01.03. Bildung der Treuhandanstalt
05.03. Der Zentrale Runde Tisch verabschiedet eine Sozialcharta
06.03. DDR-Regierungsdelegation trifft in Moskau ein
07.03. Letzte Sitzung der Volkskammer
08.03. Der Ministerrat beschließt eine Bankenreform
08.03. Die Inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit werden regierungsoffiziell entpflichtet
11.03. Wahlparteitag des Demokratischen Aufbruch
12.03. Letzte Sitzung des Zentralen Runden Tisch in Berlin
13.03. Die gemeinsame Expertenkommission von DDR und BRD über die Schaffung einer Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft verabschiedet einen Zwischenbericht
14.03. An den Ministerrat wird der Antrag gestellt, das Büromaschinenwerk Sömmerda nach dem "Sömmerdaer Modell" umstrukturieren zu dürfen.
14.03. Erstes Zwei-plus-Vier-Treffen unterhalb der Außenministerebene
18.03. Wahl der Volkskammer
28.03. Die NDPD tritt kooperativ dem Bund Freier Demokraten - Die Liberalen bei
Fr. 2. März 1990
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grün-lila Wahlkarawane
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Berlin. BZ - Birgit Ulrich Eine grün-lila Wahlkarawane mit entsprechend farbigen Barkassen und Bussen rollt vom 3. bis zum 14. März durch 22 Städte unseres Landes.
Das Wahlbündnis von Unabhängigem Frauenverband und Grüner Partei wird sich auf diese Art mit seinem Programm und seinen Kandidatinnen zur Volkskammerwahl vorstellen. Darüber informierte das grün-lila Bündnis gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Die Fahrt geht durch ökologische Krisengebiete wie Halle, Leipzig und Greifswald und "frauenbewegte" Ballungszentren wie Magdeburg und Dresden. Bürgernah, mit viel Musik und Fröhlichkeit wollen die Initiatoren mit dem gemeinsamen Programm des Bündnisses vertraut machen. Die Grüne Partei und der Unabhängige Frauenverband wollen die Umweltzerstörung und die Gefährdung der Gesundheit zügig verringern, das soziale Netz erhalten, reformieren und ausbauen, das Recht auf Erwerbsarbeit als verbrieftes Verfassungsrecht erhalten, eine stärkere Repräsentanz von Frauen in allen Bereichen des Lebens erreichen, die Landwirtschaft ökologisch umgestalten und sich für eine menschenwürdige Umwelt einsetzen, die den spezifischen Bedürfnissen von Behinderten, Kindern, alten Menschen und sozial Benachteiligten in vollem Umfang Rechnung trägt.
Den Abschluss der Wahlkarawane bildet am 14. März ein Treffen von Fahrradfahrern auf dem Berliner Alexanderplatz und ein anschließendes Grün-lila-Wahl-Happening im Zirkuszelt des Zirkus Busch.
Das grün-lila Bündnis protestiert gegen die Absicht Ronald Reagans, sich in den DDR-Wahlkampf einzumischen, und dies unter Brechung des Beschlusses der Wahlkommission, alle Wahlkampfaktivitäten drei Tage vor dem 18. März zu beenden.
(Berliner Zeitung, Fr. 02.03.1990)
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Der deutsch-deutsche Einigungsprozess dürfe nicht einseitig zu Lasten der Frauen gehen
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Der deutsch-deutsche Einigungsprozess dürfe nicht einseitig zu Lasten der Frauen gehen, forderten die Westberliner Senatorin für Frauen, Jugend und Familie. Anne Klein, und die DDR-Ministerin Tatjana Böhm gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Westberlin.
Anne Klein stellte für die BRD und Westberlin fest, "dass die soziale Marktwirtschaft zur Zeit immer mehr Frauen aus der Arbeitswelt herausdrängt oder in Sackgassenberufe abschiebt". Diese Probleme würden durch die steigende Zahl von Übersiedlerinnen und Pendlerinnen, die Schwarzarbeit oder "geringfügige Beschäftigung" zu Billiglöhnen annehmen, verschärft.
Beide Ministerinnen bezeichneten den Einigungsprozess als große Chance, soziale Grundrechte verfassungsmäßig zu verankern. Dazu gehörten das in der DDR garantierte Recht auf Arbeit, das Wohnrecht und die Regelungen zur staatlichen Kinderbetreuung sowie der verlängerte Schwangerschaftsurlaub und die Fristenlösung für den Schwangerschaftsabbruch.
