Fr. 11. Mai 1990

• • DDR-Niederlassung der AEG eröffnet

    • Die AEG Aktiengesellschaft hat vorige Woche in Magdeburg ihre erste DDR-Niederlassung eröffnet. Über diese technische Vertriebsniederlassung sollen Produkte, Systeme und elektrotechnische Anlagen der AEG geliefert werden. Mit örtlichen Betrieben ist gemeinsames Projektieren und Installieren vorgesehen. Mit dem Starkstromanlagenbau Magdeburg wurde bereits eine Zusammenarbeit bei Fertigung, Montage und Service vereinbart.
      (Neue Zeit, Fr. 11.05.1990)

  • Deutsche Verkehrs-Bank AG Berlin soll gegründet werden

    • Die Deutsche Reichsbahn (DR) und die Deutsche Verkehrs-Kredit-Bank AG Berlin und Frankfurt (Main) (DVKB) werden gemeinsam mit der Deutschen Kreditbank AG Berlin und der Reichsbahn-Sparkasse e. G. Berlin die Deutsche Verkehrs-Bank AG Berlin (DVB) gründen. Eine entsprechende Übereinkunft wurde vorige Woche in Berlin unterzeichnet Das neue Institut soll als Hausbank die Bankgeschäfte für die Deutsche Reichsbahn ausführen Insbesondere wird es ab 1. Januar 1991 für die DR ein Frachtstundungsverfahren durchführen, das dem der DVKB in der Bundesrepublik entspricht. Die Grundlagen dafür werden derzeit von der DR gemeinsam mit der DVKB und der DVB vorbereitet.
      (Neue Zeit, Fr. 11.05.1990)

  • Betriebsberufsschulen sind in ihrer Existenz bedroht

    • Bonn (ADN). Investitionen in die berufliche Qualifikation der Beschäftigten in der DDR sind nach Auffassung von Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann ebenso wichtig wie moderne Maschinen und Anlagen. Der fachliche Zuschnitt der Berufsausbildung in der DDR entspricht nach Einschätzung von Haussmann nicht den steigenden Anforderungen des technischen Fortschritts. Das institutionelle Rückgrat - die rund 1 000 Betriebsberufsschulen seien wie die Kombinate und Betriebe als Träger in ihrer Existenz bedroht.
      (Berliner Allgemeine, Sa. 12.05.1990)

  • Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr auch in der DDR

    • Eine Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) gibt es seit Freitag auch in der DDR. Auf der Gründungsversammlung in Magdeburg wurde ein Geschäftsführender Vorstand und sein Vorsitzender Robert Knauth gewählt. Das Gremium wird den republikweiten Gründungskongress der ÖTV, der am 9. Juni 1990 in Magdeburg stattfinden soll, vorbereiten. Aufbauend auf den Erfahrungen der BRD-ÖTV gehe es den Initiatoren um eine starke und einheitliche Interessenvertretung in einem vereinigten Deutschland.
      (Tribüne, Mo. 14.05.1990)

      Stuttgart (ADN). In der DDR wird es demnächst eine Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) geben, teilte die Vorsitzende der bundesdeutschen ÖTV, Monika Wulf-Mathies, am Freitag in Stuttgart mit. Der Gründungskongress sei am 9. Juni in Magdeburg geplant. Die Vereinigung beider ÖTV-Gewerkschaften solle bis "spätestens zum Zeitpunkt der Einheit beider deutscher Staaten" abgeschlossen sein.
      (Neues Deutschland, Sa. 12.05.1990)

  • Schweinezucht- und -mastbetrieb blockiert

    • Pößneck (ADN). Thüringer Umweltschützer, Ökogruppen sowie Land- und Forstleute blockierten am Freitagmorgen mit 50 Fahrzeugen die Zufahrten zum Schweinezucht- und -mastbetrieb Neustadt (Orla). Mit der mehrstündigen Aktion wurde gefordert, die zweitgrößte Produktionsstätte dieser Art in der DDR - sie hat gegenwärtig 160 000 Tiere - bis Jahresende zu schließen. Rund 1,1 Millionen Kubikmeter Rohgülle pro Jahr haben die Fichtenwälder bereits weitflächig absterben lassen. Gülle und Bioschlamm veränderten Bodenstruktur und Bodenleben.
      (Neues Deutschland, Sa. 12.05.1990)

