Berlin, 10.11.1989

Frauen in die offensive!

Offensichtlich finden sich auch Frauen nicht mehr mit ihrer bisherigen Rolle ab. Sie wollen ihre Sache selbst vertreten, nicht nachrufen, was Männer vorgesprochen haben.

Diesen Anspruch auf Mit- und Selbstbestimmung vertraten sie auf der Berliner Demonstration mit einer Frauenabteilung, zu der die Gruppe "lila offensive" aufgerufen hatte.

Mit ihren Transparenten machten sie deutlich: "Ohne Frauen geht nichts mehr"

Die kleine Gruppe kämpfte sich an den Demonstranten vorbei bis in die ersten Reihen. Ihre Rufe "Frauen in die offensive", "Frauen in die Politik" wurden belächelt, beklatscht, mit Erstaunen und Unverständnis quittiert. Wie auch die Verteilung der Flugblätter ausschließlich an Frauen Reaktionen von Arroganz bis Anfeindung hervorriefen. Die Frauen waren überrascht, viele angenehm, andere schimpften gereizt: "Wir sind emanzipierte".

Ein beschlipster Dialogist suchte gar die Aufmüpfigen zur Raison zu bringen: Es ginge hier um anderes! "ja, um Meinungsfreiheit war die Antwort!"

Auf dem Flugblatt stand's genauer: "Wir wollen uns in den Prozess der sozialistischen Erneuerung einmischen, mitmischen, ummischen. Wir wollen dies bewusst aus der Perspektive von Frauen tun."

Um die sozialen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern öffentlich bewusst zu machen und zu verändern stellen sich die Forderungen nach Frauenberatungs- und Infozentren, Frauenverlagen, -zeitungen.

Der DFD erhält für jahrelanges Kochen und Stricken die Rechnung auf einem Transparent: "Dienstbar - Folgsam - Dumpf".

Die Frauen sind angetreten, ihre Forderungen nach Gleichstellung, ihre Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen nicht wieder zu Randproblemen verkommen zu lassen.

unveröffentlicht, geschrieben für FÜR DICH lila offensive

aus gesammelte Flugschriften DDR `90, Heft 2, Januar 1990, Redaktion und inhaltliche Gestaltung: Aktive aus Ostberlin, Technische Gestaltung, Produktion und Vertrieb: ASTA TU Berlin