info nr. 10 der Initiative für Unabhängige Gewerkschaften vom 13.05.1990

KITA - STREIK - NACHLESE

Am 25. April hatten wir zu einer Video-Vorführung eingeladen, die 4o Minuten lang den Verlauf der letzten Versammlung zeigte, auf der sich die Streikleitung (ÖTV und GEW hatten aufgerufen) des Kita-Streiks mit "ihrer Basis" traf. Was man da nun mit eigenen Augen und Ohren sehen und hören konnte, hat die anwesenden 30 Ost-Kindergärtnerinnen (und uns von der IUG z.T. auch, das sollte man ruhig zugeben!) doch verblüfft. Um nur einige "Splitter" aufzuzählen:

- Während die Berliner Gewerkschaftschefs am Anfang des Streike laut tönten, sie würden mit allen Mittels dienen Streik unterstützen, hatten sie sich am Ende leise weinend davongemacht...

- Während am Anfang von großen Chancen für die Streikenden angesichts eines rot-grünen Senats gesprochen wurde, argumentierte dieselbe Streikleitung jetzt umgekehrt, dass das eine besonders ungünstige Situation sei...

- Während die anwesende "Basis" im Saal mit Mehrheit den Streik fortsetzen wollte, wiegelte die Streikleitung ab und beschloss kurzerhand den Streik für beendet...

Es war schon erstaunlich, das alles life zu erleben, und deprimierend für viele, als sie von den West-Kita-Frauen und Männern hören mussten, dass diese Haltung der Gewerkschafts- und Streikleitung (Von der wir nebenbei erfuhren, dass sie häufig nur von Oben eingesetzt, während des Streiks auch nicht absetzbar ist und somit oft nur ein Sprachrohr der Gewerkschaftsleitung darstellt!) leider typisch sei.

"Sie nehmen immer den Mund voll, wenn es losgeht. Dann ziehen sie sich langsam zurück und werden "realistisch"..." Und das offensichtlich, ohne die Interessen ihrer Mitglieder genügend zu berücksichtigen.

Na, das kann ja heiter werden, stöhnten die Ost-Kita-Frauen. "Das heisst also, man kann sich auch auf die Gewerkschaftsleitungen im Westen nicht verlassen?" -- "Das würden wir euch nicht raten. Nach unserer Erfahrung ist die Leitung der Gewerkschaft immer so kämpferisch wie ihre Basis sie Treibt, kein bisschen mehr!"

Die Kollegen haben selber die Erfahrung jüngst machen müssen, dass eine fehlende Vernetzung zwischen den Streikenden, also direkt zwischen den Kitas, dazu führte, dass der Gewerkschaftsleitung kein genügender Widerstand entgegengesetzt wurde. Im Anschluss an den unterbrochenen Kita-Streik haben daher die Westberliner Kollegen unter dem Motto: "AKTION STATT FRUST" eine "Kritische Erzieherinnen-Initiative" gegründet.

KONTAKTADRESSEN:
Stefania P(...)
(...) Straße 6
1000 Berlin 21

Constanze B(...)
(...)str. 14
1000 Berlin 30
Tel. (...)


+++++ Kurz +++++ gefragt ++++++

Wir fragten Frau B., Leiterin den Kindergartens Sredzkistraße 31 Berlin 1058:

Welche Forderungen waren beim heutigen Warnstreik für sie dis wichtigsten?
Fr. B.: Dass wir im Bildungswesen bleiben und nicht zu "Sozialempfängern" werden, die keiner haben will.

Standen die Eltern hinter ihnen?
Fr. B.: Ja, ausnahmslos. Drei Mütter haben sogar bei der Betreuung mitgeholfen, damit einige von uns zur Demo gehen konnten.

Welchen Eindruck hatten sie vom Bildungsminister Mayer, als er zu den Demonstrierenden sprach?
Fr. B.: Na, ja: Er hat ja zugesagt, dass die Kindergärten im Bildungswesen bleiben. Aber die Lohnforderungen hat er zurückgewiesen. Er wirkte etwas arrogant auf uns. Am 12. Juni geht der Streik weiter...

Kita-Beiträge von R.H.

