Streiks Januar 1990


Mo. 01.01.
In Beelitz streikt Militär für eine Militärreform. Seit 1 Uhr stehen mehrere Hundert Armeeangehörige vor dem Tor der Friedrich Wolf Kaserne. Damit soll gegen ihrer Meinung nach unflexible und schleppende Durchführung der Armeereform protestiert werden. Gefordert wird die kurzfristige Entlassung aller in der Volkswirtschaft stationierten oder dafür vorgesehenen Armeeangehörigen in ein ziviles Arbeitsrechtsverhältnis an ihrem heimatlichen Arbeitsplatz. Des weiteren wird die Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 12 Monate gefordert mit kurzfristiger und rückwirkender Durchsetzung. Am Abend beginnen Verhandlungen über die Forderungen.

Link zu ihrer Resolution

Armeeangehörige demonstrieren in Dresden und Leipzig.

Di. 02.01.
Verteidigungsminister Admiral Theodor Hoffmann traf gestern mit Armeeangehörigen des Standortes Beelitz zusammen.

Gegenstand des Gesprächs war ein Forderungskatalog von Soldaten und Unteroffizieren, in dem die Verkürzung des Grundwehrdienstes auf zwölf Monate, der Einsatz in der Volkswirtschaft sowie die Verbesserung der Dienst- und Lebensbedingungen enthalten sind. Bei einigen Fragen entschied der Minister sofort deren Klärung, andere wird er der Volkskammer und dem Ministerrat zuleiten.

Im Anschluss teilte der Verteidigungsminister mehreren hundert Armeeangehörigen seine Entscheidungen mit. Das betrifft beispielsweise die Abschaffung der Standortbereiche für den Ausgang, das Recht, ständig über den eigenen Personalausweis verfügen zu können, die Möglichkeit des Klublebens auch nach 22 Uhr und den Wegfall der gemeinsamen Esseneinnahme als "Dienstpflicht". Noch in dieser Woche, so Admiral Hoffmann, werden entsprechende Weisungen für die Teilstreitkräfte erlassen.

Forderungen aus dem Standort Beelitz hatten sich Soldaten aus Basepohl, Neuseddin, Erfurt und Warin angeschlossen.

Mi. 03.01.
120 Arbeiter des Treptower Betriebsteils von Steremat Berlin legten gestern Vormittag für zwei Stunden die Arbeit nieder. Sie protestierten gegen den Ministerratsbeschluss, der freigestellten Mitarbeitern aus Ministerien und dem Staatsapparat Überbrückungsprivilegien zusichert.

Angefangen hatte es morgens um 9 Uhr. Die Dreher der Großmechanik erfuhren aus einem Flugblatt vom Inhalt des Beschlusses, diskutierten kurz darüber und stellten ihre Maschinen ab. Eine Stunde später hatten sich 120 Arbeiter angeschlossen. Sie forderten eine Stellungnahme der Gewerkschaftsleitung. Der stellvertretende BGL-Vorsitzende Nils Rehahn aus dem Hauptwerk informierte die Streikenden darüber, dass die Steremat-Leitung bereits in der vorigen Woche beim Ministerrat und dem Zentralvorstand der Gewerkschaft der Mitarbeiter der Staatsorgane und der Kommunalwirtschaft protestiert hätte.

"Eine Viertelstunde später haben alle wieder gedreht", sagte uns Günter Funk aus der Vorfertigung. "Es ist ja nicht so, dass wir nicht arbeiten wollen. Wir aus der Vorfertigung wollen die zwei Streikstunden gerne nacharbeiten. Wir haben auch nichts dagegen, dass hier ein ehemaliger Stasimitarbeiter anfängt. Es stehen genug Drehbänke leer. Aber zu den gleichen Tarifen wie wir."

Mo. 08.01.
Beschäftigte des Suhler Fahrzeug- und Jagdwaffenwerkes legten am Montagvormittag ihre Arbeit nieder. Mit diesem Warnstreik, dem sich Mitarbeiter weiterer Suhler Großbetriebe anschlossen, verliehen sie ihrer Empörung über die Ministerratsbeschlüsse zu den Ausgleichszahlungen für ehemalige Mitarbeiter des Staats- und Sicherheitsapparates Ausdruck. In einem mit "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" überschriebenen, an den Ministerrat der DDR gerichteten Offenen Brief forderten die Arbeiter und Angestellten die sofortige Revidierung der Beschlüsse vom Dezember vergangenen Jahres sowie ähnlich gelagerter Regelungen.

