehmer rote und DDR-Fahnen sowie Plakate mit Gysi- und Modrow-Porträts.

Gegen "Deutschland, Deutschland über alles" und die Losung "Freiheit statt Sozialismus" wandte sich beispielsweise Dr. Werner Rössel von der KPD.

Atomkraftgegner aus beiden deutschen Staaten vereinten sich vor der Stendaler KKW-Baustelle zur ersten Anti- AKW-Demonstration in der DDR. Dem Aufruf der Grünen Partei waren etwa 6 000 Menschen gefolgt, die von dem in der Nähe gelegenen Dalchau aus friedlich vor die Baustelle zogen. Viele Demonstranten, zumeist westdeutsche, suchten mit Arbeitern das Gespräch über den Sinn oder Unsinn von Atomenergie.

Ingrid Fröhlich vom Neuen Forum forderte den sofortigen Baustopp. Die jahrzehntelange Politik der Verharmlosung habe aus der DDR beim Umweltschutz ein Entwicklungsland gemacht. Deshalb wollten Siemens und andere BRD-Betriebe in der DDR neue KKW bauen, um Höchstgewinne zu erzielen - KKW, die längst veraltet seien und in der BRD nicht mehr gebaut werden dürften. Das Geld sollte besser für umweltbewusste Produktionsmittel eingesetzt werden.

In einem Telegramm an die Teilnehmer brachte DDR-Minister Sebastian Pflugbeil seine Freude darüber zum Ausdruck, dass sich die Vernunft beginne durchzusetzen.

Zu einem kurzen Zwischenfall kam es bei einem Durchbruch von zum Teil bundesdeutschen Vermummten durch den Zaun auf die Baustelle. Nach Auskunft der Volkspolizei habe sich die Sicherheitspartnerschaft mit der Grünen Partei bewährt.

Zu einer Fahrraddemonstration hat die Grüne Partei in Magdeburg aufgerufen. Fahrraddemonstrationen gibt es in Karl-Marx-Stadt, in Forst, dort wird gefordert, den Tagebau zu schließen und in Stendal, dort führt der Fahrradkorso zum Kernkraftwerk.

Mo. 12.03.
Die als letzte angekündigte Leipziger Montagsdemonstration vereinte noch einmal Zehntausende. Anhänger aller politischen Richtungen warben für die unterschiedlichsten Ziele und Wahlprogramme. Mit dem Ruf "Keine Gewalt!" sei die Revolution in Gang gebracht worden. Superintendent Magirius appellierte, das gemeinsam Begonnene auch gemeinsam fortzusetzen. Allerdings gab es gestern auch Aktionen neonazistischer Gruppen. Nur noch wenige tausend marschierten im Anschluss an die Kundgebung auf dem Ring um die Leipziger Innenstadt.

Demonstrationen und Kundgebungen finden in Dresden, Heiligenstadt, Hildburghausen, Magdeburg, Hoyerswerda, Schwarzenberg, Waren, Werdau, Zittau und Zwickau statt.

Auf der montäglich stattfinden Demonstration in Wismar wird die Auflösung der Stadtverordnetenversammlung gefordert.

Der Thüringer Landesvorsitzende des Demokratischen Aufbruch, Schulz, behauptet vor 2 000 in Erfurt Versammelten, die Vorwürfe gegen seinen Parteichef Schnur seien von der Stasi lanciert. Genauso, so Schulz, hätten sie z. B. Goethe eine Akte verpassen können. Auf dieser Kundgebung spricht auch Dr. Walter Wallmann (CDU), der hessische Ministerpräsident.

PDS-Chef Gysi tritt in Berlin für kostenlose Bildung und neue Formen der Begabtenförderung ein. Er spricht sich für vielfältige Schulformen, die jeweils die beste Entwicklung ermöglichen, aus.

Schließlich präsentiert sich am Frankfurter Tor in Berlin die Grüne Partei, Mitglieder verteilen Flugblätter und Plakate, die, wie betont wird, ohne westliche Hilfe entstanden. Die Mitgliedsstärke seiner Partei schätzt Hansel, Geschäftsführer, auf 6 000 bis 9 000, Tendenz steigend.

Di. 13.03.
Demonstrationen und Kundgebungen gibt es in Bad Frankenhausen, Karl-Marx-Stadt, Leinefelde, Neuruppin, Nordhausen, Stollberg und Zebst.

