Grüne Partei

Mitte 1989 gab es in der DDR Bestrebungen zur Bildung einer Grünen Liste als gemeinsame Plattform der Umweltbewegung. Am Rande der Greenway-Konferenz am 01. Oktober 1989 in Berlin-Friedrichsfelde bildete sich eine Initiative zur Gründung einer Grünen Partei. Die Gründungsinitiative lud zu ihren Sitzungen auch Vertreter der "Gesellschaft für Natur und Technik" ein. Im Neuen Forum hatte sich bereits eine "Grüne Liste" gebildet.

Im Herbst 1984 hatte Petra Kelly von den Westgrünen in Ostberlin vorgeschlagen in der DDR eine Sektion der internationalen grünen Bewegung zu gründen. Was aber bei den Ökos in West und Ost keine Resonanz fand. Im Januar 1988 gründete sich das "Grün-ökologische Netzwerk 'Arche' in der evangelischen Kirche". Das Netzwerk orientierte sich nicht an der staatlichen bezirklichen, sondern an der landeskirchlichen Gliederung, so Mitbegründer Carlo Jordan.

Wer sich in Umweltgruppen zusammenschloss, versuchte Umweltdaten öffentlich zu machen und auch noch Kontakte zu anderen Gruppen, vor allem im Ausland pflegte, lief Gefahr, schnell mit zahlreichen Anschuldigungen konfrontiert zu werden. Z.B. Öffentliche Herabwürdigung, Zusammenschluss zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele, Landesverräterische Nachrichtenübermittlung, Ungesetzliche Verbindungsaufnahme u.ä.

Im September 1988 gründete sich in Polen eine Grüne Partei. Zu Parteigründungen kam es auch in den baltischen Sowjetrepubliken und Ungarn, was die Diskussion über die Gründung einer Grünen Partei in der DDR aufleben ließ.

Treibende Kraft der Parteigründung war u.a. das Netzwerk Arche, das neue Strukturen aufbauen wollte. Es gab Ängste in den staatlichen Strukturen untergebuttert zu werden.

Die Grüne Partei war ein Nachzügler in der Gründung einer Partei oder Bürgerbewegung, die von Personen betrieben wurde, die schon jahrelang in der DDR-Basisgruppen aktiv waren. Obwohl es in der DDR bereits seit vielen Jahren Gruppen mit grünem Anspruch gab, ging erst am 05. November 1989 eine Initiativgruppe, auf einem Delegiertentreffen zahlreicher Umweltgruppen, mit einem Gründungsaufruf an die Öffentlichkeit.

In dem Gründungsaufruf heißt es u.a.:

"Die Grüne Partei in der DDR stellt sich auf die Seite aller Kräfte, die sich für Demokratie und Freiheit durch tiefgreifende Reformen in unserem Land einsetzen.

Sie ist ökologisch, feministisch und gewaltfrei.

Die besonderen Ziele der Grünen Partei sind:

Der konsequente ökologische Umbau unseres Landes in radikaler Absage an umweltzerstörendes, rohstoffvergeudendes Wachstum und dem stalinistisch geprägten Umgang mit Menschen, Wirtschaft und Umwelt. Sofortiger Handlungsbedarf besteht für die ökologischen Katastrophengebiete im Raum Leipzig-Bitterfeld-Halle, Dresden-Karl-Marx-Stadt und Cottbus und zur Rettung vieler historischer Altstädte, Kulturlandschaften und Schlösser, z.B. in Mecklenburg."

Auf Grundlage dieses Aufrufs gründete sich die GRÜNE PARTEI am 24. November 1989 auf dem 6. Ökologie-Seminar in der Bekenntniskirche in Berlin-Treptow. Neben "ökologisch" und "gewaltfrei" benutzte sie auch "feministisch" zunächst als Kennzeichen. Bald wurde feministisch aber wieder gestrichen.

Die Gründung der Grünen Partei sollte bereits am 24. Oktober erfolgen. Wurde aber wegen interner Streitigkeiten um einen Monat verschoben. Das Logo der Grünen Partei wurde von dem Grafiker Mathias Rohde entworfen. Es wurde bewusst nicht die Sonnenblume, wie bei den Westgrünen, gewählt. Auch der Name "Die Grünen" kam nicht in Frage. Die Grüne Partei wollte ihre Eigenständigkeit betonen. Es sollte ja nicht der Eindruck entstehen, sie seinen der "Ostableger" der Westgrünen.

Wegen des sich abzeichneten Zentralen Rundes Tisches war es nötig endlich zu Potte zu kommen, sollte ein Platz an dem neuen Möbelstück eingenommen werden können.

In dem sechsköpfigen vorläufigen Sprecherrat wurden Marianne Dörfler, Carlo Jordan, Gerd Klötzer, Vollrad Kuhn, Henry Schramm und Christine Weiske gewählt.