Ministerin Böhm verwies auf den Entwurf einer neuen DDR-Verfassung, die am 17. Juni in einer Volksabstimmung beschlossen und dann in die Einigungsverhandlungen mit der BRD eingebracht werden soll.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
"Wir müssen verhindern, dass das Zusammenwachsen der beiden Deutschen Staaten auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird. Der Einigungsprozess darf nicht im Hauruckverfahren über unsere Köpfe hinweg rollen." Frauensenatorin Anne Klein und Tatjana Böhm, Ministerin ohne Geschäftsbereich der DDR hatten am vergangenen Freitag zur ersten deutsch-deutschen Pressekonferenz in Sachen Frauen- und Sozialpolitik ins Rathaus Schöneberg eingeladen. "Wir sehen in diesem Einigungsprozess aber auch eine große Chance", sagte Anne Klein, "wenn wir eine gemeinsame, neue Verfassung ausarbeiten, in der soziale Grundrechte wie: Das Recht auf Arbeit, das Recht auf Wohnen, das Recht auf KiTa-Plätze und soziale Absicherung verbrieftes Recht werden. Sind doch vor allem Frauen in beiden Wirtschaftssystemen auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt benachteiligt. Auch im Zuge des Umbaus der DDR-Wirtschaft werden es die Frauen sein, die an den heimischen Herd verbannt werden. Und sie sind darauf angewiesen, dass genügend KiTa-Plätze vorhanden sind, wenn sie als berufstätige Frauen auch Mütter sind. Jahrzehntelang hatten die Frauen in der DDR für ihre Kinder einen gesicherten KiTa-Platz. Das muss erhalten werden, forderten die Politikerinnen aus Ost und West." In kürzester Zeit ist die Frauenpolitik in der DDR zu einem Wahlkampfthema geworden, sagte Tatjana Böhm. "Doch den Bürgerinnen werden die Köpfe vernebelt." War Abtreibung bisher kein Thema, was in der DDR öffentlich diskutiert wurde, so wird jetzt das Recht zum Schwangerschaftsabbruch in "eigener Verantwortung", das die Frauen vom Staat geschenkt bekamen, vor altem von den konservativen Kräften Frage gestellt. Und es ist nicht damit zu rechnen, dass der Anschluss der DDR an die BRD in punkto Abtreibung den Frauen einen Fortschritt beschert. Steckt doch die Frauenbewegung der BRD in Sachen § 218 eine Niederlage nach der anderen ein. "Jetzt und zwar sofort müssen die Rechte der Frauen verbrieft werden", forderte Anne Klein. Einen ersten Schritt, um diese Forderungen umzusetzen, wird die Diskussion und die Erarbeitung einer DDR-Sozialcharta sein, um die sozialen Rahmenbedingungen festzuschreiben. Am Montag wird der Runde Tisch in Ost-Berlin darüber verhandeln. Die Politikerinnen wollen, wie Freya Klier es formuliert hat, "keine männlichen Feindbilder" schaffen. Aber die Selbstverantwortung der Frauen - auch für die Gesellschaft - muss endlich beginnen.
m.e.
(die tageszeitung, DDR-Ausgabe, Mo. 05.03.1990)
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Forderung, die Blöcke bis IV des Kernkraftwerkes Greifswald völlig abzuschalten
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Die von Minister Sebastian Pflugbeil am Donnerstag erhobene Forderung, die Blöcke bis IV des Kernkraftwerkes Greifswald völlig abzuschalten, ist sachlich unbegründet. Das erklärte gestern der Leiter der Abteilung Kernkraftwerksbetrieb und nukleare Sicherheit im Ministerium für Schwerindustrie, Jürgen Kraemer. Diese Forderung widerspreche den Einschätzungen der Experten der DDR und der UdSSR. Auch im Zwischenbericht der gemeinsamen Untersuchungen der DDR und BRD kamen die Fachleute nicht zu einer solchen Schlussfolgerung, teilte Kraemer mit.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
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Demonstration gegen latente und sich ausbreitende Ausländerfeindlichkeit
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Gegen latente und sich ausbreitende Ausländerfeindlichkeit demonstrierten gestern Vormittag einige hundert Studenten in der Humboldt-Universität. Anlass waren u. a. die Verbrennung einer Wandzeitung am Mittwochabend und die in Leipzig zusammengeschlagenen ausländischen Studenten.
Pascal Malu aus Guinea-Bissau forderte eine Solidaritätsaktion mit den Leipzigern und regte eine gemeinsame Delegation der Studenten der HUB an. Ein chilenischer Student fragte, ob dem Verbrennen von Wandzeitungen vielleicht auch das Verbrennen von Büchern oder gar Menschen folgen werde. Die Vertreterin des Studentenrates verlangte die Abschaffung diskriminierender Maßnahmen für ausländische Studenten, wie gesonderte Studentenausweise und restriktive Wohnbedingungen.
Auch die unterschwellige Ausländerfeindlichkeit in Lehre und Forschung wurde angeprangert. Sprachprobleme seien keine Denkprobleme. Anne-Kathrin Schäfer vom Sozialistischen Studentenbund rief zur Toleranz von beiden Seiten auf, damit aus normalen kleinen Differenzen kein Hass erwächst. Die ausländischen Studenten sollen ihre Sitten und Gebräuche pflegen können, damit ihnen ein Heimatgefühl erhalten bleibt. Bei einer Ghettoisolierung in Ausländerwohnheimen seien die Studenten stärker als bisher gefährdet.
Ralf Nachtmann
(Berliner Allgemeine, Fr. 02.03.1990)
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Delegiertenkonferenz der IG Druck und Papier
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Die IG Druck und Papier wird eine selbständige, freie und unabhängige Gewerkschaft. Um die dazu nötigen Schritte geht es auf der außerordentlichen zentralen Delegiertenkonferenz der Organisation, die gestern in Berlin eröffnet wurde. Die Delegierten aus den Bereichen der Zellstoff-, Papier- und Verpackungsindustrie, den Verlagen, Druckereien und dem Buchhandel beraten darüber, wie die Gewerkschaft gestärkt werden kann. Erstmals wird auch über eine eigene Satzung und die finanzielle Selbständigkeit der IG abgestimmt. Die Struktur der Gewerkschaft, der gegenwärtig rund 150 000 Mitglieder angehören, soll entsprechend einer künftigen Länderstruktur neu festgelegt werden.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
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Erste Landesverband der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft gebildet
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Leipzig (H. K./Eig. Ber.) Für Sachsen wurde am Freitagabend in der Messestadt der erste Landesverband der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) gebildet. Zu den Gründern gehören Horst Riedel und Werner Fiedler vorn Leipziger Bürgerkomitee. Sie wurden zum Vorsitzenden bzw. ersten Stellvertreter gewählt. Die 100 Gründungsmitglieder bestätigten einen fünfköpfigen Vorstand und verabschiedeten eine Satzung. Beides ist wirksam bis zu einen Kongress noch in diesem, Jahr. Das bisherige Beratungskomitee für den Landesverband erhielt Unterstützung von der DAG in der BRD.
