Initiative für Unabhängige Gewerkschaften

Die Initiative für Unabhängige Gewerkschaften (IUG) wurde in der letzten Oktober Woche 1989 von 13 Frauen und Männern in Berlin-Prenzlauer Berg gegründet. Nicht alle des Gründerkerns waren aber bei dem Gründungstreffen anwesend.

Mitbegründer waren Hans und Leonore Ansorg, Uwe Bastian, Berit Bretthauer, Ulf Dahlmann, Uwe Dähn, Wolfgang Gregor, Sonja Häder, Joachim, Renate und Stefanie Hürtgen, Matthias Lydike und Achim Stange.

Ziel war:

"Jetzt nachdem das stützende Skelett der SED auch im FDGB zerbricht und keine Anweisungen mehr aus der Zentrale kommen, erweist er sich auch im alten Sinn als handlungsunfähig.

Wir müssen uns also in unseren Betrieben und Einrichtungen sowie überbetrieblich selbst organisieren! Unsere Initiative will diesen Prozess befördern, versteht sich aber nicht selbst als neue Gewerkschaft oder gar Gewerkschaftszentrale sondern als Katalysator und Informationsstelle. Wir wollen Anregungen geben, Erfahrungen aus verschiedenen Betrieben sammeln und an andere weitergeben sowie die Einzelaktionen miteinander verbinden."

Von Anfang an wurde die IUG von den Medien bewusst "übersehen". Auch nach dem Ende der DDR setzte sich diese Praxis fort. Oder es hagelte Vorwürfe der Spaltung und der Schwächung der Interessen der Werktätigen. Der IUG wurde u.a. vorgeworfen, sie prophezeie eine Zukunft mit steigenden Preisen und Lohnabbau.

Nachdem der Schriftsteller Heiner Müller am 04. November 1989 auf der Demonstration in Berlin, auf bitten eines IUG-Mitglieds, den Inhalt eines Aufrufs, welcher für diesen Tag erstellt wurde, verlesen hatte, sah er sich zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt.

Von den Teilnehmern der Demo wurde seine Rede mit Pfiffen aber auch mit Beifall quittiert. Seine Forderung nach Streikrecht wurde von einigen mit dem Satz: "Wir wollen arbeiten" beantwortet.

Am Rande der ersten Gesamtdeutschen Arbeiter- und Jugendkonferenz am 17.12.1989 in Berlin wurde beschlossen, eine Konferenz für unabhängige Gewerkschaften einzuberufen. Die Konferenz fand am 13.01.1990 in Jena statt.

Am 03. Februar 1990 fand ein landesweites Treffen statt, das den Gründungskongress der IUG vorbereiten sollte. Dazu war auch eine Satzung ausgearbeitet worden. An dem Treffen nahm auch eine Initiative, die sich am 13. Januar in Jena gegründet hat und ähnliche Ziele wie die IUG verfolgte, teil. Mit 53 Ja, einer Nein, bei einer Enthaltung wurde ein Gründungsausschuss mit der Benennung von Bezirkskomitees beschlossen.

Es zeigte sich aber, dass von einer Massenbewegung für unabhängige Gewerkschaften nicht ausgegangen werden konnte. Das Treffen am 03.02. - einen Tag nach dem außerordentlichen FDGB-Kongress - war die erste und letzte große Versammlung unabhängiger Gewerkschafter in der DDR.

Danach kamen Zweifel in der IUG an den bisherigen Zielen auf.

Im Februar 1990 wurde dann auch festgestellt " ... blieben entsprechende Aktivitäten gering, von einer Massenbewegung auch nach unserem Aufruf zur Gründung von Basisgruppen konnte nicht gesprochen werden".

Auf dem einzigen Gründungsausschusstreffen am 23. Februar 1990 in Dresden schlossen sich der Koordinierungsausschuss Dresden für freie Gewerkschaften und Betriebsräte der IUG und Interessenvertreter der Bezirke zur Unabhängigen Gewerkschaftsbewegung (UGB) zusammen. Die UGB konnte aber nicht mit Leben erfüllt werden.

Zwar war die Ablehnung der FDGB-Kader bei den Werktätigen groß, aber die Bereitschaft neue eigenständige gewerkschaftliche Basisgruppen aufbauen zu wollen, war gering. Auch an eine Betriebsrätebewegung, wie nach 1945, konnte nicht angeknüpft werden. Hinzu kam das Warten auf den DGB und seine Einzelgewerkschaften.

Gruppierungen wie der Demokratische Aufbruch und die SDP/SPD orientierten auf den DGB und auf seine Einzelgewerkschaften. Ab Jahresbeginn 1990 traten auch die BRD-Einzelgewerkschaften immer mehr in Erscheinung. Der verbliebene FDGB steuerte ebenfalls auf den DGB zu. Die neu gebildeten Betriebsräte beschränkten sich oftmals auf den eigenen Betrieb. Durch die einsetzende Umstrukturierung in den Betrieben waren ihre Kräfte auch schnell in Abwehrmaßnahmen gebunden.

Unterstützt wurde die IUG zeitweise von Mitgliedern des Neuen Forum und der Vereinigten Linken. Eine engere Zusammenarbeit mit der Gewerkschaftsgruppe der Vereinigten Linken kam aber nicht zustande. Nicht nur beim Neuen Forum auch bei anderen Gruppierungen und Parteien war die Angst vor einem wirtschaftlichen Chaos und Streiks groß.

Der anfängliche Hauptgegner, der FDGB, verschwand 1990 immer mehr. Eine Debatte Ende Mai 1990 in Berlin über die Demokratisierung der Gewerkschaften verlief enttäuschend. Sowohl von der Teilnehmerzahl als auch inhaltlich. Die IUG hatte sich auch gegen Westlinke, die in ihren Bereich in all den Jahren nichts zustande gebracht hat und nun eine neues Betätigungsfeld suchten, zu wehren. Von der "Vereinigung Arbeitskreis Arbeitnehmerpolitik" wurde die IUG zu einer Veranstaltung im November 1989 nach Paris eingeladen. Bedeutend für die Trotzkisten war die vorweggenommene Einheit von Ost- und Westdeutschen. Sie wurden dort als eine Delegation präsentiert.

Von Dezember 1989 bis zum Dezember 1990 gab die IUG ein "info"-Blatt heraus. Es erschienen insgesamt 16 Nummern.

Am 04. November 1990 ging die IUG in die "Initiative kritische Gewerkschaftsarbeit" (IKG) über. Unter ihrem Namen kam im November 1990 eine Kritik am DGB mit dem Titel "Hurra!! Der DGB ist da!!!" heraus. Ab Januar 1991 erschien das "info" als Blatt der IKG.

Später entstand aus der Initiative kritischer Gewerkschaftsarbeit das "Bündnis kritischer Gewerkschafter Ost-West". Dieses Bündnis löste sich später auf. Aus diesem Bündnis gingen zwei kleine Gruppen hervor. Es folgte der Arbeitskreis Geschichte Sozialer Bewegungen Ost/West. Der Arbeitskreis wurde am 17.06.2003, zum 50. Jahrestag des Aufstandes in der DDR gegründet.

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