"Geht das Bestreben der alten Kräfte weiter, ihre Privilegien zu festigen und soviel wie möglich des für sie vorteilhaften alten Systems zu restaurieren, wird es zu unvorhersehbaren Auswirkungen kommen, die uns ins Chaos führen. Streiks werden sich nicht verhindern lassen. Dies nutzt keinem Menschen, der an einer ehrlichen Neugestaltung interessiert ist. Soziale Sicherheit ja, Sicherung von Privilegien nein", heißt es im Brief.

Im Anschluss an die Kundgebung vor dem Jagd- und Sportwaffenwerk am Viadukt führte ein Protestmarsch durch Suhls Innenstadt.

Warnstreiks gibt es im Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk in Suhl und einem Werk der Reichsbahn in Berlin.

Mi. 10.01.
In Betrieben des ganzen Bezirks finden Warnstreiks statt. In Suhl streiken die Arbeiter des Elektrogerätewerkes und finden sich zu einer Kundgebung zusammen, auf der eine Fortsetzung des Demokratisierungsprozesses, die Abschaffung der vom Ministerrat beschlossenen Ausgleichszahlungen für ehemalige Mitarbeiter des AfNS und die vollständige Beseitigung alter Machtstrukturen gefordert wird. Auf mitgeführten Transparenten steht:

Alte Namen "neue" Posten - so'n Betrug gibt's nur im Osten
Ist die Wende schon zu Ende - Gysi reibt sich schon die Hände
Ist das ganze Volk erst weg, zieht keiner die Karre mehr aus dem Dreck;
Offenlegung des SED-PDS Vermögens
Warnstreik gegen alte Machtstrukturen

Warnstreik in Magdeburg.

Während der Volkskammertagung protestieren Bauarbeiter mit einem einstündigen Warnstreik gegen ihrer Meinung nach zu langsame demokratische Veränderungen in der DDR. Auf mitgeführten Plakaten wird eine schnelle Wiedervereinigung beider deutscher Staaten verlangt und gegen den weiter funktionierenden Machtapparat der SED protestiert.

Do. 11.01.
In einen rund zweistündigen Warnstreik traten am Donnerstagnachmittag mehr als 2 000 Beschäftigte des Weimar-Werkes, damit etwa ein Drittel der Belegschaft des Landmaschinenbetriebes. Sie forderten eine weitere Demokratisierung, bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung. Einige Redner erklärten, dass sie keine erneuerte SED-Herrschaft wollen. Verlangt wurde unter anderem die endgültige Auflösung der Staatssicherheit.

Betriebsdirektor Prof. Herbert Kroker stellte sich der Diskussion auch über notwendige Veränderungen für eine sichere Zukunft des Betriebes sowie Möglichkeiten einer wirksamen Interessenvertretung der Werktätigen. Dabei wurde über die Wahl eines Betriebsrates im Bereich Rationalisierungsmittelkonstruktion und Modellbau informiert.

An dem Warnstreik beteiligten sich Werktätige weiterer Betriebe, unter anderem aus den Uhrenwerken, dem VEB Ausbau und dem VEB Kraftfahrzeug-Instandsetzung.

Mit einem einstündigen Warnstreik forderten am Donnerstagvormittag mehrere hundert Berliner Bauarbeiter die sofortige Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit und Abschaffung des Überbrückungsgeldes für ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Die Bauleute zogen von der Kreuzung. Friedrichstraße/Kronenstraße über die Straße Unter den Linden zur Volkskammer und überreichten dort eine Protestresolution, die der Minister für Bauwesen und Wohnungswirtschaft, Prof. Dr. Baumgärtel, entgegennahm.

Auch an anderen Baustellen Berlins, darunter in Hellersdorf, legten Bauschaffende für 60 Minuten die Arbeit nieder.

Fr. 12.01.
In Weimar traten alle Betriebe in den am 09.01. auf einer Demonstration beschlossenen politischen Warnstreik gegen die SED, in Erfurt waren es ebenfalls Tausende von Beschäftigten.

Mit einem Warnstreik gegen den schleppenden Prozess der Demokratisierung in unserem Land protestierten gestern rund 250 Taxifahrer unserer Stadt. Von der Heinrich-Rau-Straße kommend über die Frankfurter Allee bis zum Gebäude der Volkskammer am Marx-Engels-Platz legten zeitweilig 250 Taxen den Verkehr lahm.