  • Eine eigene Armee auf dem DDR-Territorium
    Rückzug aus dem Warschauer Vertrag

    • Paris (ADN-Korr./ND). Solange die DDR als selbständiger Staat fortbesteht, werde sie im Interesse ihrer äußeren Sicherheit ihre Armee in angemessenem Umfang und streng defensiv strukturiert aufrechterhalten müssen. Dies erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im DDR-Ministerium für Abrüstung und Verteidigung, Dr. Bertram Wieczorek, am Freitag in Paris. Er sprach als Gast auf der Frühjahrstagung der Nordatlantischen Versammlung, der Abgeordnete aus den Parlamenten aller NATO-Staaten angehören.

      "Es wird auch nach der Vereinigung auf DDR-Territorium eine zweite deutsche Armee geben, die, in kein Militärbündnis integriert, hier eigene territoriale Sicherheitsfunktionen ausüben wird und dementsprechend strukturiert, ausgerüstet und ausgebildet werden muss", unterstrich Dr. Wieczorek. Das sei ein Ergebnis der Absprachen zwischen beiden deutschen Fachministern, Rainer Eppelmann und Dr. Gerhard Stoltenberg. Es werde keine NATO-Truppen auf dem Gebiet der heutigen DDR geben.

      Als vorrangiges Anliegen der militärischen Sicherheitspolitik der DDR bezeichnete der Staatssekretär die Abrüstung und andere Maßnahmen der militärischen Vertrauensbildung. "Wir sind für keinerlei Bündnisverschiebungen, sondern für eine Bündnisüberwindung auf beiden Seiten", erklärte er. Die DDR werde sich darum bemühen, die militärischen Verpflichtungen im Warschauer Vertrag schrittweise abzubauen. Die politische Zusammenarbeit sollte hingegen intensiviert werden.
      (Neues Deutschland, Sa. 12.05.1990)

      Die DDR wolle ihre Verpflichtungen im Rahmen des Warschauer Vertrages verringern und sich stufenweise von den Vertragspflichten lösen. Dies erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im DDR-Ministerium für Abrüstung und Verteidigung, Dr. Bertrarn Wiecrorek, am Freitag in Paris auf der Frühjahrstagung der Nordatlantischen Versammlung. Diese Maßnahmen würden den Nachschub von Ausrüstung, die Ausbildung, das Luftverteidigungs- sowie das gemeinsame Kommandosystem betreffen. Einen Zeitplan für diese Schritte nannte Wiecrorek nicht Wie der DDR-Politiker betonte, habe sich die Bundesregierung damit einverstanden erklärt, nach der Vereinigung keine NATO-Truppen auf heutigem DDR-Gebiet zu stationieren.
      (Junge Welt, Sa. 12.05.1990)

  • Innenminister Forderung nach "Großreinemachen" zurückgewiesen

    • Saarbrücken/Berlin (ADN). DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel (DSU) hat Forderungen nach einem Großreinemachen im Apparat seines Hauses energisch zurückgewiesen. Ein solches Verlangen halte er "für Dummheit". "Ich möchte nicht mit wider rechtsstaatlichen Vergewaltigungen meine Amtszeit beginnen", sagte Diestel am Freitag in einem Gemeinschaftsinterview des Saarländischen Rundfunks mit Radio DDR. Er werde nach rechtsstaatlichen Grundsätzen und nach der Eignung entscheiden, von wem er sich trenne. Bisher habe er pro Woche zwei bis drei Generale und außerdem eine hohe Anzahl von Obersten und Oberstleutnanten aus dem Ministerium entfernt. Es sei aber unmöglich 150 000 Mitarbeiter rauszuschmeißen und dafür neue einzustellen.
      (Neues Deutschland, Sa. 12.05.1990)

  • Initiative Mieterbund fordert Einbeziehung von Interessenvertretern bei Verhandlungen zum Staatsvertrag

    • Berlin (ADN). Den Schutz des Eigentums von DDR-Bürgern durch Mitsprache von kompetenten Interessenvertretern bei Verhandlungen zum Staatsvertrag fordert die Initiative Mieterbund in einem offenen Brief an Lothar de Maizière.

