Die BRD-Regierung ist bereit, unverzüglich in Verhandlungen über eine Währungsunion zwischen beiden deutschen Staaten einzutreten.
Das sei auf einer Kabinettssitzung gestern beschlossen worden, teilte Regierungssprecher Hans Klein vor der Bundespressekonferenz mit. Mit Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl sei zuvor ein umfangreicher Gedankenaustausch geführt worden, und man habe in allen Grundsatzfragen Übereinstimmung erzielt. Pöhl hatte am Vortag in Berlin die schnelle Einführung einer Währungsunion als illusorisch bezeichnet. Ihre Vorstellungen über eine Währungsunion will die Bundesregierung in der kommenden Woche DDR-Ministerpräsident Hans Modrow bei seinem Besuch in Bonn unterbreiten.
BRD-Finanzminister Theo Waigel erklärte vor der Presse, untrennbar sei mit einer Währungsunion eine entsprechende Wirtschaftsreform verbunden. Diese Maßnahme würde die Mobilisierung westlichen Kapitals erheblich beschleunigen.
Dieses Modell setze allerdings, so Waigel, im Geld- und währungspolitischen Bereich einen partiellen Souveränitätsverzicht der DDR voraus sowie eine Unterstellung der DDR-Finanzwirtschaft unter die Bundesbank sowie eine Übernahme der BRD-Wirtschaftsordnung und des Wirtschaftsrechts durch die DDR.
Damit, so unterstrich der Bundesfinanzminister, seien Anpassungsprobleme verbunden wie ein am Anfang vorübergehendes Ansteigen der Arbeitslosigkeit, Probleme mit Mindestrenten und ähnliche Dinge. So werde es nötig sein, in der DDR ein Arbeitslosen-Versicherungssystem aufzubauen wie in westlichen Ländern.
Wirtschaftsminister Helmut Hausmann erklärte den Journalisten, es sei nicht auszuschließen, dass die DDR in bestimmten Rechtsbereichen bestehende Rechtssysteme der BRD übernehmen müsse. Für die Entwicklung DDR-spezifischer Rechtssysteme sei Jetzt keine Zelt mehr. Haussmann forderte die Gründung "reinrassiger privatwirtschaftlicher Betriebe" in der DDR.
(Berliner Zeitung, Do. 08.02.1990)
Bundeswirtschaftsminister Helmut Hausmann (F.D.P.) sagt im Deutschen Bundestag: "Ich bin der Meinung, dass die DDR gute Voraussetzungen hat, die Besten Voraussetzungen in Osteuropa, sie hat die Menschen, sie hat die Motivation, und wir, die Bundesrepublik haben das Wissen, die Privatwirtschaft hat das Kapital, so dass nach einer nicht einfachen Übergangsphase ein deutsch-deutsches Wirtschaftswunder durchaus möglich ist."
Dem Bonner Kabinettsausschuss zu Vorbereitung der Währungsunion zwischen der DDR und der BRD gehört neben den Regierungsparteien auch die oppositionelle SPD an.
Die Bundesregierung bildet einen Kabinettsausschuss "Deutsche Einheit". Den Vorsitz hat Helmut Kohl inne. Es werden sechs Arbeitsgruppen gebildet. "Die Bundesregierung erklärt sich bereit mit der DDR-Regierung unverzüglich in Verhandlungen über eine Währungsunion mit Wirtschaftsreform einzutreten", verkündet Helmut Kohl in Bonn vor den Medien. Er verkündigt dies ohne die DDR-Seite vorher unterrichtet zu haben.
Bei einem Telefonat zwischen Hans Modrow und Michail Gorbatschow am 12.02.1990 sagt Modrow, er habe über die Vorschläge aus den Massenmedien erfahren. Bei der Begegnung mit Kohl in Davos sei die Bildung einer Arbeitsgruppe vereinbart worden, die Fragen der Zusammenarbeit im Wirtschafts- und Finanzbereich erörtern sollen. Unsere Vertreter für diese Gruppe wurden nicht in die BRD eingeladen und irgendwelche Erörterungen zur Währungsunion haben nicht stattgefunden.