Praktische Veränderungen herbeiführen

Die Abteilung TW meldet sich zu Wort

Wir begrüßen die endlich eingetretene Wende zur Demokratisierung in unserem Land, befürchten aber nach nunmehr 14 Tagen "Dialogisierens" eine Stagnation in der weiteren Entwicklung. Mit der Stellungnahme vieler DDR-Bürger zu den angestauten Problemen, wie sie jetzt täglich in unseren Medien erscheinen, erreicht man allein noch keine praktischen Veränderungen. Mit Ankündigungen von mehr Reisefreiheit und einer besseren Versorgung geben wir uns nicht zufrieden. Das sind zwar wichtige, aber nicht die wichtigsten Probleme. Sie sind auch nicht umfassend lösbar ohne die folgenden von uns als unbedingt notwendig angesehenen Maßnahmen:

1. Analyse der Ursachen für die über einen langen Zeitraum gewachsene politische und wirtschaftliche missliche Situation.

2. Rücktritt der für die entstandene Lage Verantwortlichen von ihren Funktionen.

Die einzig richtige Konsequenz wäre das Ansetzen vorgezogener Neuwahlen unter gleichberechtigter Beteiligung aller Parteien und noch zugelassener Organisationen (Dieser Punkt wurde gesondert abgestimmt und mit zwei Gegenstimmen und einer Stimmenthaltung angenommen).

3. Information der Öffentlichkeit über die tatsächliche wirtschaftliche Lage der DDR, insbesondere über Außenhandelsbilanzen, Stand und Perspektive der Energiewirtschaft und die Lösung der Wohnungsfrage als soziales Problem.

4. Veröffentlichung und Diskussion von sicher schon vorhandenen Konzeptionen zur Effektivierung der Volkswirtschaft, von neuen Sozialismusmodellen.

5. Kurzfristige Einführung der Eigenverantwortung für die Betriebe, die ohnehin in nächster Zukunft dafür vorgesehen sind (z. B. unser Betrieb).

Abmagerung des aufgeblasenen Kombinatswesens.

Von unserer Betriebsleitung erwarten wir:

1. eine schonungslose Offenlegung der tatsächlichen (nicht präzisierten) betrieblichen Situation im Bezug auf finanzielle und materielle Sicherstellung der Planaufgaben (Ursachen für Schulden, Planpräzisierung und niedrigen Nettogewinn).

2. Eine Einschätzung aller Erzeugnisse auf volkswirtschaftliche Notwendigkeit ihrer Produktion und Effektivität in Herstellung und Absatz. Insbesondere gilt das für Laseranlagen, LSG, Strömungswendegetriebe.

3. Überprüfung der Wirksamkeit einiger betrieblicher Bereiche und der Notwendigkeit ihrer Existenz (z. B. LV, LS oder auch die Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter der BGL und BPL).

Ingenieure sollten tatsächlich wieder Ingenieurarbeit leisten.

4. Effektivierung der Vorleistung durch Abbau bürokratischer Mechanismen wie Erfüllung von Auflagen des ASMW zur Gütezeichenerteilung, zum Werkstandard mit staatlichem Qualitätsmaßstab, Arbeiten für den Pflichtenheftenausschuss usw.

5. Gewährleistung entsprechender Informationsquellen für alle Entwicklungs- und Projektierungsingenieure durch Bereitstellung von Angebotsunterlagen von Konkurrenzerzeugnissen, Marktanalysen durch den K-Bereich, Ermöglichung von Messebesuchen, Gesprächen mit Technikern ausländischer Firmen usw.

6. Überprüfung der Festlegung, uns 10 Prozent der Erzeugnisse für die Feuerungstechnik zu reservieren.

Insbesondere die Rekonstruktion der herkömmlichen Kraftwerke erfordert eine höhere Kapazität.

Warum wird die Meinung der Fachabteilung zu dieser Festlegung nicht akzeptiert?

Nötig ist auch ein gründliches Nachdenken über die Profilierung der Produktion für höhere Brennerstückzahlen.

Von unserer Betriebsgewerkschaftsleitung erwarten wir

1. Wegfall des Einflusses staatlicher Leitungen auf gewerkschaftliche Arbeit.

2. Einsatz für eine Änderung des Lohn- und Gehaltssystems, insbesondere der unterschiedlichen Besteuerung von Arbeitern und Angestellten sowie für eine Anhebung des sozialen Niveaus der Ingenieurkader.

3. Einflugnahme für eine Veränderung der Berechnung der Gewerkschaftsbeiträge auf Basis Nettolohn.

4. Einsatz für den Abbau von Privilegien der für LVO arbeitenden Mitarbeiter.

5. Einflugnahme für eine Korrektur der Dienstreisesätze.

aus: Der Antrieb, Nr. 22/89, 13.11.1989, Organ der Betriebsparteiorganisation der SED des VEB Strömungsmaschinen, Pirna

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