      In dem Schreiben wird an den Ministerpräsidenten appelliert, vor Abschluss des Staatsvertrages keine Benachteiligung der Mieter, Nutzer und Pächter der DDR zuzulassen. Aus diesem Grunde sollten Vertreter des Mieterbundes bei Verhandlungen über Mietentwicklung, Eigentum, Verwaltung von Grund, Boden und Immobilien sowie die Sicherung der Bau- und Werterhaltungskredite einbezogen werden.
      (Neues Deutschland, Fr. 11.05.1990)

  • Umtausch 1:1 für alle kirchlichen Konten gefordert

    • Dessau (ena). Einen Umtauschsatz von 1:1 für alle kirchlichen Konten hat die Evangelische Landeskirche Anhalts gefordert. Der für Finanzen zuständige Dezernent Oberkirchenrat Andreas Schindler, argumentierte, dass die Kirchen in der DDR Gehälter für Mitarbeiter zahlen und einen großen Bestand an wertvollen Gebäuden unterhalten müssten.
      (Neues Deutschland, Sa. 12.05.1990)

  • Abrüstungs- und Verteidigungsminister in Leningrad

    • Leningrad (ADN). Der Abrüstungs- und Verteidigungsminister der DDR, Rainer Eppelmann, der anläßlich der Feierlichkeiten zum 45. Jahrestag des Sieges über den Hitlerfaschismus auf Einladung seines sowjetischen Amtskollegen Marschall Dmitri Jasow in der UdSSR weilt, hielt sich gestern in Leningrad auf.

      Er begab sich zunächst auf den Piskadowskoje-Gedenkfriedhof, wo 420 000 Opfer der Blockadejahre im zweiten Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte fanden. Am Denkmal der Mutter Heimat ehrte er die Toten mit einem Kranz. In das Ehrenbuch des Museums der Gedenkstätte trug sich Minister Eppelmann mit den Worten ein: "Ich schäme mich für im deutschen Namen begangene Untaten. Die Opfer von Leningrad mahnen uns."
      (Berliner Allgemeine, Fr. 11.05.1990)

      In einem Interview in der Berliner Allgemeinen sagt Rainer Eppelmann am 26.05.1990, es sei sein Wunsch gewesen den Heldenfriedhof zu sehen.

  • Außenminister Kein Friedensvertrag mit Gesamtdeutschland

    • DDR-Außenminister Markus Meckel hat sich erneut gegen den Vorschlag ausgesprochen, mit Gesamtdeutschland einen Friedensvertrag abzuschließen. Auf einer internationalen Pressekonferenz am Freitag in Berlin wies er darauf hin, dass ein solcher Vertrag mit über 50 Staaten abgeschlossen werden müsste. Dies könne 45 Jahre nach dem Krieg nicht die Aufgabe sein. Es käme darauf an, klare völkerrechtliche Regelungen zu finden, die die Nachkriegszeit vertraglich abschließen und Ansatzpunkte für eine künftige Ordnung in Europa bieten.

      Zum weiteren Verbleib der DDR im Warschauer Vertrag hohe die Regierung noch keine abschließende Meinung. Dies hänge von Veränderungen in der NATO und den Interessen der Sowjetunion ab. Allerdings könne die deutsche Einigung auch sicherheitspolitisch nicht mit Vertragsbruch vollzogen werden.

      Auf die Frage der Jungen Welt, ob ein NATO-Beitritt der DDR denkbar sei, wenn der erhoffte Wandel in der Allianz ausbliebe, antwortete der Minister, er sei überzeugt, dass das neue Europa nicht alten Strukturen verhaftet bleiben werde. Veränderungen der NATO seien sicher, ihr Inhalt müsse Gegenstand von Gesprächen unter Berücksichtigung sowjetischer Sicherheitsinteressen sein. Gleichzeitig räumte der Politiker Befürchtungen ein, die besonders durch NATO-Pläne zur Entwicklung neuer luftgestützter Atomraketen genährt würden.

