SDP-Transformatorenwerker stellen Fragen an ihre Kollegen

Aus einem Aushang im TRO zu heiß diskutierten Fragen

Kollegen des VEB TRO!

Wusstet Ihr, dass am 8.12.1989 eine Vereinbarung zwischen dem

- Ministerrat der DDR, Sekretariat des Ministers,

- Ministerium für Justiz, Generalstaatsanwalt, dem

- Präsidium des Obersten Gerichts der DDR und dem

- FDGB, Gewerkschaft der Mitarbeiter der Staatsorgane und der Kommunalwirtschaft - Zentralvorstand - getroffen wurde?

Sie ist rückwirkend ab 1.10.1989 gültig und beinhaltet Verfahrensweisen bei der Umsetzung von Leitern und Mitarbeitern (im folgenden Mitarbeiter genannt) der zentralen und örtlichen Staats- und Justizorgane (lt. Anhang der Vereinbarung 53 Institutionen), die auf Grund von Strukturveränderungen eine andere Arbeit aufnehmen.

Vereinbart wurde u.a.:

- Jedem Mitarbeiter ist eine zumutbare Arbeitsaufgabe anzubieten.

- Mitarbeiter, die in der neuen Tätigkeit ihren bisherigen Durchschnittslohn nicht wieder erreichen können, erhalten ein Überbrückungsgeld entsprechend der Minderung für die Dauer von 3 Jahren.

- Das Überbrückungsgeld unterliegt nicht der Lohnsteuer und nicht der SV-Beitragspflicht.

- Prämien für langjährige Tätigkeit im Staatsapparat werden ebenfalls 3 Jahre weitergezahlt.

- Die freiwillige Altenversorgung dir Staatsapparatsordnung bleibt erhalten.

- Der bisher gewehrte Urlaubsanspruch bleibt besehen.

- Im neuen Betrieb wird die Dienstzeit im Staatsapparat als Betriebszugehörigkeit übernommen.

- Bei Wohnortwechsel wird ein Einrichtungszuschuss bis zu 3 000,- Mark gezahlt.

- Die Vereinbarungen haben euch für Nachwuchskader Gültigkeit, die erst später, während der nächsten 34 Monate, in den Genuss gekommen wären.

Diese Vereinbarung lässt Fragen wiedererstehen nach dem Verbleib, der Anzahl und den Namen der hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS in unserem Betrieb. Vor allem aber nach den Namen der ehrenamtlichen Mitarbeiter den MfS, die noch immer unerkannt unter uns leben und arbeiten; die vielleicht weiterhin Vergünstigungen haben, von denen wir auch nichts wissen und die vielleicht auch vom FDGB unterschrieben sind.

Es entstehen Fragen nach der Stellung des VEB TRO in dem um uns her stattfindenden Umwälzungsprozess. Fragen nach der Bereitschaft zur Mitarbeit an diesem Prozess. Fragen, die das gegenseitige Absichern von Inkompetenten Leitern untereinander betreffen. Leiter, die den Stand des TRO von heute gezeugt haben und den Anspruch erheben, in einer erneuerten Wirtschaft so weitermachen zu dürfen. Es gibt genügend fachlich qualifizierte Kader, die in den Jahrzehnten der Stagnation ins Abseits gestellt wurden! Diese Leute gilt es zu aktivieren, ihr Wissen zu nutzen und Ihre Fähigkeiten zu formen; ihr Vertrauen für diese Aufgaben zu gewinnen!

Wie aber kann das gelingen, solange noch

- hauptamtliche Funktionäre der SED Räume des TRO blockieren,

- vermutlich noch immer Waffen der Kampfgruppen im Betrieb lagern,

- Kampfgruppenangehörige sich gegenseitig Anerkennungen in Prämienform und als Renten geben für Taten, die vom Volk nie gewollt wurden,

- Gewerkschaftsfunktionäre den Statuten der SED verpflichtet sind.

Das Original dieses Schreibens wird im TRO als Aushang veröffentlicht.

Für die Basisgruppe
der SDP Lichtenberg
Jörg Janke

aus: Berliner Zeitung, Nr. 5, 06./07.01.1990, 46. Jahrgang

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