Zu den Gründungsmitgliedern gehörten u.a. auch Gerhard Bächer (Mitgliedsausweis 2), Günther Packenius, Michael Happe, Mario Hamel und Fedor Pfistner.

Im Gegensatz zur "Grüne Liga", die sich als parteiunabhängiger Dachverband der Umweltgruppen verstand, konstituierte sich die GP als Partei. "Die Grünen" in der BRD wurden dabei als natürlicher Partner angesehen. Mit ihrer Unterstützung wurde der erste Programmentwurf verfasst, der im Dezember 1989 vorgelegt wurde.

Der Demokratische Aufbruch (DA) versuchte die Gründung der Grünen Partei zu verhindern. Er beanspruchte die Grünen in der DDR zu sein und forderte die Leute auf sich ihrer Gruppierung anzuschließen. Carlo Jordan nannte den DA den größten Widersacher für die Grüne Partei innerhalb der neuen Gruppierungen. Es sei von DA-Seite angedroht worden einen Parallelraum zum 6. Ökologie-Seminar zu organisieren um die Leute abzuziehen.

In Halle im "neues theater, landestheater halle" fand vom 09.-11. Februar 1990 der 1. Parteitag der Grünen Partei - ökologisch solidarisch basisdemokratisch - statt. Als Tagungsort wurde bewusst ein Ort in eine ökologisch hochbelastete Region - Halle, Bitterfeld, Buna - gewählt.

Es wurde ein sogenanntes Hallenser Rahmenprogramm und eine Satzung verabschiedet. Der Erwerb von von Grund und Boden in der DDR durch ausländische Investoren wird grundsätzlich ablehnt. Eine ausländische Kapitalbeteiligung an DDR-Unternehmen darf 49 Prozent nicht übersteigen. Neben dem Ausstieg aus der Kernenergie in der DDR wird auch der Stopp des Uranabbaus in der DDR gefordert.

Die Delegierten sprechen sich dafür aus, eine ökologische Weltsicherheitskonferenz einzuberufen. Die Einberufung einer KSZE-Gipfelkonferenz wird für 1990 gefordert. Ziel sollte es sein, bei schnellstmöglicher und vollständiger Abrüstung beide Militärbündnisse aufzulösen und ein gemeinsames europäisches Sicherheitssystem zu schaffen.

Nach einer Konföderation beider deutschen Staaten sollte nach Abschluss eines Friedensvertrages und die Erarbeitung einer neuen Verfassung eine einheitliche deutsche Republik in einer europäischen Friedensordnung verwirklicht werden.

Ein Zusammenschluss mit dem Neuen Forum zum "Grünen Forum" fand keine Mehrheit.

Mit 43 gegen 193 Stimmen lehnten die Delegierten ein Bündnis mit der Vereinigten Linken ab. Auch abgelehnt wurde eine Listenverbindung mit den Organisationen der Bürgerbewegungen, da man sich selber als Partei verstand und außerdem die Befürchtung hatte die Ökologie käme zu kurz.

Stattdessen wurde ein Wahlbündnis mit dem Unabhängigen Frauenverband befürwortet.

Befürwortet wird eine Quotenregelung, die für die Spitzengremien eine gleich großen Anteil von Frauen und Männer vorsieht.

Die Grüne Partei nannte sich bewusst nicht "Die Grünen". Neben ihrem bisherigen Kennzeichen, ein Baum von einem Kopf umschlossen, soll auch eine Sonnenblume zum Logo der Grünen Partei gehören.

Die Pressesprecherin, Vera Lengsfeld, sagte: "Im Unterschied zu den anderen Parteien, setzen wir die Ökologie ganz vorne an. Wir sind der Meinung, dass bei dem anstehenden Umbau unserer Gesellschaft über allem was wir jetzt zu bewältigen haben, die Fragen der Ökologie das Primat haben müssen. Wir leben schließlich in einem ökologischen Katastrophengebiet und dem muss Rechnung getragen werden."

Den Vorstand der Grünen bildeten Judith Demba, Friedrich Heilmann, Viktor Leibrenz, Dorit Nessing-Stranz, Henry Schramm und Christine Weiske.

Finanzgeschäftsführer mit Stimmrecht in Finanzfragen wurde Mario Hamel und Pressesprecherin Vera Lengsfeld.

Der Sprecher der Bundestagsfraktion der BRD-Grünen, Willy Hoss, überbrachte Grüße seiner Partei.

Ein Delegiertenrat, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen, wurde am 24.02.1990 gebildet.

Die Grüne Partei wurde in ihrem Parteiaufbau von den West-Grünen unterstützt. Am 01.04.1990 wurde in Thüringen der erste Landesverband gegründet.

Die Grüne Partei sprach sich am Zentralen Runden Tisch dafür aus, nur Parteien zur Volkskammerwahl zuzulassen. Als Argument nannte ihr Vertreter dort, eine Organisation ist immer stärker geneigt, politischen Schwankungen zu unterliegen. Es ist also für den Wähler ein nicht so verlässlicher Faktor wie Parteien.