Bereits 3 000 Anhänger der DAG hatten ihre Bereitschaft zugesagt, ihr beizutreten. Sie fühlten sich bisher in ihren Belangen hinten angestellt und durch das Prinzip der Einheitsgewerkschaft im Betrieb nicht vertreten. Noch in dieser Woche will der Vorstand einen Antrag beim FDGB stellen, um neben anderen Einzelgewerkschaft als gleichberechtigtes Organ zum Dachverband zu gehören.
(Tribüne, Mo. 05.03.1990)
Mit der Gründung einer unabhängigen Angestelltengewerkschaft reagieren Angestellte in der DDR auf unzureichenden Reformwillen in den FDGB-Gewerkschaften. Ende letzter Woche wurde in Leipzig für die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig eine Angestelltengewerkschaft, Landesverband Sachsen, gegründet. Vorrangiges Ziel der Gewerkschafter soll der Abbau von Benachteiligungen der Angestellten in den DDR-Betrieben sein (Gehaltsfindung, Besteuerung usw.). Das Gründungskomitee, das unter anderem aus dem Leipziger Bürgerforum hervorgegangen ist, verabschiedete eine vorläufige Satzung und wird einen Gründungsvorstand wählen. Die deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) in der Bundesrepublik begrüßt diese Gründung und unterstützt das Gründungskomitee. Ein DAG-Informationsbüro befindet sich seit Ende Februar in den Räumen des Leipziger Bürgerforums in der Braustraße 17-19.
(Berliner Allgemeine, Di. 06.03.1990)
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Genossenschaftsverband der LPG und GPG gegründet
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Ein Zentraler "Genossenschaftsverband der LPG und GPG" wurde am Freitag in Markkleeberg gegründet. Er versteht sich als selbständige und freiwillige Vereinigung landwirtschaftlicher und will die Interessen der Genossenschaften gegenüber allen Bereichen der Volkswirtschaft insbesondere gegenüber der Landmaschinen- und Vorleistungsindustrie, wahren.
Klare Aussagen und unverzügliche verbindliche Regelungen zum Eigentum an Grund und Boden seitens der Regierung forderte Dr. Edgar Müller. Vorsitzender der LPG Beesenstedt (Saalkreis) in seinem Referat. Vor dem Gründungskongress, an dem Vertreter von mehr als 800 Betrieben aus allen Bezirken teilnahmen, gab er den Bauern In der DDR auch unter den Bedingungen der sozialen Marktwirtschaft eine echte Chance. Sie hätten sich auch unter den komplizierten Bedingungen der zurückliegenden Jahre als fleißig, erfinderisch und zuverlässig erwiesen. Künftig wolle man die Vorzüge des Großbetriebes noch besser und vor allem eigenverantwortlich nutzen. Notwendig sei mehr moderne Technik und Know-how. Die Teilnehmer verabschiedeten eine Willenserklärung, in der unter anderem die Sicherung der Ergebnisse der Bodenreform gefordert wird.
(Neues Deutschland, Sa. 03.03.1990)
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Arbeitslosenverband für die Bezirke Berlin, Frankfurt und Potsdam gegründet
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Wunder versprechen sich viele von der Einführung der Marktwirtschaft. Doch erst einmal zeigt sich die Kehrseite der Medaille - Arbeitslosigkeit. Mancher steht geschockt vor der bisher unbekannten Erscheinung.
Einer derjenigen, die klaren Kopf behalten haben, ist Dr. Klaus Grehn von der Gewerkschaftshochschule Bernau. Maßgeblich initiierte er die Herausbildung eines Arbeitslosenverbandes (ALV), der gestern für die Bezirke Potsdam, Frankfurt (Oder) und Berlin gegründet wurde. Vertreter aus Betrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen trafen sich dazu im Haus des FDGB-Bundesvorstandes. Nach der einführenden Rede Grehns über seine Vorstellungen von Zielen, Aufgaben und dem Statut des Verbandes folgte eine harte Diskussion. Verlangt wurde, die Interessen der Arbeitnehmer noch ausdrücklicher zu fixieren. Eine Statutenkommission soll nun bis zum 31. März einen erweiterten Entwurf erarbeiten. An diesem Tag wird die erste Landeskonferenz des Arbeitslosenverbandes in Berlin stattfinden.
"Es gibt eine Menge Leute", erzählte Klaus Grehn, "die sich engagieren, damit der Verband schnell an Konturen gewinnt, insbesondere die, denen baldige Entlassung droht." Täglich erreichen ihn Briefe. Viele Arbeitslose finden sich schlecht in der neuen Situation zurecht, fühlen sich ausgegrenzt und einsam. Deshalb soll der Verband künftig nicht nur ihre Interessen gegenüber Betrieben und Staat vertreten, sondern auch Kontaktpunkt sein. Die Kommunikations- und Beratungszentren könnten beispielsweise in den Räumen der ehemaligen Nationalen Front entstehen, meint Grehn.
Wichtig sind den ALV-Mitgliedern alternative Arbeitsbeschaffungsprogramme. Gemeint ist der Einstieg in den Arbeitsmarkt all jener Gebiete, für die die Industrie noch" wenig Bedarf und Geld aufbringt. Finanziert werden soll das aus Staatsmitteln, Spenden- Fonds und Förderungsbeiträgen von Organisationen.
Dr. Grehn warnte nachdrücklich vor der Illusion, Marktwirtschaft müsse nicht mit Arbeitslosigkeit verbunden sein. Er rechnet bis Jahresende mit 400 000 bis 500 000 Arbeitslosen in der DDR. Die Lage der Betroffenen bezeichnete er als weitaus dramatischer, als sie in allgemeinen Zahlen ausgedrückt werden könne. Deshalb seien von allen Verantwortung tragenden oder tragen wollenden Parteien konkrete Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gefordert.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
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BDA und BDI richten Informationsstelle DDR ein
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Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) haben im Haus der Wirtschaft in Berlin (West) eine gemeinsame Informationsstelle DDR eingerichtet, die gestern ihre Tätigkeit aufnahm.
