"Perspektiven linken Denkens in Deutschland und Europa" waren am Wochenende Gegenstand einer Konferenz in Dresden, zu der sich mehr als 200 Vertreter von über 20 Parteien und Gruppierungen aus der DDR, aber auch aus der BRD, Frankreich, Schweden und Westberlin getroffen hatten.
Das Spektrum der Themen reichte von der sozialen Zukunftssicherung über Wirtschaftsfragen, Umweltpolitik, Radikalismus von rechts und links bis hin zum Verhalten bei den Volkskammerwahlen. Für die Fortsetzung des demokratischen Prozesses in der DDR wurde die Notwendigkeit von außerparlamentarischen Aktionen (Ostermarsch) und Bürgerinitiativen herausgearbeitet, gleichzeitig aber auf den Wert qualifizierter Arbeit in und mit den Parlamenten auf allen Ebenen verwiesen. Die theoretische Einsicht löst aber noch noch nicht die vielen praktischen Fragen.
Die Schriftstellerin Helga Königsdorf hatte im Plenum darauf verwiesen: Die Menschen in der DDR sind noch nicht daran gewöhnt, um ihre Rechte zu kämpfen. Das bestätigte auch die Diskussion in der Arbeitsgruppe "Junge Generation“. Wie die große Mehrheit der Jugend Demokratie lernen kann, während gleichzeitig in rasanter Geschwindigkeit ihre Rechte beschnitten werden, wurde von Studenten, Schülern und jungen Arbeitern heftig diskutiert.
Problemorientierte parteienübergreifende Zusammenarbeit, Koordinierung der Aktionen verbleibender Vielfalt der beteiligten Gruppen - dies deutete sich als gangbarer Weg für eine handlungsfähige Linke an.
(Junge Welt, Mo. 12.02.1990)
Dresden (ADN/ND). Alle linksorientierten Gruppen und Parteien in der DDR sollten sich verbünden und gemeinsam für demokratische Lebensformen eintreten. Dafür sprachen sich Mitglieder von linken Parteien und Bewegungen am Sonntag zum Abschluss einer zweitägigen Konferenz in Dresden aus. Daran hatten rund 200 Vertreter von mehr als 20 Gruppierungen aus der DDR, der BRD, aus Frankreich, Schweden und Westberlin teilgenommen.
In ihrem Standpunkt definierte die Konferenz: "Linkssein bedeutet heute, einzutreten für demokratische Lebensformen, in denen die Würde des einzelnen gewahrt wird, einzutreten für die Mitbestimmung in der Wirtschaft und im kommunalen Bereich, einzutreten für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, für das Recht auf Arbeit, für Bürgerrechte und Kultur, für Erhaltung und Regenerierung der Umwelt, für die Interessen der Frauen sowie für die Möglichkeit des einzelnen, gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen, wozu heute auch Bildung und Information Voraussetzung sind."
Linkssein bedeute auch die strikte Ablehnung von Rassismus und nationaler Überheblichkeit, bedeute einzutreten für das Überleben der Menschheit, also für humanistische Lösungen der globalen Probleme. "Wie der weitere Weg unseres Landes auch immer aussehen wird, wir schlagen vor, dass sich alle linksorientierten Kräfte verbünden, um unsere geistigen Werte zu bewahren, um sich gegen jegliche Verschleuderung unserer materiellen Güter zu wehren, ausgehend von Grund und Boden bis hin zu Werken der Kultur."
(Neues Deutschland, Mo. 12.02.1990)