Eine Doppelmitgliedschaft wird für die gesamten Organisationen, nicht nur für die Mandatsträger, ausgeschlossen, wollen sie sich an der Volkskammerwahl beteiligen.

Was Widerspruch bei den Organisationen, die keine Parteien waren hervorrief.

Als Beteiligung der Bürgerbewegungen und Verbände wird eine zweite Kammer mit möglicherweise Vetorecht vorgeschlagen.

Als Reaktion auf den Modrow-Besuch in Bonn am 13./14.02.1990 meinte die GP: "Seit der heutigen Pressekonferenz von Kohl und Modrow ist es klar, es wird kein allmähliches Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten geben, sondern nur noch einen bedingungslosen Anschluss der DDR an die BRD. Zu den Bedingungen von Kohl für eine von ihm gewünschte sofortige Währungs- und Wirtschaftsunion gehört offenbar die Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze und die politische Einbindung der DDR in die NATO. Die GRÜNE PARTEI in der DDR erklärt entschieden: Die demokratische Bewegung in unserem Lande ist nicht angetreten, um in einer Zwangsvereinigung erstickt zu werden."

Im März 1990 rief die Grüne Partei zur Anti-AKW-Demonstration vor die Baustelle des KKW-Stendal auf. Minister Pflugbeil sandte ein Telegramm an die Demonstranten.

Zur Volkskammerwahl ging die Grüne Partei mit dem UFV ein Wahlbündnis ein. Nach der Wahl kam es zwischen den Bündnispartnern zum Streit, da alle 8 Mandate (1,96 %) an die Grüne Partei fielen und der UFV leer ausging. Der Berliner Verband der Grünen Partei beschloss mit Mehrheit, einer Frau, Vera Lengsfeld, nahezulegen, dass sie zugunsten von Christian Schenk vom UFV, auf ihr Mandat verzichtet.

Die Grünen bildeten mit Bündnis 90 in der Volkskammer eine Fraktion.

Als Wahlkampfzuschuss im 1. und 2. Quartal 1990 beantragte das Wahlbündnis Grüne/UFV 9,7 Millionen Mark beim Ministerium der Finanzen, die auch bewilligt wurden.

Auf ihrem 2. Parteitag, "Politische Zukunft im vereinigten Deutschland", vom 07.-09.09.1990 in Magdeburg nennt sich die Grüne Partei in "DIE GRÜNEN" um und machte sich kompatibel für die Fusion mit den West-Grünen. Zuvor wurde der Name "Die Grünen/Bündnis 90" gewählt.

Es wird beschlossen am 02.12. ein gemeinsamer Bundesverband mit den Grünen (BRD) zu bilden.

Die personelle Vertretung im Vorstand der gesamtdeutschen Grünen wird gewählt.

In die gemeinsame Partei wird als parteinahe Jugendorganisation ein "Grün-alternatives Jugendforum" eingebracht.

Beschlossen wird die Auflösung der Geschäftsstelle in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte. Den hauptamtlichen Mitarbeitenden der Geschäftsstelle wird gekündigt. Vorstand und Mitarbeiter einigen sich darauf die Akten aufzuteilen und mit nachhause zu nehmen. So werden aus Akten einer Partei Privatbesitz.

Am 03.10.1990 kommt es zum Zusammenschluss der beiden Grünen Parteien. Formal tritt die Grünen Partei der DDR der Grünen Partei der BRD bei.

Den einzelnen Landesverbänden wird es freigestellt, eigenständig dem Bundesverband der Grünen beizutreten.

Der Grüne Landesverband Sachsen verweigerte als einziger die Fusion. Er schließt sich in Sachsen einem Bündnis 90/Die Grünen an.

Zu den gesamtdeutschen Wahlen ging Die Grünen (DDR) mit dem Neuen Forum, mit Demokratie Jetzt, Grüner Liga, Initiative für Frieden und Menschenrechte, Unabhängiger Frauenverband, Vereinigte Linke und Die Grünen (BRD) eine Listenverbindung unter dem Namen "Die Grünen/Bündnis 90-BürgerInnenbewegungen" ein.

Nur knapp wurde im Thüringer Landesverband 1991 die Aussetzung seiner Mitgliedschaft im Bundesverband abgelehnt.

Auf dem Vereinigungsparteitag von Bündnis 90 und Die Grünen 16./17.01.1993 in Hannover tritt die Bundesvorstandssprecherin Christine Weiske von den Ostgrünen zurück. Als Begründung nennt sie u.a. das Frauenstatut. Unmut löste auch der Aufwand um die Vereinigung von Bündnis 90 und Die Grünen aus. Waren doch die Ostgrünen geräuschlos den Westgrünen bereits 1990 beigetreten.

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