Die Währungsumstellung müsse noch in diesem Jahr, noch vor dem Sommer kommen und bedürfe keiner staatlichen Einheit, erklärt Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) vor etwa 50 000 Versammelten in Leipzig.

Beim Aktionstag der SPD-Berlin stellen sich Hans-Jochen Vogel, Walter Momper, Egon Bahr, Horst Ehmke und Johannes Rau gemeinsam mit Vertretern der SPD der DDR den potentiellen Wählern.

Seine Partei wolle mit ganzer Kraft für die Rechte der DDR-Bürger streiten, betont Gregor Gysi in Freiberg. Bei einer Vereinigung nach Grundgesetz Artikel 23Artikel 23 des BRD-Grundgesetzes gingen jedoch viele Rechte der Einwohner der Republik verloren. Erstmals greift Hans Modrow in den Wahlkampf ein. Er spricht vor 50 000 Zuhörern in Neubrandenburg.

In Halle, einer Station der gemeinsamen Wahlkarawane von Grüner Partei und UFV durch 22 Städte der DDR, fordert Henry Schramm von der Grünen Partei dazu auf, den großen Parteien auf die Finger zu schauen, damit sie nach dem 18. März ihre Wahlversprechen halten.

Für einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach Artikel 23 des Grundgesetzes warb eine Wahlkundgebung der Allianz für Deutschland mit Bundeskanzler Helmut Kohl in der Cottbuser Innenstadt.

Die Währungsumstellung müsse noch in diesem Jahr, noch vor, dem Sommer kommen und bedürfe keiner staatlichen Einheit, erklärte Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) vor etwa 50 000 in Leipzig.

Die Bundesrepublik ist auch bereit, beim Start eines modernen und sozialen Rentensystems rasche Hilfe zu geben, versicherte vor 120 000 Menschen der Vorsitzende der CDU der Bundesrepublik und Bundeskanzler Helmut Kohl auf einer Veranstaltung der "Allianz für Deutschland" auf dem Cottbuser Oberkirchplatz. Seine Rede wurde immer wieder unterbrochen von den begeisterten Rufen "Helmut, Helmut ..." der Anwesenden.

Kein Kleinsparer brauche sich um sein Sparguthaben zu sorgen, es werde im Verhältnis 1:1 umgetauscht. Unter großem Beifall verwies Kohl darauf, dass am Sonntag die Menschen in der DDR zum ersten Mal Gelegenheit haben, selbst zu bestimmen, wer ihre Interessen in der Volkskammer vertritt. In der Bundesrepublik warten rund 3 000 Unternehmen unterschiedlicher Größe, um mitzuhelfen, die marode Wirtschaft dieses Teils Deutschlands aufzubauen. Die Erneuerung der Wirtschaft hätte schon im Februar beginnen können, wenn die Regierung Modrow nicht bei der Schaffung nötiger Rahmenbedingungen zögerlich gewesen wäre Gleichzeitig gestand er Fehler bei der Entwicklung der Bundesrepublik ein, die es gilt, in der DDR nicht zu wiederholen. Gleich von Beginn an sollte ein ausgewogenes Verhältnis von Ökologie und Ökonomie gefunden werden.

Auf der gleichen Veranstaltung unterstrich der Vorsitzende der CDU der DDR, Lothar de Maizière, dass die gleichen, die uns in 40 Jahren in den Bankrott geführt haben, nun versuchen, die Menschen erneut in die Irre zu leiten. Mit der Entfachung der Diskussion um die Paragraphen 23 und Grundgesetz Artikel 146146 soll die Einheit der Nation verhindert werden.

Der Generalsekretär des Demokratischen Aufbruch, Oskar Wutzke, forderte, alles zu unternehmen, damit die Angst aus den Herzen der Menschen verbannt werde. "40 Jahre Sozialismus sind genug - wir wollen keine Experimente mehr." Hans-Wilhelm Ebeling, Vorsitzender der DSU, sagte, die Bundesbürger konnten von den DDR-Bürgern lernen, dass zu Europa auch die Menschen hinter der Oder gehören. Ein vereintes Deutschland wendet sich nach seinem Willen sowohl dem Westen wie dem Osten zu.