Wie die Unternehmerverbände in Bonn informierten, soll die Beratungsstelle insbesondere Firmen aus der BRD Informationen über wirtschafts- und sozialpolitische Fragen zur Verfügung stellen, die mit beabsichtigten Aktivitäten der Unternehmen in dir DDR zusammenhängen.
(Berliner Allgemeine, Fr. 02.03.1990)
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Ein Regionalausschuss mit Vertretern aus Rostock, Schwerin und Neubrandenburg konstituiert sich
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Rostock (ADN). Zur Vorbereitung der Verwaltungsreform im Norden der DDR hat sich am Freitag in Rostock ein Regionalausschuss mit Vertretern aus Rostock, Schwerin und Neubrandenburg konstituiert. Das paritätisch besetzte Gremium von den Runden Tischen der drei Bezirke bestätigt versteht sich als beratendes Organ, dass konkrete Vorschläge zur Einführung der Länderstruktur erarbeitet. Obgleich gesetzliche Grundlagen noch fehlen, erfordere die Zeit Rahmenbedingungen für eine zügige Wirtschaftsreform. Das bedeute auch, passfähige Strukturen zur Verwaltung der Bundesrepublik zu schaffen, was nicht einer pauschalen Angliederung gleichkomme, hieß es während der ersten Zusammenkunft.
(Berliner Allgemeine, Sa. 03.03.1990)
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Außerordentlichen Schriftstellerkongresses der DDR
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Am zweiten Beratungstag des außerordentlichen Schriftstellerkongresses der DDR wurde nach eingehender, zum Teil kontroverser Diskussion, an der sich unter anderen Erich Köhler, Volker Braun, Rainer Kirsch, Wolf Spillner, Joachim Seyppel, Jutta Bartus, Roland Schernikau beteiligten, ein Statut verabschiedet.
Es definiert den Verband als demokratische, eigenständige, überparteiliche, gemeinnützige Organisation. Die Mitgliedschaft, so wurde festgeschrieben, steht allen deutsch- und sorbischsprachigen Autoren und allen im Organisationsgebiet des Verbandes lebenden fremdsprachigen Autoren offen, die die künstlerischen Voraussetzungen für die Aufnahme nachweisen. Mitglied kann nicht werden, "wer faschistisches, rassistisches, stalinistisches oder anderes, die Menschenwürde verletzendes Gedankengut verbreitet".
Am Nachmittag verständigte man sich über Kandidatenvorschläge zum neuen Vorstand. Von 126 benannten Schriftstellern nahmen nur knapp 30 die Kandidatur überhaupt an. Weiter wurden Kandidaten für die Finanzrevisionskommission benannt. Nach vollzogener Wahl sollen am Sonnabend das Ergebnis verkündet und danach der Verbandsvorsitzende und der Ehrenvorsitzende gewählt werden.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
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Entwurf einer Sozialcharta vorgestellt
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Den Entwurf einer Sozialcharta erläuterte Minister Gerd Poppe, Vertreter der Initiative Frieden und Menschenrechte im "Bündnis 90: Bürger für Bürger", dem außerdem das Neue Forum und Demokratie Jetzt angehören, gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin. Wesentliche Eckpunkte dieser Charta, die auf der nächsten Volkskammertagung vorgelegt werden soll, sind die Rechte auf Arbeit, auf Wohnen, auf Aus- und Weiterbildung, auf gesundheitliche Betreuung, auf ein soziales Versicherungssystem. Zu den Weiten der DDR, die bei der Vereinigung beider deutscher Staaten zu erhalten seien, zählte Poppe auch die Gleichstellung der Geschlechter. Garantiert werden müsse die soziale Integration von Behinderten und Rehabilitanden.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
Gerd Poppe betont auf der Pressekonferenz, er gehe von beiderseits notwendigen Reformen aus.
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Kleingärtnervereinigungen in Berlin-Ost und -West arbeiten zusammen
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Die Vorstände der Kleingärtnervereinigungen in Berlin-Ost und -West haben die Bildung eines paritätischen Regionalausschusses vereinbart. Bei einem Treffen zwischen dem VKSK-Bezirksvorsitzenden Dr. Klaus-Dieter Hentschel und dem 1. Vorsitzenden des Landesverbandes Westberlin der Gartenfreunde e. V., Jürgen Hurt, wurden weitgehend übereinstimmende Interessen festgestellt.
"Wir müssen handeln, damit in ganz Berlin das Kleingartengelände erhalten bleibt", sagte Hurt. Der VKSK-Vorsitzende machte auf den angekündigten Bauboom und damit verbundene Bodenspekulationen aufmerksam. Daher sei es immer mehr vorrangige Aufgabe der Vorstände aller Ebenen, in einer Solidargemeinschaft konsequenter Interessenvertreter für die Rechte der Mitglieder zu sein.
(Berliner Zeitung, Fr. 02.03.1990)
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CDU zur Umwandlung volkseigener Betriebe und Kombinate
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Der Vorsitzende der CDU, Lothar de Maizière, und der Kandidat für das Amt des Wirtschaftsministers Elmar Pieroth haben gegenüber der Presse erklärt, dass der Gesetzen zur Umwandlung volkseigener Betriebe und Kombinate nur als Übergangsregelung akzeptabel sei. Als Dauerlösung wäre die Zusammenfassung in einer Anstalt für treuhänderische Verwaltung ein Irrweg.
Dabei bleibe das industrielle Vermögen so konzentriert, dass sich eher die bisherige Machtwirtschaft fortsetze als eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft entwickle. Auf ein zentrales Kommando könne zur vollen Planwirtschaft zurückgeschaltet werden. Das umständliche, bürokratische und legislative Verfahren zum Kapitalerwerb stelle eine starke Bremse für private Investitionen dar. Der größte Teil der Volkswirtschaft werde deshalb ineffizient bleiben, mit veralteten und schlecht bezahlten Arbeitsplätzen.
