Antwortbrief von Egon Krenz an Berliner Schriftsteller

Als Antwort auf einen Brief des Bezirksverbandes Berlin des Schriftstellerverbandes der DDR an das Zentralkomitee der SED, in dem dieser seine tiefe Besorgnis über die in der DDR entstandene Lage zum Ausdruck brachte, richtete Egon Krenz folgendes Schreiben an die Berliner Schriftsteller:

Liebe Freunde und Genossen!

Ihr habt Euch in einer für unser Land und unsere Partei schwierigen Situation an das ZK der SED gewandt Getragen von der Mitverantwortung für das weitere Gedeihen unseres sozialistischen Vaterlandes habt Ihr Eure Sorge über den Vertrauensschwund vieler Bürger unseres Landes in die Politik unserer Partei zum Ausdruck gebracht. Wie viele Mitglieder unserer Partei, Bürger aller Schichten und Generationen, Grundorganisationen unserer Partei und Arbeitskollektive habt auch Ihr durch Eure Hinweise und Forderungen einen Prozess der Auseinandersetzung befördert, der letztlich zur Erklärung des Politbüros unserer Partei vom 12. 10. 1989 sowie den Ergebnissen der 9. Tagung unseres ZK geführt hat.

Die eingeleitete Wende, die es durch konkrete Taten weiter zu untermauern gilt, braucht auch fürderhin und jetzt erst recht das Wort der Autoren unseres Landes. Die notwendige Erneuerung unserer Gesellschaft kann nur gelingen, wenn sie von den breitesten Schichten des Volkes getragen wird. Das diesem Ziel dienende umfassende, offene Gespräch muss fester Bestandteil unserer politischen Kultur werden. Dabei werden Wort und Tat auch der Schriftsteller gebraucht, damit wir gemeinsam in der Verantwortung gegenüber unserem Volk für ein sinnerfülltes Leben in Frieden und in einem stetig attraktiver werdenden Sozialismus gerecht werden. Ich möchte die Hoffnung ausdrücken, dass Ihr unserer Politik der Wende Eure ganze Unterstützung angedeihen lasst.

Mit sozialistischem Gruß

Egon Krenz
Generalsekretär

Neues Deutschland, Mi. 01.11.1989