Bei seinem Besuch in Moskau sagte Helmut Kohl gegenüber Michail Gorbatschow, er sei bereit die Sicherheitsinteressen gegenüber der Sowjetunion in Rechnung zu stellen und könne sich deshalb vorstellen, dass die NATO ihr Gebiet nicht auf die DDR ausdehne.
(Horst Teltschick: 329 Tage, S. 139)
Bei einer Pressekonferenz in Moskau sagte Bundeskanzler Helmut Kohl am Abend: "Generalsekretär Gorbatschow und ich stimmen darin überein, dass es das alleinige Recht des deutschen Volkes ist, die Entscheidung zu treffen, ob es in einem Staat zusammen leben will. Generalsekretär Gorbatschow hat mir unmissverständlich zugesagt, dass die Sowjetunion die Entscheidung der Deutschen in einem Staat zu leben respektieren wird. Und, dass es Sache der Deutschen ist, den Zeitpunkt und den Weg der Einigung selbst zu bestimmen."
Vor seinem Besuch in Moskau erhielt Bundeskanzler Kohl ein Schreiben von US-Präsident George Bush. Darin betont er, die USA werden es nicht zulassen, dass die Sowjetunion ein Viermächtemechanismus als Instrument benutzt, um in einem ihr genehmen Tempo ein Deutschland nach SU-Vorstellungen zu schaffen.
Von US-Außenminister Baker, der sich vom 07.-10.02. in Moskau aufhält, erhält Helmut Kohl ein Schreiben, indem die UdSSR die Einheit Deutschlands als unabwendbar ansehe, sich jedoch vor einer außer Kontrolle geratende Entwicklung sorge. Ihre Sicherheitsinteressen müssten gewahrt bleiben.
Von der BRD wird versichert, die Grenzen in Europa nicht angetastet werden. Ein vereintes Deutschland wird Berlin, die BRD und die DDR umfassen. Es bestehen keine Ansprüche auf ehemalige deutsche Gebiete. Auch wird zu zugesichert, das geeinte Deutschland werde keine biologischen, chemischen und nukleare Waffen erwerben. Die Franzosen und die Engländer sind im Grunde ihres Herzens sehr froh darüber, dass sie über Waffen verfügen, die die Deutschen nicht besitzen. "Von deutschem Boden darf nur Frieden ausgehen". Und dies ist keine Phrase; dies ist ganz ernst gemeint.
Das vereinte Deutschland müsse als ganzes der NATO angehören, erklärt der Bundeskanzler. Die Stationierung von NATO-Streitkräften könne auf der alten Bundesrepublik beschränkt bleiben. Ähnlich dem Bundesgrenzschutz könne die ostdeutsche Armee in eine paramilitärische Truppe umgewandelt werden. Wir sind der Meinung, dass die NATO ihren Wirkungsbereich nicht ausdehnen sollte.
Auf die Frage Frage nach der zeitlichen Frist für die Einführung der Währungsunion, antwortet Kohl, er könne es nicht sagen. Ende Dezember hätte er geantwortet, dass ein solcher Übergang mehrere Jahre erfordern wird. Aber jetzt werde ich nicht gefragt. Die Menschen entscheiden alles mit ihren Füßen.
Kohl bittet Gorbatschow das Thema der Grenzen im Zusammenhang mit dem Schicksal der Vertriebenen nicht anzuschneiden, solange darüber nicht völlige Klarheit herrscht. Dies sei sein innenpolitisches Problem und ich möchte nicht, dass sich der Druck auf mich verstärkt.
Einen Tag vor Kohls Besuch wurde in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten in Bonn das Gerücht gestreut, die DDR stehe vor dem Zusammenbruch.
Während seines Gesprächs mit Michail Gorbatschow sagt Helmut Kohl, der Berliner Magistrat hat gestern gegenüber dem Berliner Senat den Vorschlag gemacht, er solle das städtische Eisenbahnnetz, die Krankenhäuser, die Polizei und die kommunalen Dienste der Hauptstadt der DDR übernehmen.
Zwei Tage später, von Michail Gorbatschow darauf angesprochen, sagte Hans Modrow, er habe mit dem Berliner Oberbürgermeister gesprochen, er hat sich mit keinerlei Vorschlägen, von denen Kohl berichtet hat, an den Regierenden Bürgermeister gewandt. Einige dieser Ideen seien im Berliner Senat geäußert worden. Es sei reine Provokation.
Vor Kohls Reise nach Moskau wurden von der BRD-Seite ein ganzes Konzept derartiger provokativer Maßnahmen ausgearbeitet worden.
Link zu einer Erklärung der Nachrichtenagentur TASS
Berliner Oberbürgermeister und Berliner Magistrat – Ostberlin, Regierender Bürgermeister und Berliner Senat – Westberlin.