Wie die Organisatoren des Warnstreiks mitteilten, wurden alle vorbestellten Fahrten realisiert und waren von der Arbeitsniederlegung nicht betroffen. Umsichtiges Handeln von Angehörigen der Berliner Verkehrspolizei half, die Folgen des 90 Minuten wahrenden Verkehrschaos in Grenzen zu halten.

Mo. 15.01.
In mehreren DDR-Städten kommt es zu politischen Warnstreiks, zu denen zum Teil oppositionelle Parteien und Gruppierungen aufgerufen haben.

In Jena, Gera und Zwickau forderten Tausende ein Ende der restaurativen Bestrebungen der SED-PDS, die bedingungslose Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit und die Einstellung der Überbrückungszahlungen für ehemalige Mitarbeiter.

Die Werktätigen in Zwickau setzten sich während ihres zweistündigen Warnstreiks für eine Volksabstimmung zur weiteren Entwicklung der DDR ein. Entschieden werden sollte über die Souveränität der DDR oder eine Konföderation mit der BRD als vertraglich geregeltem Staatenbund. Von der derzeitigen Führung der DDR hatte man bis zum 14. Dezember die Bekanntgabe des Termins für diese Volksabstimmung erwartet.

Mehrere tausend Werktätige aus verschiedenen Betrieben der Stadt Gera beteiligten sich am Montagvormittag an einem Warnstreik. Mit der einstündigen Arbeitsniederlegung gaben sie ihren Forderungen nach schnellerer Demokratisierung in der DDR sowie nach einer zügigen und konsequenten Auflösung des ehemaligen Amtes für Nationale-Sicherheit Nachdruck. Angeschlossen hatten sich dem Streikaufruf von SPD, Demokratischem Aufbruch und vom "Wahlbündnis 90" unter anderem Transportarbeiter des VEB Modedruck, des Plattenwerkes und des Energiekombinates. Während der Arbeitsniederlegung sicherte in diesen Betrieben ein Bereitschaftsdienst den störungsfreien Ablauf der Produktion.

Jena. Die Belegschaften zahlreicher Betriebe und Einrichtungen von Jena nahmen am Montag an einem zweistündigen Warnstreik teil. Dazu aufgerufen hatten Neues Forum, Demokratischer Aufbruch, SPD und Grüne Partei. Auf einer Kundgebung auf dem Zentralen Platz wurde die sofortige Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit sowie das Einstellen der Zahlung, von Überbrückungsgeldern gefordert. Während des zweistündigen Ausstandes hatten in Jena auch zahlreiche öffentliche Einrichtungen geschlossen, die Betreuung der Kinder in den Kindereinrichtungen war jedoch gewährleistet.

Kraftfahrer des VEB Versorgungstransporte Berlin beschlossen am Montag einen auf 24 Stunden befristeten Streik bei der Auslieferung von Milch. Sie wollen damit ihre Forderung unterstreichen, unverzüglich und konsequent die Strukturen des ehemaligen Amtes für Nationale Sicherheit beziehungsweise der Staatssicherheit aufzulösen. Wie dazu aus dem Magistrat der Hauptstadt zu erfahren war, werden die Kraftfahrer dennoch am Dienstag die Versorgung von Krankenhäusern, Kindergärten und -krippen, Schulen, Alters- und Kinderheimen sowie Großküchen mit Milch gewährleisten.

Etwa hundert Mitarbeiter der Poliklinik "Robert Koch" am Prerower Platz in [Berlin-]Hohenschönhausen legten am Montagmorgen um 9 Uhr für 30 Minuten die Arbeit nieder. Mit diesem Warnstreik protestierten die Mediziner gegen die Zahlung von Überbrückungsgeldern für ehemalige Mitarbeiter des Staatsapparates und des Amtes für Nationale Sicherheit - eine Forderung, die nur wenige Stunden später am Runden Tisch erfüllt wurde.

Die Mehrzahl der 80 Angehörigen des Betriebsteils in Markranstädt des VEB Elguwa Leipzig beteiligen sich an einem einstündigen Warnstreik. Es bildet sich eine Streikkomitee. Neben den politischen Forderungen geht es auch um die Arbeitsbedingungen.

Beim VEB Kraftverkehr Wismar kommt es zu einem Warnstreik.