De Maizière und Pieroth schlagen ihrerseits ein Programm zur Schaffung von 4 Millionen zusätzlichen und zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen vor. Diese würden anteilsmäßig genauso wie in der Bundesrepublik entstehen, wenn für Verbraucher und Produzenten die gleichen Wirtschaftsverhältnisse ermöglicht werden.
Die beiden Politiker rechnen bei konsequenter Einführung der Sozialen Marktwirtschaft mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von bis 10 Prozent. Allein Handwerk, kleine und mittlere Baubetriebe sowie neue Dienstleistungsbetriebe brächten mindestens 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze. Hinzu kommen Arbeitsplätze im Einzelhandel, in den freien Berufen, in Gastronomie und im Freizeitbereich, in Banken und Versicherungen von mindestens 1,5 Millionen.
Die CDU wolle eine volle Umwandlung der VEB und Kombinate in private Kapitalgesellschaften unter einer angemessenen Beteiligung der Arbeitnehmer durch Belegschaftsanteile bis zu 49 Prozent. Als Investitionsanreiz schlägt die CDU Abschreibungen und Steuererleichterungen ähnlich den jetzigen Regelungen im Berlinförderungs-Gesetz und der Zonenrandförderung für einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren vor.
Der außergewöhnliche Mangel an Gewerberaum mache ein Sonderprogramm zur Förderung von Gewerbebauten auch auf regionaler und kommunaler Ebene notwendig. Die Genehmigung zur Betriebsgründung helfe nichts, wenn die erforderlichen Räumlichkeiten fehlten.
(Neue Zeit, Sa. 03.03.1990)
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Gregor Gysi Gegen eine schnelle Vereinigung der beiden deutschen Staaten
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Gegen eine schnelle Vereinigung der beiden deutschen Staaten sprach sich am Freitag PDS-Vorsitzender Gregor Gysi vor Studenten der Leipziger Karl-Marx-Universität aus. Auf der Wahlveranstaltung betonte er, dass man die beiden Länder nicht "einfach zusammennageln" könne. Das einheitliche Deutschland könne nicht aus einer erneuerten DDR und einer unveränderten BRD bestehen. Er warnte davor, dass die DDR-Bürger zu "Türken" für das bundesdeutsche Kapital herabsinken.
Gysi bekräftigte den der PDS für eine Konföderation mit der stufenweisen Annäherung beider Staaten. Eine sofortige Währungsunion würde nur die Arbeitslosigkeit in der DDR beschleunigen und zu großen sozialen Unsicherheiten führen. Besser sei ein schrittweiser Währungsverbund. Er forderte die Kommissionen, die an diesen Konzepten arbeiten, zur öffentlichen Darlegung ihrer Ergebnisse auf, bevor sie in der Praxis wirksam werden. Gregor Gysi verwies darauf, daß es in einem geeinten Deutschland unbedingt eine starke linke Kraft geben müsse. Während die Leipziger Studenten die Ausführungen Gregor Gysis mit starkem Beifall quittierten kam es auf dem Sachsenplatz bei einer Wahlkundgebung vor mehreren hundert Parteimitgliedern und Sympathisanten auch zu Zwischenrufen durch PDS-Gegner. "Ich freue mich", meinte Gysi, "dass nicht nur Freunde und Anhänger, sondern auch Andersdenkende gekommen sind." Die PDS wolle sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen und für neue Strukturen in der Gesellschaft sorgen, die für jedermann akzeptabel sind. Wir werden in der Volkskammer dafür sorgen, die Interessen der Werktätigen zu vertreten, erklärte der Parteivorsitzende.
(Neues Deutschland, Sa. 03.03.1990)
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Wahlkampfveranstaltung der PDS
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Rote PDS- und DDR-Fahnen flatterten am Freitagabend auf dem Rostocker Universitätsplatz im Wind. Kandidaten der Partei für die Volkskammerwahl stellten sich vor. "Wer sich für die PDS entscheidet, ist für eine eigenständige DDR im europäischen Einigungsprozess, ein europäisches Deutschland, kein deutsches Europa", versicherte der Spitzenkandidat im Bezirk Rostock, Wolfgang Pohl vom Präsidium des Parteivorstandes, den rund 1 000 Teilnehmern.
(Neues Deutschland, Sa. 03.03.1990)
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Werbezeiten im DDR-Hörfunk buchbar
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Bundesdeutsche Unternehmen können dpa zufolge von sofort an Werbezeiten im DDR-Hörfunk buchen. Eine Hamburger Agentur (Radio Marketing Service) habe den Exklusivvertrieb für die Regionalprogramme der Sender Rostock, Schwerin, Magdeburg, Halle, Leipzig, Dresden und Cottbus übernommen, heißt es in einer gestern in Hamburg verbreiteten Mitteilung des Unternehmens.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
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Kraftfahrzeugtechnische Amt wegen starker Einfuhr von Gebrauchtwagen in die DDR überfordert
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DDR-Bürger, die in diesen Tagen in Ost-Berlin eine Betriebserlaubnis für ein Auto aus dem Westen beantragen, müssen bis Mai auf das begehrte Dokument warten. Seit die private Einfuhr von Gebrauchtwagen in die DDR erlaubt ist, sieht sich das Kraftfahrzeugtechnische Amt (KTA) einer Flut von Anträgen gegenüber. Das KTA-Personal sei schlicht überfordert, so seien seit vergangenem Dezember, als die Pkw-Einfuhr liberalisiert wurde, bereits über 10 000 Genehmigungen erteilt worden.
Das Papier gibt es erst, wenn der Besitzer sein West-Auto beim KTA zur technischen Überprüfung vorgeführt hat. Die Betriebserlaubnis ist nötig, um das Auto bei der zuständigen Volkspolizei anmelden zu können.