In der DDR besteht nach Ansicht des CSU-Vorsitzenden Theo Waigel der Boden für ein Wirtschaftswunder, wie es das seit 1949 in Deutschland nicht gab. Das betonte der BRD-Finanzminister auf einer Wahlkundgebung der Deutschen Sozialen Union (DSU) in Neubrandenburg. Voraussetzung sei, dass die demokratisch gewählte Regierung der DDR nach dem 18. März möglichst schnell zu Entscheidungen in Richtung sozialer Marktwirtschaft komme. Waigel kündigte an, bei einer Währungsunion brauchten die Sparer in der DDR keine Angst zu haben. Er plädierte für eine "Stichtagsregelung, damit Spekulanten leer ausgehen".

Mi. 14.03.
Mit den Worten "Nie wieder SED, nie wieder PDS und nie wieder Sozialismus" fasste der Vorsitzende der DSU, Hans-Wilhelm Ebeling, gestern auf der Leipziger Kundgebung der Allianz für Deutschland das Anliegen seiner Partei zusammen.

Im Anschluss an eine Kundgebung der Allianz für Deutschland kam es am Mittwoch kurz nach 19.00 Uhr auf dem Gelände der Leipziger Karl-Marx-Universität (KMU) zu tätlichen Auseinandersetzungen. Nach vorläufigen Angaben der Polizei wurden drei Personen verletzt, darunter eine Schwangere. Augenzeugen setzten die Zahl der Verletzten höher an. Die Schnelle Medizinische Hilfe wurde eingesetzt.

Studenten, die sich vor Ort befanden, schilderten, dass Kundgebungsteilnehmer das Dach des Studentenklubs Moritzbastei stürmten und Gegner der deutschen Einheit jagten. Eine DDR-Fahne wurde verbrannt. Danach versuchten etwa 150 Randalierer, gewaltsam in die KMU-Studenten-Mensa einzudringen, um gegen dort vermutete Teilnehmer einer Gegendemonstration vorzugehen. Mensagäste sprachen von einer Hatz, die von dem Ruf "Rote raus" begleitet war und erst nach einer-halben Stunde durch die Polizei beendet wurde.

Augenzeugenbericht eines Studenten
"Helmut, Helmut...", die Jubelrufe am Mittwochabend waren kaum verstummt, die Augen noch feucht ob der rührseligen Worte des Herrn Bundeskanzlers zu "Einigkeit und Recht und Freiheit", da begann die Jagd, "ein paar Rote auf mischen", Freizeitsport für Leipzigs Rechtsradikale. Im Sturm-Abteilungsstil wurde die Studentenmensa der Karl-Marx-Universität überfallen. Nach der Kundgebung zogen etwa 150, vorwiegend jugendliche Randalierer zum Studentenklub Moritzbastei und verbrannten johlend eine DDR-Fahne.

Mit einem steinernen Papierkorb wurden die Mensatüren eingeschlagen. Rufe: "Rot Front verrecke" und "Ausländer raus". Geradezu erschreckend, aber leider nicht neu, die Unfähigkeit der Polizei. Aufgebrachten Studenten, besonders ausländischen Kommilitonen gegenüber, antworteten Polizeioffiziere nur schulterzuckend.

Halle. Vielen Fragen der Bürger des Bezirkes Halle, einem an ökonomischen und sozialen Konflikten besonders reichen Territorium, stellte sich gestern PDS-Vorsitzender Gregor Gysi. "Umweltprobleme lassen sich nur lösen, wenn gleichzeitig soziale Probleme angefasst werden. Nur für wenige Betriebe der DDR gibt es keine Chance", erklärte Gregor Gysi. Auf Fragen nach den Prozenten der PDS bei den Wahlen und möglichen Koalitionen antwortete der PDS-Vorsitzende: "Die Zeit, wo wir die Wahlergebnisse vorher kannten, ist vorbei. Ich glaube aber auch an keine bisher veröffentlichten Umfrageergebnisse."

Auf dem Berliner Alexanderplatz, wo sich Kandidaten der SPD den Fragen einer kleinen Zuhörerschaft stellten, rief auch der Westberliner SPD-Chef Walter Momper zur Wahl von Liste 20 auf. Zum Prozess der deutschen Einigung angesprochen sagte er, die DDR müsse ihre Interessen definieren und diese in eine neue Verfassung oder ein überarbeitetes Grundgesetz einbringen. Gestern sind erste internationale Wahlbeobachter in Berlin eingetroffen - zehn Abgeordnete des Europarates.

