Erklärung
der leitenden Mitarbeiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

Die Aufforderung durch den Rat der Stadt Dresden, einen Mitarbeiter zur Verleihung des Titels "Obermuseumsrat" vorzuschlagen, war der Anlass für die Museumsdirektoren und Abteilungsleiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, zu diesem Titel Stellung zu nehmen.

Die 1984 eingeführten Titel "Museumsrat" und "Obermuseumsrat" sind eine zwar unwichtige, aber charakteristische Erscheinung des Privilegienwesens im System der SED, das wir überwunden haben. Sie widersprechen den demokratischen Strukturen, die wir erstreben. In keinem Lande existieren im Museumswesen derartige Titel, die weder über das Amt noch über den Dienstrang des Trägers etwas besagen. Die monarchische Tradition, die in Österreich mit dem alten Titel "Wirkl. Hofrat" unter besonderen historischen Voraussetzungen noch heute aufrechterhalten wird, kann nicht als Vorbild betrachtet werden. In denselben Jahren, als die genannten Titel vergeben wurden, verschlechterten sich die materiellen Voraussetzungen für die Museumsarbeit in der DDR. Fachlich überzeugende Kriterien für die Verleihung waren nicht erkennbar.

Die Museumsdirektoren und Abteilungsleiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden lehnen aus grundsätzlichen Erwägungen die Titel "Museumsrat" bzw. "Obermuseumsrat" ab.

Dr. h. c. Werner S(...) Kommissarischer Generaldirektor

aus: Sächsische Zeitung, Nr. 26, 31.01.1990, 45. Jahrgang, Tageszeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur, Herausgeber: Verlag Sächsische Zeitung