Der Chef des KTA, Helmut Lange, erklärte, man kooperiere nunmehr zur Entlastung der Lage mit dem Technischen Überwachungsverein (TÜV) der Bundesrepublik. Der TÜV stelle ein technisches Kraftfahrzeug-Gutachten zum Vorzugspreis von 75 D-Mark für DDR-Bürger aus. Dieses Gutachten sei fünf Jahre gültig und gelte als vorläufiger Kraftfahrzeug-Brief, mit dem das Auto in der DDR angemeldet werden könne.
(Neue Zeit, Sa. 03.03.1990)
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NRW-Sozialminister für "Bleibeprämie"
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Der nordrhein-westfälische Sozialminister Hermann Heinemann (SPD) hat zur Eindämmung der Übersiedlerflut aus der DDR vorgeschlagen, eine "Bleibeprämie" an die DDR zu zahlen. In einem Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung "Neue Westfälische" sagte der SPD-Politiker laut dpa, die Menschen in der DDR müssten "das Licht am Ende des Turneis sehen können". Der Bund schaffe für die DDR-Bürger zu wenig Anreize, in ihrem Land zu bleiben. Die bloße Aussicht auf eine Währungsunion reicht noch Ansicht Heinemanns nicht.
(Tribüne, Fr. 02.03.1990)
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SPD-Delegation in der Sowjetunion
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Im allgemeinen, so erklärte der Vorsitzende der DDR-SPD, Ibrahim Böhme, nach seiner Begegnung mit UdSSR-Außenminister Eduard Schewardnadse am Freitag vor Journalisten, habe er bei seinen Gesprächen in Moskau Übereinstimmung in sicherheitspolitischen Fragen feststellen können. Unterschiede habe es bei der Beurteilung ökonomischer Fragen des deutschen Einigungsprozesses gegeben, die von sowjetischer Seite nicht so scharf gesehen würden. Böhme unterstrich, dass seine Partei keine Deutschlandisierung des Europaprozesses, sondern eine Europäisierung des deutschen Einigungsprozesses wolle.
Der Sicherheits- und Abrüstungsexperte der SPD, Dr. Walter Romberg, betonte, es sei an der Zeit, sehr viel intensiver über "eine europäische Wohnungsbaugenossenschaft" nachzudenken. Die Überlegungen der Sowjetunion für ihr Modell künftiger Sicherheitsstrukturen und für ein vereinigtes Deutschland seien noch am Anfang, sagte Romberg weiter. Es gehe jetzt darum, verschiedene Elemente einzubringen, die dann im intensiven Dialog von den verschiedensten Seiten bewegt werden. Dabei seien vielfältige Interessen im Spiel. Bisher müsse man leider feststellen, dass auf der Seite der NATO, und das schließe natürlich die Bundesrepublik ein, die Bereitschaft zu einem Umdenken hin zu neuen militärischen Strukturen bestenfalls in den Anfängen steckt.
(Neues Deutschland, Sa. 03.03.1990)
Eduard Schewardnadse sagte, am meisten beunruhige die UdSSR, dass der Prozess der Vereinigung an Tempo zunimmt. Es müsse alles getan werden, dass der Prozess der Vereinigung synchron mit der Herausbildung europäischer Strukturen, besonders auf sicherheitspolitischem Gebiet, verläuft. Die Einheit sei unvermeidlich.
Die Variante, das vereinigte Deutschland in die NATO aufzunehmen, oder auch das "Geschenk" Genschers, keine Truppen der NATO auf dem Territorium der DDR zu stationieren, nicht durchkommen werde.
Bei einer Forcierung des Vereinigungsprozesses entstehen nicht nur Probleme für die DDR, sondern auch für die BRD. Er habe Helmut Kohl gesagt, die BRD möge auch daran denken, dass die UdSSR der DDR 17 Mio. t Erdöl, 8 Mrd. m3 Erdgas und viele andere Rohstoffe liefere. Diese könne die UdSSR auch auf dem Weltmarkt gegen Valuta verkaufen. Da möge die BRD genau überlegen, was sie tue, zumal die Waren, die aus der DDR importiert werden, nicht konkurrenzfähig seien und daher im Westen nicht abgesetzt werden können.
Die SPD kenne die Geschichte. In Europa wurde immer eine Balance zwischen den Staaten gesucht. Darin war auch Deutschland einbezogen. Man verstehe, dass zum Schaden der UdSSR keine strategische Verschiebung der Kräfte eintreten dürfe. Die Mitgliedschaft eines vereinigten Deutschland in der NATO oder auch die Realisierung des Genscher-Planes würde das Kräfteverhältnis verändern.
Ibrahim Böhme äußerte, die gegenwärtigen Bündnisverpflichtungen können nur über den Mechanismus 4+2 und den KSZE-Prozess gelöst werden. Dazu ist ein notwendiges Kontrollmechanismus zu schaffen.
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Bund der Vertriebenen gegen eine Anerkennung der jetzigen polnischen Westgrenze
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In scharfer Form hat der Bund der Vertriebenen (BdV) die Befürworter einer Anerkennung der jetzigen polnischen Westgrenze in den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP angegriffen. Der BdV-Präsident und CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Czaja warf in dem am Freitag erschienenen Vertriebenenblatt Deutscher Ostdienst Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) fehlenden Rechtsgehorsam" vor und attackierte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und andere Politiker. Der Verzicht auf 104 000 Quadratkilometer deutscher Heimat jenseits von Oder und Neiße werde aber nicht von Dauer sein. Nun beginnen sich unsere kurzsichtigen Wendehälse mit selbstzerstörerischem Eifer, ja mit verklemmter Wut auf die Preisgabe unserer Heimat zu stürzen", schrieb Czaja. Mit "Zerstörungswut oder "blinder Unkenntnis" wollten sie "800 Jahre ostdeutscher Leistung für unser Volk und für Europa hinter sich werfen" und verfälschten dabei Begriffe, Sprache und Tatsachen. Es gehe noch gar nicht um deutsche Gebietsansprüche an Polen, sondern um über Jahrhunderte hinaus zu Deutschland gehörende Gebiete. Diese "politische Treibjagd" werde fatale Folgen für die Deutschen, die Polen und für Europa haben.