      Auf Gerüchte über die Höhe seines Ministergehaltes angesprochen, antwortete Meckel, er könne sich nicht vorstellen, dass es 16 000 Mark betragen solle. Allerdings habe er bisher noch kein Geld für sein Regierungsamt bekommen.
      (Junge Welt, Sa. 12.05.1990)

  • Konstituierung des Bundestagsausschusses "Deutsche Einheit"

    • Bonn (ADN). Mit einem Eklat um den Vorsitz begann am Freitag in Bonn die Konstituierung des Bundestagsausschusses "Deutsche Einheit" zur parlamentarischen Begleitung des Einigungsprozesses.

      Zur allgemeinen Überraschung verzichtete die CDU/CSU darauf, die zu zunächst als Vorsitzende vorgesehene Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) zur Wahl vorzuschlagen. Die Bundestagspräsidentin nahm an der Sitzung erst gar nicht teil. Begründet wurde dies mit der Landtagswahl am Sonntag in Niedersachsen. Bei einem CDU-Erfolg will Frau Süssmuth in das Landeskabinett von Hannover wechseln.

      Von SPD-Seite wurde das Vorgehen der Union als wahltaktisches Manöver gerügt, das das Amt der Bundestagspräsidentin beschädige. SPD Chef Hans-Jochen Vogel sprach von einer "Posse". Die Union wies diese Vorhaltungen als "Mäkelei" zurück. Es sei vielmehr vernünftig, erst die Wahl in Niedersachsen abzuwarten und bei der nächsten Sitzung am 16. Mai über den Vorsitz zu entscheiden.

      In Anwesenheit von Bundeskanzler Kohl und Kanzleramtsminister Seiters wurde die Eröffnungssitzung vor der SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin geleitet, die zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. Die Union stellt 18 Mitglieder, die SPD 14, die FDP vier und die Grünen drei. Auch der fraktionslose Abgeordnete Thomas Wüppesahl nahm teil.
      (Berliner Allgemeine, Sa. 12.05.1990)

Stadtroda (ADN). Ein "Verband der Umsiedler der DDR e. V." wurde in dieser Woche in Stadtroda (Bezirk Gera) gegründet. Die Mitglieder dieser republikweiten Vereinigung treten für die Beibehaltung der Oder-Neiße-Grenze und für einen Lastenausgleich in einem vereinigten Deutschland ein. Der Verband, dessen Vorsitzender Dr. Bernhard Fisch aus Stadtroda ist, verlangt die Aufdeckung der historischen Wahrheit über das Schicksal der Umsiedler in der Nachkriegszeit.
(Neue Zeit, Fr. 11.05.1990)

Die Vorstände der IG Chemie und der IG Chemie, Glas und Keramik der DDR nehmen heute Verhandlungen über einen Kooperationsvertrag zwischen beiden Organisationen auf.
(Tribüne, Mo. 14.05.1990)

Erster Tag des zweitägigen Treffens von Vertretern der Außenministerien aus Polen, der ČFSR und der DDR in Berlin Schloss Niederschönhausen zwecks Beratung "zur Problematik gemeinsamer Initiativen in Vorbereitung auf das KSZE-Gipfeltreffen 1990". Der polnische Vertreter plädierte dafür, "dass die DDR stärker als bisher zwischen den unterschiedlichen Standpunkten der BRD und Polens als Vermittler wirksam wird".

Beschlossen wird eine trilaterale Initiative auf der Grundlage der polnischen (Rat für Europäische Zusammenarbeit) und tschechischen (Europäische Sicherheitskommission) Vorschläge.

Bei einem Treffen von Jungen Sozialdemokraten und der Gewerkschaftsjugend wird ein Appell verabschiedet, grundlegender Rechte junger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im auszuhandelnden Staatsvertrag zu fixieren.

Die Öko-Löwen in Leipzig fordern SERO auf, die verminderten Aufkaufpreise von Altpapier zurückzunehmen. Es werden Unterschriften gesammelt.

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