Di. 16.01.
Gegen die Restauration alter Machtverhältnisse vor allem durch die SED-PDS richteten sich am Dienstag mehrstündige Warnstreiks der VEB Kraftverkehr Gera und Jena. In der Bezirksstadt schlossen sich auch Werktätige aus anderen Betrieben an. Während eines improvisierten Meetings forderten mehrere tausend Teilnehmer schnellere Ergebnisse bei der Umgestaltung in der DDR, besonders bei der Auflösung der Dienststellen des ehemaligen MfS. Gleichzeitig begrüßten sie das Angebot von Ministerpräsident Modrow zur Zusammenarbeit mit der Opposition. Weitere Warnstreiks gab es im Betriebsteil Bernburg des Kraftverkehrs Käthen und beim Kohlehandel Weißenfels.

Zu einem Warnstreik im Kraftverkehr kommt es auch in Lobenstein.

Mi. 17.01.
Mittwochs öffnen die Cottbuser Geschäfte eigentlich um 10 Uhr. Gestern standen die Kunden an den rund 20 HO-Verkaufseinrichtungen im Stadtteil Sachsendorf-Madlow vor geschlossenen Türen und lasen "Heute von 10-12 Uhr wegen Warnstreiks geschlossen". Die Verkäuferinnen zogen indessen mit Schildern, u. a. mit Forderungen nach der 40-Stunden- Woche, in die Innenstadt vor das Haus ihrer Betriebsleitung. Zu den Anliegen, die sie an Direktor Rudolf Lukesch stellten, gehören außerdem bessere Entlohnung, mehr Urlaub und veränderte Kaderpolitik.

In der Strafvollzugseinrichtung Karl-Marx-Stadt haben die Gefangenen, mit Ausnahme der in Versorgungsbereichen eingesetzten, die Arbeit niedergelegt. Zu den Forderungen gehört laut Sprecherrat der Inhaftierten, die dem ADN gestern mitgeteilt wurden, die allumfassende Amnestie. Diese wird auch in einem Brief, adressiert an den "Volkskammerausschuss für Rechtsangelegenheiten" genannt. Darin erklären sie ihren Unmut über die Tatsache, dass Personen mit von der Amnestie ausgeschlossenen Delikten amnestiert wurden beziehungsweise amnestiert werden. Die Strafgefangenen fordern gleiches Recht für alle Strafgefangenen im Land.

Do. 18.01.
Etwa 100 Mitarbeiter des Potsdamer Bezirkskrankenhauses und einiger Außenstellen legten am Donnerstag für eine Stunde die Arbeit nieder. Sie forderten eine radikale Verbesserung des Lohngefüges im Gesundheitswesen, moderne Medizin- und Labortechnik sowie die Überwindung der Diskrepanzen zwischen stationärem und ambulantem Bereich. Durch den Streik gab es keine Beeinträchtigung der medizinischen Betreuung. Holger Baumgraß, einer der Initiatoren, sagte unter Beifall: "Wir lehnen es ab, uns mit unserer Ethik erpressen zu lassen!" Die Teilnehmer eines kurzen Meetings sprachen dem Gesundheitsminister ihr Misstrauen aus.

Fr. 19.01.
Der Personenverkehr durch den Kraftverkehr Suhl kam am Freitag in der Bezirksstadt während der Vormittagsstunden von 9.00 bis 12.00 Uhr vollständig zum Erliegen. Busfahrer und Taxifahrer protestierten mit diesem Warnstreik gegen innerbetriebliche Lohnregelungen und forderten ein einheitliches Lohnsystem für alle Beschäftigten der VE Verkehrsbetriebe in der DDR. Dem Warnstreik schlossen sich auch Fahrlehrer und Spediteure an. Der Überlandverkehr wurde durch diesen befristeten Ausstand ebenfalls stark beeinträchtigt.

Warnstreik im Berliner Glühlampenwerk. Am Freitag, dem 19. Januar, blockierten die Kollegen von MTU mit einem Container das Tor I.

Mo. 22.01.
Neustrelitz Gerechte, Entlohnung, bessere Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die, Einführung des Berufsbildes "Rettungssanitäter" forderten am Montag in Neustrelitz während eines zweistündigen Warnstreiks Mitarbeiter des DRK-Krankentransportes aus den Kreisen des Bezirkes Neubrandenburg. Nach einem Marsch durch die Innenstadt - mit Fahrzeugen und Sondersignal - sprachen die Krankentransporteure auf dem Marktplatz im Beisein Hunderter Neustrelitzer dem DRK-Präsidium der DDR ihr Misstrauen aus. Während des Warnstreiks waren die Schnelle Medizinische Hilfe und der ärztliche Hausbesuchsdienst gewährleistet. Am Dienstag werden in Neustrelitz Schwestern und Ärzte der Poliklinik und des Kreiskrankenhauses auf einer Demonstration Forderungen zur Verbesserung ihrer materiellen und sozialen Lage erheben.

