Wer sich nicht wehrt kommt an den Herd

Überall in den Städten unseres Landes bilden sich Basisgruppen des Unabhängigen Frauenverbandes.

Am 30. Januar 1990 konstituierte sich die "FRAUENINITIATIVE Greifswald", die zur Zeit aus einer Universitätsfrauengruppe und der Gruppe der evangelischen Kirchen "Frauen für den Frieden" besteht.

Bereits auf der Gründungsveranstaltung herrschte eine ums alle ermutigende und überraschende Einigkeit. Über den alten Slogan der Frauenkommission der Universität, dass sich Frauenfragen an der Universität sowieso durchsetzen, weil 70 Prozent der Uni-Angehörigen Frauen sind, wurde nur noch herzlich gelacht. In einer lockeren Atmosphäre besprachen wir die Probleme der Frauen in unserem Territorium und wie wir uns einbringen können.

Ein Erfolg unserer Bemühungen um Mitsprache bei gesellschaftlichen Fragen ist bereits in Sicht. Am 5. Februar nehmen zwei Vertreterinnen unserer Gruppe am Runden Tisch in Greifswald teil.

Ein weitete Problem, das besprochen wurde, war die Gefahr der Bemäntelung politischer und sozialer Veränderungen durch "wissenschaftliche Erkenntnisse". Zum Beispiel wird von Medizinern die Meinung diskutiert, dass es für ein Kind besser wäre, wenn es in den ersten 10 Lebensjahren zu Hause bliebe. Wer aber betreut das Kind in dieser Zeit? Der Mann? Wie steht es mit den Entwicklungschancen für eine Frau, die die Betreuung übernimmt? Es sind im allgemeinen die 10 Jahre, die für eine berufliche Entwicklung am wichtigsten wären. Es ist also besser, darüber zu, sprechen, wie die Kinderkrippen, -gärten Schulen kindergerecht und für die Entwicklung eines jeden Kindes optimal verändert werden, als über die Schließung dieser Kindereinrichtungen.

Wir begrüßen das Beispiel der Kirchen, E. Honecker, eine menschenwürdige Aufnahme zu gewähren. Die Kirche setzte wieder einmal ein Zeichen gegen inhumane Ausgrenzung, Hass und Rufmord.

Wir wenden uns gegen die Stimmungsmache westlicher Medien gegen die Existenz des KKW Greifswald. Bei Schließung des Kraftwerkes und bei der Umstrukturierung des NEG würden Tausende Menschen arbeitslos werden. Kann die Stadt das verkraften? Wohin mit all den menschlichen Sorgen? Außerdem würde die Energieversorgung zusammenbrechen, und wir wären auf westliche "Hilfe" angewiesen.

Um möglichst viele Frauen zu aktivieren, werden wir zum 8. März einen Frauentreff organisieren. Es wird Zeit, dass wir Frauen unseren Tag selber gestalten und feiern.

Müssen es immer der obligatorische Blumenstrauß und die Kaffeerunde sein?

Bestärkt in unseren Ideen, Wünschen und Hoffnungen sind wir an diesem Abend auseinander gegangen.

Die Arbeit beginnt. Aber nicht nur die! Die Möglichkeit mit Frauen zu reden, Gemeinsames zu unternehmen, sich selbst einzubringen ohne Reglementierung ist etwas, was bisher gefehlt hat!

FRAUEN HABT MUT !!!
K. Burghardt, S. Schmidt,
Unabhängiger Frauenverband

aus: plattFORM, Nr. 6, 13. Februar 1990, Freies Wochenblatt für mündige Bürger, auf der Rostocker "Plattform" stehen: Neues Forum, SPD, DA, Grüne Partei, Demokratie Jetzt und Vereinigte Linke