Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, Gewerkschaften

Der Prozess der zum Teil radikalen Umgestaltung unseres gesamten gesellschaftlichen Lebens, wurde durch viele Bürger unseres Landes 'von unten' ausgelöst. Es muss leider klar gesagt werden, der FDGB als Massenorganisation unseres Volkes hat daran keinen Anteil. Vielmehr geht der Vertrauensverlust der Werktätigen zu ihrer Organisation tagtäglich noch weiter, wobei auch unser Betrieb dabei keine Ausnahme darstellt.

Die so genannte Dreieinigkeit scheint doch noch nicht überwunden zu sein, woran auch die von "oben" festgelegte Entbindung von FDGB-Funktionären aus Parteileitungen bisher kaum etwas verändert hat.

Vertrauen neu erwerben heißt, komplexe Veränderungen durchzusetzen und sich nicht, wenn überhaupt, im Klein-Klein zu verlieren. Damit beschäftigt sich nämlich unsere ZBGL beziehungsweise ihr Vorsitzender (siehe Artikel Seite 4/5 der Betriebszeitung der 5. November-Ausgabe).

Wenn man zu dem niveaulosen Artikel "Wach - auch ohne Wecker" überhaupt etwas sagen muss, dann nur soviel, dass noch einmal bestätigt wird, dass die 1. VVV nach der Neuwahl der FDGB-Leitungsorgane im April tatsächlich erst im Oktober, also unvertretbar lange danach stattfand.

Nichts anderes hat die Vertrauensfrau der Küchen HW/West und Bfk. 66, Ulrike W(...), zum Ausdruck bringen wollen. Eine sachliche Kritik mit 'Schlägen unter die Gürtellinie' zu beantworten, mag war zum Stil des Artikelautors gehören, entspricht aber nicht der Kultur, wie wir engagiert und trotzdem sachlich miteinander umgehen müssen, um die anstehenden Probleme zu lösen.

Die Karikatur unter dem angeführten Betriebszeitungsartikel steht wohl so richtig im Gegensatz zum letzten Absatz: Der Redaktion ein großes Dankeschön!

Dass dieser Umgang der FDGB-Leitungen in unserem Betrieb mit ihren Mitgliedern höchstwahrscheinlich kein Einzelbeispiel ist, zeigt die Tatsache, dass der zuständige BGL-Vorsitzende oben genannter Vertrauensfrau sogar mit einer Zivilklage wegen ihres engagierten und herzerfrischenden Auftretens in der Betriebszeitung droht. Ich war zufällig Zeuge am Telefon. Ich glaube, hier hat wohl doch jemand vergessen, wie man auf eine sachlich begründete Forderung reagieren müsste.

Oder ist es üblich geworden, dass Vorsitzende unserer Gewerkschaftsleitungen auf jede Kritik an ihrer Person beziehungsweise Arbeitsweise mit 'Handkantenschlägen' oder erst einmal mit einer Rechtfertigung antworten?

Auf diese Art und Weise wurden mit langatmigen Rechtfertigungen, zum Beispiel Diskussionen von Arbeitern der Gewerkschaftsversammlung im Bereich 64-65 am 28. November 'abgeblockt'.

Konkrete Forderungen auf der gleichen Versammlung, dass der ZBGL-Vorsitzende auf Grund, geschwundenen Vertrauens der Gewerkschaftsmitglieder doch endlich die persönliche Konsequenz ziehen und seine Funktion zur Verfügung stellen sollte, beantwortete er mit der Ausflucht, dass er dies nicht könne, da er für seine Funktion keinen Nachfolger finden würde!! Dazu ist wohl jeder Kommentar überflüssig.

Es gibt immer noch Funktionäre, die an ihrem Stuhl kleben und nicht wissen wollen, wann sie ihren Aufgaben nicht mehr gerecht geworden sind. Ein sehr respektables Gehalt und eine recht gute Rente (90 Prozent vom Nettogehalt) haben immer noch "Haftwirkung". Ich bin selbst Mitglied der ZBGL, da ich aber nur eine einfache Arbeiterin in der Fabrik 66 bin, wurde ich in dieser Leitung nie richtig für voll genommen man und fühlte mich wie das fünfte Rad am Wagen. Obwohl oben genannter Artikel mit "Funktionäre und Mitarbeiter der ZBGL" unterzeichnet ist, habe ich ihn erstmals in der Betriebszeitung zu Gesicht bekommen.

Wenn so auf berechtigte Kritik geantwortet wird, kann ich mich nur von der Arbeitsweise dieser Leitung distanzieren und stelle hiermit meinen Platz in der ZBGL zur Verfügung und hoffe, dass die BGL und auch die ZBGL geschlossen meinem Schritt folgt. Ich sehe in meiner Zugehörigkeit zu dieser ZBGL keinen Sinn mehr.

Ich selbst habe sicher auch zu wenig Initiative gezeigt, aber bis vor kurzem war ja diese auch gar nicht gefragt. Ich kann und will nicht mehr ins 'Abseits' gestellt werden, sondern dort zupacken dürfen, wo es nötig ist. Eine amtierende Arbeitsleitung sollte kurzfristig die Wahl für eine BGL für den gesamten Betrieb vorbereiten.

Heike M(...)

aus: BVL, Nr. 44/89, 1. Dezember-Ausgabe, 10. Jahrgang, Betriebszeitung des VEB Braunkohlenveredlung Lauchhammer, Betrieb des VEB Gaskombinates "Fritz Selbmann" Schwarze Pumpe

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