Wismar Für viereinhalb Stunden standen am Montagmorgen Busse und Transportfahrzeuge des Wismarer Kraftverkehr-Betriebes „Ostseetrans“ still. Damit bekräftigte die Belegschaft ihre Forderungen nach Lohnerhöhung und Absetzung wie es hieß - unfähiger Leiter. Lediglich Milchtransporte wurden gesichert. Wismarer Fahrgäste mussten ausnahmslos bis gegen acht Uhr auf die einzigen öffentlichen Verkehrsmittel in der etwa 60 000 Einwohner zählenden Stadt verzichten. Nach Wiederaufnahme der bereits am Wochenende ergebnislos abgebrochenen Auseinandersetzung mit Vertretern der Kombinatsleitung wurde die Gründung eines Betriebsrates beschlossen. Ab 1. Februar soll ein überarbeitetes Lohnsystem wirksam werden. Der Belegschaft wurde außerdem das Recht eingeräumt, mit über den weiteren Einsatz staatlicher Leiter zu beraten.

Ab acht Uhr war der Nahverkehr in Wismar wieder gesichert.

In einen nicht angekündigten mehrstündigen Warnstreik traten in der Nachtschicht zum Dienstag Warenbegleiter und Kraftfahrer des Milchhofs Cottbus. Wie ein Sprecher der Streikenten ADN mitteilte, forderten sie von herbeigerufenen Verantwortlichen der Betriebsleitung höheren Schichtlohn und Zusatzurlaub, den Abbau von Überstunden und eine bessere Nachtschichtversorgung. Sie wurden von der Betriebsleitung darüber informiert, dass die Zustimmung zum Zusatzurlaub bereits vorliege und ab 1. März für die gesamte Belegschaft neue Produktivlöhne eingeführt werden. Offene Fragen würden mit den Werktätigen in den nächsten Tagen geklärt werden.

Di. 23.01.
Leipzig. Mit einem Warnstreik machten Mitglieder der Leipziger Taxi-Genossenschaft am Dienstagmorgen auf Kalamitäten ihrer Branche aufmerksam. Sie gaben ihrer Forderung nach zeitgemäßer Pkw- und Funktechnik Ausdruck.

Dresden. In einen zweistündigen Warnstreik trat die Belegschaft des Dresdner Cosid-Kautasit-Werkes 4. Die Arbeiter und Angestellten forderten u. a. die Beseitigung "der mittelalterlichen Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb".

Ueckermünde. Für drei Stunden legten Mitarbeiter des Bezirksfachkrankenhauses für Neurologie und Psychiatrie Ueckermünde die Arbeit nieder, machten auf die Misere in ihrer Einrichtung aufmerksam. Eine Notversorgung war gesichert.

Quedlinburg. Eine Stunde länger als üblich hielten die Angestellten der Kreissparkasse sowie ihre 21 Zweigstellen im Kreis Quedlinburg geschlossen.

In einen nicht angekündigten mehrstündigen Warnstreik traten in der Nachtschicht zum Dienstag Warenbegleiter und Kraftfahrer des Milchhofes Cottbus. Wie ein Sprecher der Streikenden ADN mitteilte, forderten sie von herbeigerufenen Verantwortlichen der Betriebsleitung höheren Schichtlohn und Zusatzurlaub, den Abbau von Überstunden und eine bessere Nachtschichtversorgung. Sie wurden von der Betriebsleitung darüber informiert, dass die Zustimmung zum Zusatz­urlaub bereits vorliege und ab 1. März für die gesamte Belegschaft neue Produktivlöhne eingeführt werden.

Mi. 24.01.
In Dresden traten am Mittwochmittag Werktätige aus Betrieben und Einrichtungen der Stadt in einen einstündigen Warnstreik. Von Beschäftigten in der Sonderfertigung des VEB Hochvakuum aufgerufen, legten sie von 13 bis 14 Uhr die Arbeit nieder. Ihre Forderungen richten sich gegen die Erhaltung und Erneuerung alter Machtstrukturen der SED/PDS und die Restauration von Geheimdiensten. Die Streikenden sprachen sich für Reformen aus, die ihrer Meinung nach bisher vor Betriebstoren haltgemacht hätten. Dem Streik schlössen sich nach Auskunft der Organisatoren Abteilungen von insgesamt rund 200 Betrieben und Einrichtungen in der ganzen Stadt an.