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Bundeskanzler verbindet Anerkennung der polnischen Westgrenze mit einem Verzicht Polens auf Reparationszahlungen und mit der vertraglichen Sicherung der Rechte der Deutschen in Polen
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Bonn (ADN/JW) Bundeskanzler Helmut Kohl will die Frage der polnischen Westgrenze mit einem Verzicht Polens auf Reparationszahlungen und mit der vertraglichen Sicherung der Rechte der Deutschen in Polen verbinden. Der stellvertretende Regierungssprecher Dieter Vogel sagte lauf dpa am Freitag vor Journalisten in Bonn, diese beiden Aspekte sollten nach der Vorstellung des Kanzlers in den gleichlautenden Erklärungen enthalten sein, die der Bundestag und die Volkskammer nach der DDR-Wahl zur Frage der Polen-Grenze verabschieden könnten.
Auf der Grundlage einer solchen Entschließung beider Parlamente sollte dann nach den Vorstellungen Kohls ein Vertrag zwischen einer gesamtdeutschen Regierung und der polnischen Regierung ausgehandelt und von einem gesamtdeutschen Parlament ratifiziert werden.
BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher hat erneut bekräftigt, dass eine deutsche Vereinigung nicht hinter dem Rücken der Vier Mächte und der Nachbarn und Partner erfolgen wird. "Wir wollen niemanden vor vollendete Tatsachen stellen", erklärt er in einem am Freitag in Bonn vorab verbreiteten Beitrag für die "Nordsee-Zeitung". Nach Genschers Ansicht müssen die Sicherheitsinteressen der östlichen Nachbarn, vor allem der Sowjetunion berücksichtigt werden.
(Junge Welt, Sa. 03.03.1990)
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Demonstrationen in Polen für eine Teilnahme des Landes an den Verhandlungen über eine Vereinigung Deutschlands
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In mehreren Städten Polens fanden Demonstrationen statt, bei denen eine Teilnahme des Landes an den Verhandlungen über eine Vereinigung Deutschlands gefordert wurde. Laut dpa standen sie unter dem Motto "Nie wieder Jalta" und wurden von der "Konföderation Unabhängiges Polen" organisiert. In Gdansk versicherte der Vorsitzende der Solidarność, Lech Wałęsa, er könne sich nicht vorstellen, dass irgend jemand die polnische Grenze antasten könne. Man müsse jedoch wachsam sein.
(Neues Deutschland, Sa. 03.03.1990)
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Beim Vereinigungsprozess müssen die Interessen der unmittelbaren Nachbarn berücksichtigt werden
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Beim Vereinigungsprozess der beiden deutschen Staaten müssen die Interessen aller europäischen Staaten, besonders aber der unmittelbaren Nachbarn der DDR und der BRD, unbedingt berücksichtigt werden. Diese Auffassung des Kabinetts Modrow bekräftigte am Freitag Regierungssprecher Wolfgang Meyer gegenüber ADN. Die DDR unterstütze in diesem Zusammenhang voll und ganz die legitimen und besonderen Interessen Polens hinsichtlich der Gewährleistung seiner Sicherheit. Die Regierung der DDR tritt daher dafür ein, dass die beiden deutschen Staaten noch vor ihrer Vereinigung die Endgültigkeit und Unantastbarkeit der bestehenden polnischen Westgrenze in verbindlicher Form bekräftigen.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
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Briefe von Hans Modrow an Michail Gorbatschow und Helmut Kohl
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Briefe von Hans Modrow an Michail Gorbatschow und Helmut Kohl
Sehr geehrter Michail Sergejewitsch Gorbatschow!
Die Sorge um die Sicherung eines ausgewogenen und konstruktiven Verlaufs des europäischen Prozesses sowie um ein geordnetes Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten, eingebettet in diesen Prozess, bewegen mich, Ihnen als höchstem Repräsentanten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken beiliegende Erklärung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zu den Eigentumsverhältnissen zu übermitteln.
Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik geht davon aus, dass die Eigentumsordnung der Deutschen Demokratischen Republik, wie sie sich nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone herausgebildet hat, bei Schaffung einer Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Bundesrepublik Deutschland und auch in einem späteren einheitlichen Deutschland nicht in Frage gestellt werden darf.
Ich darf daher die Bitte äußern, dass die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken mit ihren Rechten als Siegermacht des zweiten Weltkrieges in Bezug auf ein späteres Gesamtdeutschland sowie unter Nutzung ihres bedeutenden internationalen Einflusses für die Sicherung der Eigentumsverhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik eintritt.
Es war stets Anliegen der vielseitigen Zusammenarbeit unserer beiden Staaten und Völker, Grundlagen des Hitlerfaschismus zu zerschlagen und insbesondere durch die Schaffung des Volkseigentums sowie genossenschaftlicher Eigentumsformen soziale Errungenschaften für die Menschen in der Deutschen Demokratischen Republik zu gewährleisten und auszubauen.
Ein gemeinsames koordiniertes Auftreten der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zur Erhaltung der bestehenden Eigentumsordnung in der Deutschen Demokratischen Republik könnte im einzelnen durch die Ministerien für Auswärtige Angelegenheiten beider Seiten abgestimmt werden. Dies gilt insbesondere für die vorzubereitende Konferenz der vier Siegermächte mit den beiden deutschen Staaten.