Bei einer Kundgebung in Berlin (West) wandten sich gestern Hunderte Westberliner und DDR-Bürger gegen eine bedingungslose Einverleibung der DDR durch die Bundesrepublik. Torsten Schramm von der "Bürgerinitiative grenzenloses Unbehagen" aus Berlin (West) sprach auf dem Breitscheidplatz von einem entwürdigenden Umgang mit der DDR.

Ingrid Köppe (Neues Forum) wandte sich dagegen, dass die DDR zur Kopie der Bundesrepublik werde. Für den Unabhängigen Frauenverband kritisierte Ina Merkel die "Souffleure und Regisseure der Wahlkampfoper" in der DDR, durch die Eigenständiges in Kultur und Lebensweise der DDR-Bürger missachtet werde.

Unter der Parole, "Wir sind doch auch das Volk", demonstrieren Soldaten der NVA vor der Neuen Wache in Berlin Unter den Linden, für bessere Bedingungen und die Verkürzung des Wehrdienstes.

Do. 15.03.
Vor dem Gebäude des Ministerrats in Berlin demonstrieren mehr als 1 000 Abiturienten gegen die in diesen Tagen erhaltene Ablehnung ihrer Studienbewerbung.

Mehrere hundert Studenten der Pädagogischen Hochschule Potsdam demonstrierten am Donnerstagnachmittag für mehr Mitbestimmung bei der künftigen Entwicklung der Hochschule. Redner kritisierten die Vorstellungen des Rektors zur Bildung einer brandenburgischen Universität und und zur Zusammensetzung eines geplanten Konvents. Sie forderten mehr Vertreter der Studentenschaft in diesem Gremium. Auf Kritik stieß die Absicht des Rektors, zwecks sinnvoller Auslastung der Lehrkräfte künftig mehr Studenten zu immatrikulieren. Schon jetzt seien die Wohnheime überbelegt.

In Guben demonstrieren Bauern.

Vor dem Gebäude des Ministerrats in Berlin demonstrieren mehr als 1 000 Abiturienten gegen die in diesen Tagen erhaltene Ablehnung ihrer Studienbewerbung.

Nicht in den Unterricht sondern vor den Ministerrat zogen gestern am frühen Morgen Berliner EOS-Schüler, au (im Bündnis mit der Alternativen Jugendliste, der Allgemeinen Lehrlingsinitiative und dem Deutschen Regenbogen) nachdrücklich auf Ihre Sorgen aufmerksam zu machen: 8 000 Abiturienten werden ab September auf der Straße liegen; Hunderte Lehrlinge nicht in Arbeitsrechtsverhältnisse übernommen . . . Welche Zukunft haben sie, hier, bei uns? Wie nimmt eine neue Regierung sich ihrer an?

Fr. 16.03.
Die Mülldeponie in Dankritz wird besetzt.

Die Bürgerinitiative Kreis Auerbach ruft zu einer Kundgebung auf.

Der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt tritt auf einer Wahlkundgebung in Wismar auf.

BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (F.D.P.) spricht auf einer Wahlkampfkundgebung in Leipzig.

Sa. 17.03.
Letzte Demonstration in Plauen.

Mo. 19.03.
"Berlin bleibt links" hieß es auf einem Spruchband, mit dem am Montag Hunderte junge Leute aus dem Ost- und dem Westteil Berlins vom Alexanderplatz aus durch die Innenstadt zogen. "Nie wieder Deutschland" und "Wir wollen keine Einheit" riefen die Jugendlichen immer wieder. Über Lautsprecher begleiteten den Zug Lieder von BRD-Rockmusiker Rio Reiser und von dem großen proletarischen Sänger Ernst Busch.

Di. 20.03.
Die Einwohner der Gemeinde zwischen Großem und Kleinem Jasmunder Bodden protestierten mit ihrer ungewöhnlichen, polizeilich angemeldeten Aktion gegen den im Februar aus umweltpolitischen Gründen vom Bergener Kreistag verhängten Baustopp für ein Seeleute-Freizeitzentrum der Deutfracht/Seereederei.

Das Hotel, das ursprünglich 1992 mit Bettenhaus, Versorgungstrakt und Strandcafé eröffnet werden sollte, könne nach Auffassung der Demonstranten auch Vorteile für ihre Gemeinde bieten, auf die man nicht verzichten will.

Do. 22.03.
Auf einer Kundgebung vor dem Rostocker Rathaus wird der Rücktritt des Stadtschulrates und des Oberbürgermeisters gefordert.

