info nr. 14 vom 27.09.1990

Auch weiterhin: Kritik am DGB von unten:

Am 12. September fand zu diesem Thema wieder eine Veranstaltung im Kontaktbüro der IUG statt. Diskutiert wurden an diesem Abend vor allem die vorliegenden Papiere. Es zeigte sich, dass insbesondere zum Thema "Unvereinbarkeitsbeschlüsse" immer wieder Fragen auftauchten. Wir beschlossen deshalb, den bisherigen Entwurf um einige Fakten und Argumente zu erweitern. Weiterer Gegenstand unserer Diskussion waren die Auswertungen von Satzungen verschiedener Einzelgewerkschaften im DGB. Schwerpunkt war die satzungsmäßige Verankerung von innergewerkschaftlicher Demokratie bzw. der Raum, der für Aktivitäten an der Basis vorgesehen ist. Wer Anforderungen an Basisdemokratie stellt, wurde ernüchtert. Deutlich wurde in der Arbeit der "Satzungsgruppe" aber auch, dass eine differenzierte Beurteilung einzelner Satzungen unbedingt erforderlich ist. Die Arbeitsgruppe setzt u.a. auch aus diesem Grund ihre Arbeit fort. Im Oktober sollen dann, orientiert an bestimmten Schwerpunkten, Analysen der Satzungen "wichtiger" Einzelgewerkschaften vorliegen. Gleichzeitig bemühen wir uns über unsere Kontakte zu westlichen KollegInnen, den Vergleich zur Gewerkschaftspraxis mit einzubeziehen.

Am 10. Oktober '90, um 19.00 Uhr, in der Frankfurter Allee 286, treffen wir uns dann wieder in der "Plenumsrunde". Wir hoffen, dass dann die Redaktion zusammentreten kann, um die Papiere für den Druck vorzubereiten.

Sonja H(...)


Vertreterin der IUG nahm teil an der Wirtschaftspolitischen Konferenz der PDS ................................. Ihr Bericht:

Wir waren zur Wirtschaftspolitischen Konferenz der PDS am 22./23.9.90 in Ballenstedt eingeladen.

Von den Teilnehmern wurde insbesondere die Notwendigkeit einer starken linken Opposition betont und auf aktive Mitbestimmung beim Übergang zur Marktwirtschaft orientiert. Dabei wurde jedoch kaum bedacht, dass soziale Errungenschaften in langjährigen gewerkschaftlichen Kämpfen erreicht wurden und werden. Allein die Orientierung auf Mitbestimmung reduziert die anstehenden Aufgaben erheblich.

Die Aussage, dass es vom Großkapital systematisch angestrebt wird, die DDR sowohl wirtschaftlich als auch sozial und kulturell zu zerstören, fand in der Runde dort viel Beifall. Trotzdem, so der Eindruck von der Konferenz, wird diese Aussage nicht in der theoretischen und praktischen Arbeit umgesetzt. Befremdlicherweise gab es von den anwesenden Wessis so gut wie keine kritischen Hinweise zur bundesdeutschen undemokratischen Gewerkschaftspraxis. Weder Ausschlussverfahren oder Unvereinbarkeitsbeschlüsse noch Bürokratisierung wurden überhaupt erwähnt. Ein entsprechender Hinweis von mir wurde nicht aufgegriffen. Während die Teilnehmer aus dem Westen meine Verteidigung einer kämpferischen Gewerkschaftsopposition nicht unterstützten (und offenbar Gewerkschaftsarbeit auf taktische Arbeit reduzieren), fand ich bei den DDR-Vertretern regen Zuspruch.

Schließlich wurde noch die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Gewerkschaft und Betriebsrat betont und darauf hingewiesen, dass z.B. Betriebsversammlungen viermal im Jahr stattfinden können. Auch gebe es für deren Dauer keine zeitlichen Beschränkungen. Dies sollte man für die Gewerkschaftsarbeit im Betrieb ausnutzen.

Heidrun Z(...)


Gegenwehr in Sachen undemokratischer Ausschlusspraxis im DGB:

Die von der IG Chemie 1988 verhängten Ausschlüsse gegen drei Basisgewerkschafter bei Boehringer Mannheim sind jetzt vom Oberlandesgericht Celle für unwirksam erklärt worden. Nachdem das Landesgericht Hannover vor einem Jahr zuerst die Ausschlüsse bestätigt hatte, musste das Urteil in der Berufung zurückgenommen werden. Nach Auffassung der Richter des OLG Celle, muss sich eine Gewerkschaft der sachlichen Kritik, auch wenn sie aus den eigenen Reihen kommt und in die Belegschaft hineingetragen wird, stellen.

(Nach einem Bericht aus "express" 7-8/1990)


Berichte aus den Betrieben... Berichte aus den Betrieben... Berichte

Wie wir im Info Nr. 8 berichteten, gab es im KWO eine Gruppe oppositioneller Gewerkschafter, die mit dem "alten" Gewerkschaftsapparat brechen wollten und deshalb kurzerhand ihren Beitritt zur IG Metall West beschlossen. Ihre Rechnung ging aber nicht auf. Sie kamen zur falschen Zeit. Die Gewerkschaftskollegen aus dem Westen nahmen sie nicht auf. Die DAG dagegen zierte sich nicht. Schließlich handelt es sich um angestellte IG Metaller.

Die neuen DAG-Mitglieder haben von ihren Vorstellungen von Gewerkschaftsarbeit indes nicht abgelassen. Sie wollen sich weiterhin kräftig in ihrem Betrieb einmischen und gegen undemokratische Praktiken ankämpfen.

Mittlerweile bereitet man sich im KWO GmbH auf die Betriebsratswahlen vor. Von der IG Metall im Betrieb erschien nun die Liste ihrer Kandidaten: Man höre und staune (oder staune nicht): Die gesamte FDGB-Leitung aus der Zeit vor dem November 189 taucht auf der Liste wieder auf. Zwar nicht auf vorderen Plätzen, aber sie sind da. Die oppositionellen Gewerkschafter im Betrieb haben sich daraufhin entschlossen, mit eigener Liste zur Wahl anzutreten. Auf dieser Liste sind auch nichtorganisierte MitarbeiterInnen vertreten. Dass sie die für die Anerkennung ihrer Liste notwendigen Unterschriften zusammenbekommen, bezweifeln sie nicht. Vielleicht nennen sie ihre Liste "Bündnis neuer Arbeitnehmervertretung". Auf jeden Fall verstehen sie sich als eine Sammlung von KollegInnen, die gegen die herkömmliche Gewerkschaftsarbeit und gegen die "alten Namen" antreten wollen.

(Nach einem Telefoninterview mit Heinz M(...) aufgeschrieben von Sonja H(...))


Noch einmal zum Thema "Kita-Streik":

Wie wir im Info Nr. 10 berichteten, haben wir uns mit dem Anfang des Jahres in Westberlin über viele Wochen laufenden Streik der ErzieherInnen intensiv beschäftigt. Wie wir aus Treffen mit Kita-Mitarbeitern wissen, wollten eine Reihe von ihnen nach dem ergebnislos unterbrochenen Streik nicht frustig und passiv bleiben, sondern ihre Erfahrungen zusammentragen und Konsequenzen für die Gewerkschaftsarbeit in Theorie und Praxis ableiten. In welche Richtung das geht, zeigt etwa auch das nachfolgend abgedruckte Flugblatt.


Letzte Seite des IUG-Infos Nr. 26

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