Ich darf in diesem Zusammenhang erwähnen, dass meine Regierung in zunehmendem Maße von großer Sorge erfüllte Fragen vieler Bürger und gesellschaftlicher Organisationen erhält, die Rechtssicherheit fordern und ihre Erwartung äußern, dass vierzig Jahre harter Arbeit zur Schaffung und Mehrung des Volksvermögens der Deutschen Demokratischen Republik nicht umsonst gewesen sein dürfen.
Für eine positive Reaktion und Unterstützung der Deutschen Demokratischen Republik zu diesem aufgeworfenen Fragenkomplex wäre ich Ihnen im Namen des Volkes der Deutschen Demokratischen Republik dankbar.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Ausgehend von unserer gemeinsamen nationalen Verantwortung für die angestrebte Herbeiführung der deutschen Einheit in Übereinstimmung mit den vier Mächten und den europäischen Nachbarländern darf ich Ihnen beiliegende Erklärung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zu den Eigentumsverhältnissen zur Kenntnis geben.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie darüber informieren, dass meine Regierung zunehmend von großer Sorge getragene Fragen von Bürgern, gesellschaftlichen Vereinigungen und Parteien erreichen, in denen Rechtssicherheit zu den Eigentumsverhältnissen in der Deutschen Demokratischen Republik im Zusammenhang mit den aufgenommenen Verhandlungen über eine Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft gefordert wird.
Darüber hinaus scheint es mir nicht nur unter dem Gesichtspunkt des deutschen Einigungsprozesses, sondern auch im Hinblick auf einen weiteren konstruktiven Verlauf der gesamteuropäischen Zusammenarbeit erforderlich, die nach dem zweiten Weltkrieg in der Deutschen Demokratischen Republik entstandene Eigentumsordnung nicht in Frage zu stellen.
Ich darf die Erwartung zum Ausdruck bringen, dass auch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland unter Beachtung aller Umstände und Konsequenzen sowie in dem Bestreben, die Einigung Deutschlands zu fördern, sich diesem Standpunkt anschließt und ihn in den weiteren Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten mit zugrunde legen wird.
Der zuständige Senat des Stadtgerichtes Berlin hat die Strafsache gegen Harry Tisch an den Generalstaatsanwalt der DDR zurückgegeben. Wie es in einer Mitteilung der Pressestelle des Berliner Stadtgerichtes von gestern heißt, kann nach dem Stand der Ermittlungen das Hauptverfahren noch nicht eröffnet werden. Es seien Nachtermittlungen angeordnet worden.
(Berliner Zeitung, Sa. 03.03.1990)
Von der Entscheidung des LDP-Präsidiums, den ehemaligen US-Präsidenten Reagan auf der Abschlussveranstaltung des Bundes Freier Demokraten sprechen zu lassen, distanzierte sich der stellvertretende Parteivorsitzende Martin Schnittler. In einer ADN übergebenen Erklärung heißt es: "Das Auftreten eines Mannes, dessen Worte von der in fünf Minuten beginnenden Bombardierung Moskaus um die Welt gingen, ist für mich mit liberaler Geisteshaltung unvereinbar."
(Berliner Zeitung, Fr. 02.03.1990)
Unter dem Titel "Die Märkische" erscheint ab 2. März 1990 eine neue Wochenzeitung, die aus der CDU-Tageszeitung "Märkische Union" hervorgegangen ist. Sie wird in beiden Teilen Berlins sowie in der Mark Brandenburg (jetzige Bezirke Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus) zu einem Preis von 1 Mark angeboten.
(Berliner Zeitung, Fr. 02.03.1990)
Eine neue Redaktion für die Wochenzeitung "Die Andere" hat am Freitag in Berlin die Arbeit aufgenommen, nachdem die bisherige am Vortag zurückgetreten war.
(Junge Welt, Sa. 03.03.1990)
Im Sitzungsaal der Leipziger Staatsbank gründen rund 100 Delegierte aus 20 Betrieben den Landesverband Sachsen der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft.
In Potsdam findet die Gründungsfeier eines zivilen Wachschutzes statt.
Der Erhalt und Schutz der Küstenlandschaft muss Vorrang vor einem zunehmenden Massentourismus haben. Dafür spricht sich der Grüne Runde Tisch im Bezirk Rostock aus.
Wahlkampfkundgebung des Bundes Freier Demokraten in Leipzig. Ihre Spitzenkandidaten werden vorgestellt. Der Vorsitzender der Deutschen Forumpartei stellte das Programm seiner Partei vor.
Auf einer Wahlkampfveranstaltung der DBD auf dem Domplatz in Erfurt spricht u. a. der Spitzenkandidat für den Erfurter Wahlkreis, Ulrich Junghans.
Die DSU führt im Schweriner Schloss eine Wahlkampfveranstaltung durch. Als Gast tritt Otto von Habsburg (CSU) auf.
Die "Jungen Sozialdemokraten", der Jugendverband der SPD, gründet sich in Karl-Marx-Stadt für den Bezirk.
In Rostock wurde ein Landesverband Mecklenburg und Vorpommern der NDPD gegründet.
In Berlin tritt das Gründungskomitee zur Bildung eines Berufsverbandes für Beschäftigte Hochschulkader in der Tierzucht und Tierproduktion zusammen.
Die Tageszeitung der CDU, Märkische Union, wird eingestellt. Sie wurde für die Bezirke Frankfurt und Potsdam herausgegeben. Ihr folgt "Die Märkische", als Wochenzeitung. Eingestellt am 31.05.1991.
Die Forum Handelsgesellschaft (51 %) hat mit der Hamburger Versicherungsgruppe Hanse-Merkur (49 %) ein Joint-Venture-Unternehmen zum Vertrieb von Versicherungen und Finanzdienstleistungen gegründet.
Bundeskanzler Helmut Kohl stellt eine Verbindung zwischen einer Unterzeichnung eines Grenzvertrages und der Behandlung der deutschen Minderheit in Polen und dem Verzicht auf Reparationsleistungen her.
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