Fr. 23.03.
In Trauerkleidung mitgeführtem Sarg und DDR-Fahne "beerdigen" Jugendliche in einem Trauerzug vom Puschkinplatz zum Neustädtischen Markt in Brandenburg (Havel) die Revolution.

Sa. 24.03.
Eltern und Kinder demonstrieren in Leipzig.

Mo. 26.03.
Für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und gegen Privatisierung kommunalen Eigentums demonstrierten am Montag vor dem Roten Rathaus Hunderte Mitarbeiter der elf VEB Kommunale Wohnungsverwaltungen Berlins. Mit Losungen wie "Wohnungspolitik für das Volk" sowie einem Hub- und Pfeifkonzert unterstützen sie den Protest ihrer Kollegen aus Berlin-Mitte, dessen Runder Tisch angeblich die weitere Existenz der KWV in Frage gestellt hatte - was inzwischen dementiert wurde.

Eine Stellungnahme forderte im Namen seiner 1 065 Belegschaftsmitglieder der KWV-Direktor von Mitte, Siegfried Peters. "Wir wollen wissen, ob der Magistrat das Nikolai-Viertel oder die Otto-Grotewohl-Straße verhökern will", sagte er vor den Demonstranten.

"Bürgermeister raus und "Aufmachen!" schallte es dann bis zum Alex. Der OB schickte als Vertreter seinen Stellvertreter für Wohnungspolitik, dessen Beschwichtigungsversuche jedoch in Buhrufen untergingen.

Betriebsrat Ramon Mende von der KWV Mitte wollte per LKW-Hubarm ins Rathaus einschweben, fand aber nirgendwo geöffnete Fenster oder Balkontüren. Schließlich trat OB Dr. Christian Hartenhauer vor die KWV-Mitarbeiter und versicherte, dass kommunales Eigentum erhalten werde.

Do. 29.03.
Einige zehntausend Menschen kamen gestern zu Demonstrationen in mehreren Städten, um eine sofortige Überprüfung der Volkskammerabgeordneten auf ihre eventuelle Stasi-Vergangenheit zu fordern. Im Berliner Demonstrationszug von der Weltzeituhr zur Volkskammer waren Transparente wie "Gegen erpressbare Abgeordnete" bis zum bitteren Spruch "Sie lieben uns immer noch" zu finden.

In der emotionsgeladenen Atmosphäre der Kundgebung am Palast der Republik, zu der das Neue Forum aufgerufen hatte, wurden immer wieder Rufe laut wie "Stasi raus", oder es erklang das abgewandelte Kinderlied "In der Kammer, in der Kammer sitzt 'ne kleine Wanze...". Dabei die Sorge um ein Parlament ausdrückend, das mit einer derartigen Hypothek belastet nicht vertrauenswürdig und arbeitsfähig wäre.

Es sei verhängnisvoll, so Werner Schulz vom Neuen Forum, wenn die Staatsanwaltschaft eine Überprüfung aller Abgeordneten als verfassungswidrig erkläre. Er verlas einen "Offenen Brief der Volkskammerfraktion Bündnis 90 Grüne" an alle im Parlament vertretenen Parteien, sich der Überprüfung ihrer Akten zu stellen. Wolfgang Templin von der Initiative Frieden und Menschenrechte betonte eindringlich, es ginge jetzt darum, ob im Lande eine Demokratie durchgesetzt werden könne oder nicht. Deutlich sprachen sich verschiedene Redner dagegen aus, Rache oder Vergeltung gegen ehemalige Stasi-Mitarbeiter zu schüren.

In Leipzig hat unterdessen das Bürgerkomitee "Runde Ecke", das sich mit der MfS-Auflösung beschäftigt, zur Teilnahme an einer Demonstration am kommenden Donnerstag ab 17.00 Uhr im Zentrum der Messestadt aufgerufen.

Mit dem Satz "Denn wir sind immer noch das Volk" wird gefordert, der Verdacht früherer Stasi-Mitarbeit von Abgeordneten müsse geklärt werden. Das Land brauche endlich eine integre, über alle Zweifel erhabene Regierung.

Weitere Demonstrationen fanden in Halle, Jena, Karl-Marx-Stadt, Suhl und Erfurt statt.


Alle Angaben sind Auszüge aus den Chronikseiten März 1990 www.ddr89.de. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Die Teilnehmerzahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Niemand war in der Lage sie zu zählen.

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