Die nicht diktierten Vorschläge der wirklichen Arbeiterklasse

Wir, die Bekohlungsmaschinisten der D-Schicht an der Basis, dem Herzstück eines Heizkraftwerkes, stellen deshalb folgende Forderungen:

1. Abschaffung von Korruption, Vetternwirtschaft, Gängeleien, Bevormundung und die damit verbundenen Privilegien und Vorteile einzelner Werktätiger und Angestellten im EKG und im ganzen Staat.

2. Auflösung aller Parteien und Massenorganisationen einschließlich Kampfgruppen in den Betrieben und Kombinaten außer FDGB

- dafür Bildung eines Betriebsrates durch die Arbeiter, der sich nur aus qualifizierten Arbeitern zusammensetzt und dessen Interessen bei der Betriebsleitung vertritt und mitbestimmt.

- Bildung einer unbestechlichen Kandidatenliste durch den Betriebsrat für die Wahl einer freien, demokratischen BGL, die durch alle Gewerkschaftsmitglieder gewählt werden einschließlich Gewerkschaftsvorsitzenden.

- Diese Arbeiten sind nebenberuflich und ehrenamtlich.

3. Eigenverantwortung und Eigenständigkeit der Betriebe und Kombinate bei der Produktion und Investition sowie Preisbildung, um sinnlosen Subventionspolitiken und Verschwendungssuchten zu begegnen.

- Die totale Überwachung des gesamten Produktionsprozesses und Ablaufes.

4. Wir fordern die sofortige Aufhebung aller Wettbewerbe und sozialistischen Wettbewerbe sowie deren korrupte Kennziffern und Normen, die für Prämierungen vorgesehen sind.

- Abschaffung aller Prämien außer Jahresend- und Treueprämie.

- Wir sind dafür, dass diese Prämienmittel umgewandelt werden in Lohngelder, um betrieblicherseits schon in kürzester Zeit Mittel zur Finanzierung des Leistungsprinzips bereitzustellen.

5. Wir fordern Materielle Haftbarmachung für alle Werktätigen, auch staatlichen Leiter, die Fehlentscheidungen oder Fehlinvestitionen vorgenommen haben.

- Auch Konsequenzen derjenigen, denen wir den Wirtschaftskollaps zu verdanken haben.

- Dass sich so etwas nie wiederholt, schlagen wir vor, das Gespräch von unten nach oben zu führen, aber nicht erst, wenn er von Wendehälsen proklamiert wird.

- Nur so kann an der Basis Erfahrung gesammelt werden, denn die sind es; die Fehler und Ignoranz ausmerzen müssen.

6. Wir sind für baldige Einführung einer Zeit-Kontrollkarte in Verbindung mit Stech-Uhr für jeden Betriebsangehörigen vom Direktor bis zum Arbeiter, welche monatlich abrechenbar und nicht manipulierbar sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit zu gewährleisten und das Leistungsprinzip kontrollierbarer zu machen.

- Zu diesem Thema wird sich unser Kollektiv in kurzer Zeit konkret mit Vorschlägen äußern. Diese können, schon jetzt vorausschauend Arbeitskräfte einsparen.

7. Wir fordern die sofortige Veränderung der Arbeitsverträge, die den Geheimschutz beinhalten.

- Dieser angebliche Geheimschutz behindert die objektive Aufklärung aller Schludereien und Machenschaften.

8. Die Pausenversorgung für Schichtarbeiter muss wieder hygienisch und monatlich auf einen Stand gebracht werden, der einen Einsatz im Schichtbetrieb ansehnlich und appetitlich macht.

- Aufgewärmte Fettnudeln nach vier Stunden entsprechen nicht den hygienischen Bestimmungen, wie alle anderen aufgewärmten Sachen.

Dazu könnte sich das Kollektiv vom Kollegen S(...) zur Erneuerung Gedanken machen.

Sollte es heute noch Genossen der SED oder Wendehälse der Partei geben, die mit radikaler Umwandlung was im Sinn haben, sollten sie ihre Arbeitszeit mit Leistung ausstatten und nicht mit vollen Einkaufsnetzen und Personalausweisvisa. Das sei ein Zeichen, denn Schichtarbeiter haben auch in der Woche freie Tage. Wer es nicht kapiert, sollte sich den Orden "Verdiente Schlafmütze des Volkes" verleihen lassen.

Wir sind nicht gegen Sozialismus, aber gegen Bereicherung einzelner an ihm. Deshalb fordern wir Nutzung der Vermögenswerte nicht verdienten Geldes durch das ganze Volk. Auch die kleinen Tango-Korrupties haben ihren Beitrag zu solchen Schweinereien wie in Wandlitz nebst Jagdrevieren geleistet.

Also hütet euch vor eiligen Austritten oder dem Anstecknadelwegwerfen, denn wer verändern will, kämpft aufrichtig in seiner Partei oder Opposition und läuft nicht davon.

Kollektiv Bekohlung "Schicht D"

aus: Energie REPORT Belegschaftszeitung des Energiekombinates Gera, Sitz Jena, Nr. 24/89 (215), 29. Dezember 1989, 27. Jahrgang


Antwort an das Kollektiv Schicht D

Kollege S(...) an das HKW Jena-Süd

Bezugnehmend auf den Artikel vom 29.12.1989 Seite 7 möchte ich dem Kollektiv BekohIung der Schicht D folgende Antwort geben:

K. S(...)

aus: Energieecho, Nr. 1/90 (216), 23. Februar 1990, 28. Jahrgang, Belegschaftszeitung des Energiekombinates Gera, Sitz Jena

Δ nach oben