Unsere nächste Veranstaltung zum Thema "ARBEITSLOSIGKEIT"
am 13. Juni 1990, 19 Uhr,
Frankfurter Allee 286
(Nähe U-/S-Bhf-Lichtenberg)

Unter dem (fragwürdigen) Motto des Herrn Messedirektors D(...) K(...): "Wenn es einen trifft, dann den Faulen ..." (Tribüne, 15.3.) wollen wir uns über prinzipielle Fragen zur Arbeitslosigkeit - woher sie kommt, ob sie eigentlich "nötig" ist - sowie über aktuelle Verhaltensweisen bei Arbeitslosigkeit verständigen:

Als Gast: Herr Grehn
- Vorsitzender des Arbeitslosenverbandes der DDR -


Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir sind ihn los, den Dachverband FDGB mit seinem Parasitären Apparat, der bis zuletzt unfähig war, die Interessen seiner Mitglieder wahrzunehmen. Noch vor wenigen Tagen erreichte uns der Brief eines Kollegen, der als technischer Mitarbeiter im FDGB tätig ist, dort einen Unabhängigen Interessenverband der technischen Mitarbeiter gegründet hat und über die letzten "Zuckungen" des Apparates gut informiert war. Er schreibt:

..."Der FDGB-Dachverband versucht durch die Bildung von Unternehmen, wie der CCM-GmbH, des ACE usw. sein Überleben wenigstens hinauszuzögern. Nicht nur, dass der FDGB-Dachverband als Arbeitgeber auftritt er beeinflusst die Axt auch in der Richtung, dass nur eine Mitarbeit in seinen Kapitalunternehmen zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze beiträgt. So wurde allen Kraftfahrern eingeredet, ihre Zukauft garantiere der Autoclub Europa, ACE... und heute wird krampfhaft überlegt, wie man die Kraftfahrer elegant freisetzt..."

Nun könnte sich ja die IUG auflösen, ihr Ziel, Aktivitäten außerhalb des FDGB anzuregen und zu vernetzen ist gegenstandslos geworden.

Wir glauben jedoch, dass es weiterhin eine Funktion für solche Gewerkschafts? und Betriebsarbeit gibt, die sich konsequent an den Interessen und Bedürfnissen der Leute "vor Ort" orientiert. Denn es wird sich erst zeigen, ob die Chefs der IGs und Gewerkschaften tatsächliche Interessenvertreter ihrer Mitglieder sind, oder nur die neuen "kleinen Fürsten", die sich um das Geld und Vermögen den gefallenen Dachverbandes streiten: Wir wollen das nicht unterstellen, wissen aber aus vielen Gesprächen mit westdeutschen Kollegen, wie oft sie gegen einen schwerfälligen Gewerkschaftsapparat anlaufen und dass in allen IGs - vom DGB ganz zu schweigen - die Bürokratie ständig zu Überwinden ist. Es bleibt uns nicht erspart, Kollegen, auch im DGB wird es heißen:

GEWERKSCHAFTSOPPOSITION MUSS SEIN

- Die Redaktion -

Trotz veränderter Umstände halten wir unser Kontaktbüro weiterhin jeden Mittwoch von 18 - 20 Uhr besetzt. Es ist in der Frankfurter Allee 286. (Nähe U- und S-Bahnhof Lichtenberg)

... Informationen aus Betrieben...Informationen aus Betrieben ...

...Im VEB Möbelwerk Berlin dirigieren Generaldirektor und BGL den Betrieb ins Aus. Hilflos erscheinende Aktivitäten (z.B. werden noch rasch Sozialvereinbarungen abgeschlossen, die halbherzig sind und auf falscher Grundlage beruhen) werden schnell noch initiiert, ohne die Betriebsangehörigen einzubeziehen...

...In den Brandenburger Verkehrsbetrieben haben einige Kollegen der BGL mit einem Aushang, auf dem sie alle auffordern, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und sich nicht einschüchtern zu lassen, ganz schön "Feuer unter den Hintern gelegt"...

Im VEB Wasseraufbereitungsanlagen Markkleeberg, Außenstelle Berlin, ist eine Interessengemeinschaft nicht gewerkschaftlicher Belegschaftsmitglieder gegründet worden, die ihren Sprecherrat gewählt hat. Die Betriebsdirektoren untersagen ihm alle Tätigkeiten und drohen mit Kündigungen...

...Im Carl-Zeiss-Jena, VEB Generalauftragnehmer Elektroinvest, fand auf Druck einiger Kollektive eine Belegschaftsversammlung statt, auf der die Unfähigkeit der Betriebsleitung konzentriert zum Ausdruck kam. Auch wenn solche Versammlungen inzwischen der Vergangenheit angehören, sollten wir uns merken, auf welchen "Etagen" die Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung saßen!! Der Betriebsleitung wurde vorgeworfen: zu spät und zu wenig Konzepte für die Umprofilierung entwickelt zu haben, die Notwendigkeit von Entlassungen zu lange verschwiegen zu haben, die Umwandlung des VEB in eine GmbH heimlich unter Ausschluss der Belegschaft durchzuführen, die Entlassungsliste einseitig aufgestellt zu haben (der ehemalige Parteisekretär und Kollegen von der Kaderabteilung z.B. stehen nicht drauf!)...

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