Link zu einem Interview mit Teilnehmern

Do. 25.01.
Einstündigen Warnstreik im Betonwerk in der Ferdinand-Schulze-Straße des Wohnungsbaukombinats Berlin. Es wird eine klare Aussage zur Zukunft des Werkes verlangt. Ihre Vorschläge sollen in eine Konzeption einbezogen werden.

Fr. 26.01.
Während eines einstündigen Warnstreiks trafen sich am Freitagnachmittag im Zentrum von Karl-Marx-Stadt Hunderte Angehörige der medizinischen Bereiche der Stadt. Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen, gleiche Löhne für gleiche Arbeit, Steuergerechtigkeit und wirtschaftliche Rechnungsführung. Sie äußerten ihr Misstrauen gegenüber Gesundheitsminister Prof. Dr. Klaus Thielmann, da sein Ministerium und er selbst in letzter Zeit zahlreiche Briefe von Schwestern und Ärzten unbeantwortet gelassen oder unbefriedigende Antworten gegeben hätten.

Streik bei der Berliner Müllabfuhr am 26.01.190

Mo. 29.01.
In einen zwei-stündigen Warnstreik traten am Montagvormittag Arbeiter aus der kleinmechanischen Fertigung und Montagebereichen der Wema-UNION Gera. Mit dem Ausstand wollten die rund 200 Beschäftigten Forderungen Nachdruck verleihen, die zum Teil schon seit Jahren bestehen. Dies betrifft zum Beispiel gleichen Lohn für gleiche Arbeit - so erhalten Arbeiter im Kombinatsstammbetrieb für die gleiche Tätigkeit bis zu einer Mark höheren Stundenlohn - und die bessere Bezahlung an manuellen Arbeitsplätzen. Bessere hygienische Bedingungen gehören ebenso dazu wie der Einsatz von Mitteln aus dem Export für die Rationalisierung in den mechanischen Fertigungsabteilungen. Die Betriebsleitung machte erste Zusagen, so zur Renovierung der sanitären Anlagen. Daraufhin verkürzten die Arbeiter den Warnstreik von drei auf zwei Stunden.

Aus Sorge um die weitere Sicherung der medizinischen Betreuung streikten am Montag Schwestern und Ärzte der Dialyseabteilung des Potsdamer Bezirkskrankenhauses - eine Stunde lang. Andere Abteilungen solidarisierten sich mit den Forderungen nach Abbau alter Leitungsstrukturen, Anschaffung moderner Medizintechnik, Lohnpolitik, der Erhöhung des Pflegesatzes, besserer Versorgung der Dialysepatienten mit Urlaubsplätzen und neuer gewerkschaftlicher Interessenvertretung.

Private Fuhrunternehmer aus den Kreisen Zwickau-Stadt und -Land sowie aus den Städten Werdau und Crimmitschau blockierten mit rund 300 LKW für eine Stunde zwei der drei Fahrspuren auf dem Zwickauer Dr.-Friedrichs-Ring. Mit ihrem Warnstreik forderten die Fuhrunternehmer eine neue Besteuerung sowie diesbezügliche Gleichstellung mit dem volkseigenen Sektor. Sie verlangen sowohl finanzielle wie auch materielle Möglichkeiten, ihren Fuhrpark aus eigenen Kräften zu modernisieren.

Di. 30.01.
Die Straßenbahn- und Omnibusfahrer des VEB Städtischer Nahverkehr Zwickau führten gestern auf allen von ihnen befahrenen Linien einen Warnstreik durch. Vertreter informierten, dass dieser Streik keinesfalls gegen die Bevölkerung gerichtet sei. Erreichen wollen sie mit dieser Aktion unter anderem das Auflösen der SED-PDS, eine Lohnangleichung an die Industrie, bessere Arbeitsbedingungen, eine wirksame Kraftfahrerversicherung und die Anerkennung als Drei-Schicht- Arbeiter.

"Auch wir sind das Gesundheitswesen!” war auf Plakaten zu lesen, die das mittlere medizinische Personal des Bezirkskrankenhauses Schwerin während eines Warnstreikes am Dienstagnachmittag mitführte. Zu den Forderungen gehörten unter anderem Lohnerhöhungen nicht nur für Ärzte und Schwestern, bessere Versorgung mit medizinischer Schutzbekleidung, gerechtere Vergütung von Überstunden und Einführung der 40-Stunden-Woche.


Alle Angaben sind Auszüge aus den Chronikseiten Januar 1990 www.ddr89.de. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

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